säße, die überall anwendbar wäre. ,Will man eine
Karosse'?' sagte er. ,Er macht eine Zeichnung da-
zu. Einen Stuhl? Eine Zeichnung. Einen Silber-
schmuck? Eine Zeichnung, und so ist es bei
aIlem', daß aber der Abt Elpidio, der ihn in Rom be-
schaftigt und sich zum Lob anrechnet, was er
schafft, ihn gehindert hätte (nach Frankreich) zu
kommen-"ß...
Wenig beachtet wurde bisher Schors Werk als
Architekt57 - denn auch als solcher betätigte er
sich, wenn auch mit geringem Erfolg. Einen we-
sentlichen Auftrag erhielt Schor 1672, als er den
Garten und die Brunnen des Palazzo Borghese ge-
staiten sollte. Schor lieferte einen Entwurf, dem-
zufole die den Garten umschließenden Wände
durch Nischen und Kartuschen gegliedert werden
sollten. Er plante ein halbkreisformiges "Theater-r
aus Brunnen und Statuen, die vor jedem der bei-
den Gartenzugänge entstehen sollten. Die uner-
schöpfliche Phantasie Schors scheint jedoch dem
Prinzen Borghese nicht entsprochen zu haben, um
so mehr, als Schor offenbar keine Ausgaben auf
Kosten des Auftraggebers scheute, um seinen
Plan zu verwirklichen. Dies ist aus einer wenig di-
plomatischen Notiz des 16. Juli 1672 zu entneh-
men: iiDer erzürnte Prinz Borghese hat, nachdem
er sich von seiner Gattin und Giovanni Paolo To-
desco an seiner Nase herumführen ließ und in der
iabrica seines Gartens Schätze ausgegeben hat,
den genannten Architekten seines Amtes ent-
hoben-Sa." In einer Eintragung des gleichen Ta-
ges wird berichtet, der Principe habe i-Giovanni
Paolo Tedescc ohne Umschweife (con poco deco-
ro) zum Teufel geschickt, nachdem ihn dieser viele
tausend Scudi (i) in seinem Garten zum Fenster
hat hinauswerfen lassenäßu. Schor war also von
der Gattin des Prinzen, Eleonora Buoncompagni,
zu der Gartengestaltung herangezogen worden.
Sie scheint vor allem deshalb Interesse am Garten
gehabt zu haben, weil ihre Räumlichkeiten in den
Innenhof des Palastes blickten. Als der schwedi-
sche Baumeister Nicodemus Graf Tessin 1687188
Rom besuchte, notierte er: nAl Palazzo Borghese
haben wir in der untersten wohung besehen
erst des Printzens Appartements nach dhem Platz
undt der Printzessin, ihre nach dem garten, so
Jean Paol Tedescc hat aussgeführetwnr
Vom Audienzzimmer der Principessa führten ova-
le Treppen in den asymmetrischen Garten, auf die
hin Schor seine proszeniumartige Gestaltung aus-
richtete. Von diesem Gartenzugang liefen Wege
zu den einzelnen Brunnen. Die Stelle Schors nahm
nach seiner Entlassung Carlo Flainaidi ein, der
den Plan seines Vorgängers zwar wesentlich ver-
einfachte, jedoch auf dem bereits ausgeführten
Bestand weiterbaute. Von Schors Konzeption ge-
ben die Stiche Giovanni Francesco Venturinis ei-
nen Eindruck, in denen die ornamentale Gliede-
rung der Gartenwande durch abwechselnde Ni-
schen mit Statuen und solche mit Büsten und ihre
Ausschmückung durch Kartuschen zur Geltung
kommt (Abb. 4). Die weniger kostspielige und ver-
einfachte Ausführung Ralnaldis ist dieser Konzep-
tion weitgehend verpflichtet. Auf Schors Entwurf
gehen auch die mit reichem Figurenschmuck, Bü-
sten und Girlanden ausgestatteten Brunnenni-
schen zurück, die den Eindruck des Gartens auch
heute noch weitgehend bestimmen (Abb. 5).
Von Schors Überwachung des Baues der Cappella
dei Voto am Dorn von Siena war bereits die Rede.
- In der königlichen Sammlung in Windsor befin-
den sich Entwürfe Schors für die Dekoration eines
Raumes, an dessen Wänden Schränke ange-
bracht sind. Dazwischen erscheint das Wappen
Alexanders Vll. Möglicherweise handelt es sich
um Entwürfe zu einer Bibliothek oder einer Schatz-
kammerai.
