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ob alle Stiftungen im Sinne des ursprünglichen Stifters verwaltet wurden, und wenn
dies nicht der Fall war, dafür Sorge tragen, daß es geschehe. Nun waren fast aus
nahmslos die städtischen Kirchen in der vorhusitischen Zeit erbaut und mit Einkünften
versehen worden: sollten also die Kirchen im ursprünglichen Sinne verwaltet werden, so
mußten sie mit ihren Einkünften den Katholiken zurückgegeben werden. Traten katholische
Priester an die Stelle der utraqnistischen Geistlichen, so war die Hoffnung nicht
unbegründet, daß sie mit der Zeit die Bürger für sich gewinnen würden, und damit wäre
in der Gegenreformation ein
wichtiger Schritt gethau.
Der utraquistische Adel
fühlte, daß die Reihe auch au
ihn kommen würde, wenn der
Angriff auf die Städte gelänge,
und so veranlaßten die Defen
soren dieBerufungderGlaubens-
genossen, wozu sie nach den
Gesetzen des Jahres 1609 be
rechtigt waren. Dieser utra
quistische Ständetag trat am
5. März 1618 zusammen und
beschloß nicht blos die Abfassung
einer Beschwerdeschrift an den
Kaiser, sondern ersuchte auch die
böhmischen Nebenländer um ihre
Vermittlung, damit das Land iu
seinen Privilegien und Freiheiten
nicht weiter verletzt werde. Der nächste Ständetag wurde für den 21. Mai bestimmt, um
die etwaigen Antworten entgegenzunehmen. Die Antwort des Kaisers langte schon im
Monat März an und enthielt keine Zusagen, sondern nur die Drohung, daß, wenn sich
die Versammlung an dem anberaumten Tag wiederholen sollte, die Urheber derselben vor
Gericht gezogen werden würden. Trotz dieser Drohung fügten sich die Defensoren nicht und
thaten dies auch nicht, als ein zweites, diesmal weit sanfteres Schreiben aus Wien
anlangte, welches die Ankunft des Kaisers und die friedliche Begleichung der Differenzen
in Aussicht stellte.
So versammelten sich denn am 21. Mai in den Räumen des Prager Universitüts-
gebüudes, des Carolinums, abermals die utraqnistischen Stände. Zwei Beamte der
Wilhelm Graf Slavata.