Das Österreichische Museum ist nicht aus einer
jahrhundertealten mehr oder weniger zufälligen
Sammlung eines Herrschers, Fürsten oder Klo-
sters entstanden, sondern geht auf eine planmäßi-
ge Gründung des 19. Jahrhunderts zurück. Es soll-
te von allem Anfang an Studiensammlung für den
historisch Interessierten sein. Das Interesse des
Künstlers wie des Laien des 19. Jahrhunderts aber
galt der möglichst vollständigen Übersicht über
die künstlerische Produktion aller vergangenen
Zeiten, um sich ihrer als Vorbilder für historische
Nachahmungen bedienen zu können. Diese Ein-
stellung geht Hand in Hand mit der Entwicklung
der kunsthistorischen Disziplin der philosophi-
schen Fakultät, die, geboren aus Geschichtswis-
senschaft und Archäologie, ihr Interesse der Stil-
entwicklung sowie der Erfassung der vorhande-
nen Monumente in historischer Ordnung zuwand-
te, Daraus wird auch verständlich, daß der erste
Direktor des Museums für Kunst und Industrie,
wie es damals hieß, Rudolf von Eitelberger, zu-
gleich Ordinarius für Kunstgeschichte an der Uni-
versität Wien war und bedeutende Theoretiker der
Wiener Schule der Kunstgeschichte, wie Franz
Wickhoff, Alois Fiiegl und Moritz Dreger, aus dem
Österreichischen Museum hervorgegangen sind.
Um den Intentionen des historistischen Künstlers
des 19. Jahrhunderts entgegenzukommen, sam-
melte man alle Zweige der bildenden Kunst, er-
setzte das Nichterreichbare durch Gipsabgüsse
und galvanische Nachbildungen und ordnete die
Sammlung nach den Prinzipien von Material und
Technik. Als Teil des Museums wurde eine Kunst-
gewerbeschule gegründet, für deren Lehrer und
Schüler die Objekte des Museums eine Art Vorbil-
dersammlung darstellten. Die Hauptrichtung der
Sammlertätigkeit war auf kunsthandwerkliches
Gebiet ausgerichtet, was schließlich dazu führte,
daß in der folgenden Zeit Werke der Plastik und
Malerei sowie bedauerlicherweise auch die
Sammlung antiker Kunstgegenstände abgesto-
ßen wurden. Großen Wert legte man auf den Aus-
bau der Bibliothek und Kunstblättersammlung,
auch hier mit Blickrichtung auf Erwerbung von
Vorbildern für den nachahmenden Künstler. An
der Bibliothek wurde aber zur gleichen Zeit -
nach dem Vorbild der antiken Bibliotheken im Sin-
ne eines wMuseions-i e die historisch-erfassende
Wissenschaft durch Vorträge, Vorlesungen und
Veröffentlichungen gepflegt.
Mit dem Ende des Historismus in der Zeit um
verlor der Grundplan des Osterreichischen
seums einen großen Teil seiner Zielsetzung
cherlich, die seit Gründung mit dem Museun
bundene Pflege des jeweils zeitgenössis
Kunsthandwerks ging und geht weiter, abe
Vorbildcharakter der Sammlung verschwand.
gedrungen entstand durch diese Veränderu
eine Isolierung der historischen Sammlunger
dem modernen Schaifungsprozeß, was auc
der Trennung und Verselbständigung der K:
gewerbeschule vom Museum seinen Ausd
fand. Dadurch verlor das Ordnungsprinzip
Sammlungen nach Material und Technik an
fälliger Bedeutung und das historisch-deskri
sowie didaktische Prinzip trat konsequentem
in den Vordergrund. So begann man bereits ir
20er Jahren dieses Jahrhunderts die Aufstel
der Objekte nach Mobelsaal, Eisensaal, Gold;
Keramiksaal, Textilsammlung etc. zu durcl
chen und die Säle nach den historischen Zr
und der Stilabfolge, also kunsthistorisch-wis
schaftlich zu gliedern, um in den einzelnen S
jeweils alle Materialien einer Zeit zu zeiger
mehr sich die zeitgenössische Kunst von