24
ln den Führern von Fiomreisenden des 17. und
18. Jahrhunderts werden die nicht mehr erhalte-
nen Grotten oder Einsiedeleien immer wieder er-
wähnt, die von Schor in verschiedenen Palästen
erbaut und gestaltet wurden: so im Palazzo
Colonnaß? und im Palazzo Altlerißß. Die anschau-
lichste Beschreibung der Grotte dieses letzteren
Palastes gibt Nicodemus Tessin in seinem Fieise-
tagebuch: w... undt kahmen so iri einem andern
(Zimmer), dass wie eine Erimitage sehr bizzare
und artig vom Giov. Paolo Todesco wahr aussge-
führet. Dass gantze gewelb undt die wände wahr
alles gantz irregulier und affreux repraesentiret,
undt auf gewissen gerüsten von dünnen holtzern
mit ielnwandt überkleidet undt so mit gelbbraune
farbe überstrücken, undt gehöhet an dhenen stel-
len, wor der dach kunte darauf fallen. Die fenster
wahren auf der einen seiten gantz unten beijm flor
und mit gegitter vor, an der anderen selten wahren
sie höher hinauf, einer wegen hinter der kilppen
wahr wie ein Spiegel im felssen darin; in der ecken
stunde wie ein aparter pfeiiler von der klippen, da
man kunte herumbgehen. Das gantze gewelb wahr
hie undt dar überhenget mit Stahltratten undt von
bieck aussgesnittenen blättern undt rosen an etz-
llchen stellen, so hernacher angestrichen wahren,
vorne zwischen den fenster wahr eine fontaine
zwischen kleinen klippen. Dass bett wahr wie von
stammen, von beümenästen undt dergleichen zu-
sammen gemacht, undt die decke darauf wahr auf
geibachtig attlasch wie geflochtener stroh ge-
mahlet. Die stühle wahren auch bizarre gemacht
wie von kleinen felsstycken mit rechten Küssen
auff etc. ...ß4rr Dieser Beschreibung Tessins ver-
danken wir auch einige Angaben zur Konstruktion
und zur Materialbeschaffenhelt des Werks, die ihn
als Baumeister vor allem interessierten. Das Bild
der Grotte im Palazzo Altieri wird außerdem noch
ergänzt durch die Beschreibung dieser spelonca
artificiale durch Giacomo Pinaroio von 1713. im in-
neren stand ein Bett "aus Baumstämmen, ein
Tisch, ein Brunnen, Stühle, eine Gebetbank, um zu
einer Wachsfigur und einem Gemälde der heiligen
Maria Magdalena zu beten, alles entworfen von
Giovanni Paolo Tedesco. Die Idee ist mit Großar-
tigkeit ausgeführtßöu. Spätere Generationen emp-
fanden solche Einsiedeleien als trivial oder hoch-
stens als Kuriosität. Hieraus wird auch verständ-
lich, daß sich nichts von ihnen erhalten hat. Nag-
lers nNeues allgemeines Künstler-Lexikonu von
1910 urteilt demgemäß über Schor, der "als Deko-
rateur lange bewundert wurde. Allein zu diesem
Ansehen kam er nur durch eine gewisse Neuheit
und durch Bizarrerie, weiche damals an die Stelle
des guten Geschmacks getreten warößu.
IV
Die dekorativ-kunsthandwerklichen Arbeiten
Schors nehmen in seinem Oeuvre wohl den groß-
ten Raum ein. Zu den bedeutenden Aufträgen, zu
denen er von Bernini herangezoen wurde, kamen
zahllose kleinere, die jedoch zum Großteil verlo-
rengegangen sind. Schor entwarf eine goldene
Rose, die vom bergamasker Goldschmied Bartolo-
meo Coileone modelliert wurde67. Bei dieser
Schmiedearbeit handelte es sich um wmit Mo-
schus und Balsam gefüllte Fiosen, die der Papst
am Sonntag Laetare (Rosensonntag) zu weihen
pflegten und die dann als Auszeichnung einzelnen
Fürsten oder Korporationen geschenkt wurdenßa.
Schor entwarf das Laubwerk für Scheintüren im
Vatikanöi? und eine Wiege, deren Ausführung of-
fenbar Ercole Ferrata oblagm. Für die Krönung
Clemensf X. wurde er mit dem Entwurf zweier Mi-
tren betraut". Als Geschenk Alexanders VII. an
den spanischen Thronfolger hatte er- laut Noack
- geweihte Windeln zu entwerfen. Tatsächlich
handelte es sich dabei um ein besticktes Tauf-
kleld und eine Decke aus Goldbrokat, die nach
4 a, b Giovanni Francesco Venturlni, Ansichten der
Wandbrunnen im Hof des Palazzo Borghese, Rom.
Aus dem Stichwerk von Giovanni Battista Faida, Le
fontane di Fioma nelie piazze e luoghi pubblici deila
cilla (Roma 1691).
5 Rom, Palazzo Borghese, Innenhof. Heutiger Zustand.
Anmerkungen 56 - B6
M Chantalou (W19 Anm 54) 223-224. - EIDidiD Beriedeni war von
1564 bis 1580 iranzosischer Botschafter in Rom.
5' Sieht man von Howard Hibbard ab, der erstmals das Augenmerk
auf den Architekten Schor lenkte: Palazzo Borhese Studies - II
The cardiin and its Fountains. In: Burlington Magazine Bd. 100
(London 1958) 20s_2i2.
5' Vatikanische Bibliothek, Barb.iat.64l)9 Publiziert von Ermete
Fiossi. Cronache 9 dooumenti di vita romane dßl secolo XVII. In:
Roma. Bd. 20 (Rerna 1942) 295.
5' Rossi (wie Anm. 5B) 295.
'" Osvald Sireri, Niccdemus Tessin d.y.'s Studleresor (Stockholm
1914) 171.
" Dias vermuteten Hereward Laster Ccoke am! Anthnny Biunt. The
Roman Drawlngs cf the XVlI and XVIII centuries in the Collecticn
of Her Majesty (h! Queen Et Windsor Castle (London 1960) 111.
(Windsor Castie iriv. Nr. 4443-4445.)
" Titi (wie Anm. 18) 482. - Roms anlica e moderne, Bd. 2 (Floma
1145) 134. - oregorid Hoisecco. Roms Antica e Moderne (Floma
1750) zee.
f" Keyßler (wie Anm 2a) 52a.
" siren (wie Anm. so) 181
u Giacomo Pinarolo, Llntichita di Roms. Bd. 2 (Horns 1703) 141.
u G. K. Nagier. Neues allgemeines Künstler-Lexikon, E1117.
2. Aufl. (LlriZ 1910) 509.
" Battaglia (wie Anm. a7) lau.
" Lexikon für Theologie und Kirche Bd. 4 (Freiburg 1960) 1042.
u Vincenzo GOIZIO, L0 studio di Ercole Ferrata. in; Archivi d'Italia.
Bd. lll2 (Romü 1935) 54-67. Aufzählung des Inventars. darunter
una cunna di creta. dlsegnd di Gid. Paolo Tcdasctii. ebda. S7.
v" A. Bertolotti, Artisti Lombardi a Roma, Bd.2(Milerio18ß1)2-1ü.
" Noack (wie Anm. 2) 209.
H Noack (wie Anm 2) 209. DAZU EhrliCh (wie Anm. 33) 177A17B.
7' Leandro Ollola, L'Ar19 alla Corte di Alessnndro VII (Roma 1908)
77. Ein Entwurf Zu sind! Vase ist Sbgebildßt b9i' Ders. Dekorative
Entwurfs von Giovanni Paolo Tedesco. In. Der Cicerone, Bd. 2
(Leipzig 1910) se.
" Hammer (wie Anm, e) so.
15 Ozzole 190a (WIG Anm. 1a) a2.
7' 022018 1908 (wie Anm. 73) SO.
1' Ozzoia ieos (wie Anm. 7a) 59.
" Fagiolo doirArcn (wie Arim. 40) Kat. 145.
1' Frodl (wie Anm. sei a1
w Walter Buchowiecki. Handbuch der Kirchen Roms, Ed. 2 (Wien
1970) 547. Buchowiecki geht ebenda auch auf diG Auswirkungen
dieser Arbeit am die Salzburger Universitätskirche ein. da -der
iurigeJohann Bernhard Fischervon Erlach auch dieses Werk sei-
nes Landsmannes und römischen Mentors besichtigt haben
wird-r.
" lnv. Nr. 127. 551. Bei Aurenhamivier (wie Anm. 14) Kat. B 12.
" Cooke und Elurit (wie Anm. 61) 12 und Nr. SOG-Vgl. dazu die F19-
zension von Walter Vitzthum, Review -Romari drnwings EI Wind-
sor Castlew. In: Burlirigton Magazine. 5d. 103 (London 1961)
513-518. Über Schor ebenda sie. wie auch über die Unterschei-
dung zwischen Entwürfen Schors für Karossen und solchen Le-
nardis. vgl. dazu im besonderen Ehrlich (wie Anrri.38)189-211.
Als Ergänzung zu Cooke und Blurit s Anlhnny Elurlt. The Italien
Drawings a1 Windsor Cestle. In Edmund Schilling. The German
Drawings at Windsor Castle (London 1971).
" Cooke und Blunt (wie Anm. 61) Nr. 947. Windsor Castle
lnv. Nr. 4457.
u Cooka und Blunt (wie Anm. S1) Nr. 948. Windsor Castle
lnv. Nr. 4469.
'5 Ozzola 1908 (wie Anm. 73) 59.
" Golzio (wie Anm. a2) 35mm.