welcher er die versammelten theils zur Freude
über die Auferstehung des Heilandes und Erhe-
bung der Herzen zu ihm, theils zur Verengung der
Vergehungen, und geistlichen Auferstehung aus
dem Grabe der Sünden, mit lebhaftem Eifer, und
Seiner weltbekannten Ihm eigenen Beredsamkeit
ermahnteäirr. Die Papstrede war mit Spannung er-
wartet worden, da Gerüchte kursiert waren, wo-
nach der Papst bei diesem Anlaß das Wort an den
Kaiser richten wolle und über die kirchlichen Re-
formen zu sprechen gedenken.
Danach fuhr Pius Vl. zur Kirche Am Hof, um vom
Altan aus den päpstlichen Segen zu erteilen und
den vollkommenen Ablaß zu spenden (Abb. 12). Zu
diesem Zweck war der Balkon sehr prächtig deko-
riert worden. "Auf dem durchaus roth spalierten,
und mit Teppichen belegten Balkon war ein gold-
reicher Baldachin errichtet, mit einem dergleichen
vorwärts gegen das Volk gestellten hohen Arm-
und Lehnsessel nebst dem Fußgestelläiu
Der Papst sang die Absolution über das Volk und
segnete die versammelten Menschen - man
schätzte 30.000 bis 50.000 Leute - dreimal. Im
selben Augenblick wurde durch ein auf der Frey-
ung postiertes Grenadierkommando durch eine
Salve ein Zeichen gegeben, worauf an den Wällen
rings um die Stadt die Kanonen abgefeuert wur-
den. Dies sollte die Gläubigen zum vorgeschriebe-
nen Gebet und zur Erlangung des verheißenen
vollkommenen Ablasses ermahnen.
Da Kaiser Joseph ll. zur gleichen Zeit an einem
Augenleiden - einer Bindehautentzündung H er-
krankt war, nahm sein Bruder Erzherzog Maximi-
lian in Vertretung an den Feierlichkeiten teil, der
während des Besuches als Begleiter des Papstes
fungierte.
Die folgende Zeit war mit einem Besichtigungs-
programm ausgefüllt. Am 2. April hielt Pius Vl. ei-
ne stille Messe bei den Dominikanern, besichtigte
die Universitätskirche und anschließend die k.k.
Bildergalerie im Belvedere. Nach einem Aufent-
halt in der Karlskirche fuhr er in die Hofburg zu-
rück. Donnerstag, 4. April, ließ sich der Papst von
dem Maler Joseph Hickel, der dazu den Auftrag
bekommen hatte, porträtieren. Das Gemälde gilt
heute als verschollen und wird nur durch einen
Stich von Johann Jacobe überliefert (Abb. 11). Am
6. April besuchte Pius Vl., der ein großer Bücher-
freund war, die Hofbibliothek mit dem anschlie-
ßenden Münz- und Medaillenkabinett. Am nach-
sten Tag wurde der Papst in das physikalisch-ma-
thematische Kabinett geführt, wo man ihm den
12
Knausapparat (Schreibautomat) zeigte und c
das Naturalienkabinett erklärte. Montag, 8. A
stand eine Besichtigung der Augustinerkir
des dazugehörigen Klosters und der Herzgruf
dem Programm; am nächsten Tag der Besuch
kaiserlichen Zeughauses in der Ftenngasse.
10. April fuhr Pius Vl. zur Porzellanmanufakti
die Roßau. r-Se. Heiligkeit näherten sich sogar
weit es thunlich war, den in vollen Flammen
henden mit Porzellan eingesetzten und eigend
öffneten Brennöfen, um den Durchzug der cor
trierten und oben mit Gewalt durchreißer
Flamme auf das genaueste zu besehen . . .; übt
nes was nach antiken Busten und überhaupt r
altem Geschmack der berühmtesten römisr
Zeichnungen in Arbeit war, konnte Er, als ein
ter Kenner, sein ausnehmendes Vergnügen r
bergen, so daß in allem über zwo Stunden ir
trachtung dieser k.k. Fabrikwerke vergienge
Am 11. April wurde das Waisenhaus am Ftenr
und das Salesianerinnenkloster, am nächsten
das Theresianum und am 13. April die königlil
Ställe vor dem Burgtor besucht und Schönb
und die Hietzinger Kirche besichtigt. Sonr
14. April, fuhr Pius Vl. in Begleitung des Kaise
den Augarten und in den Prater, wobei wie ül
"alle Strassen und Plätze mit Menschen gli
sam besäet warenzßrt.
Am 15. April besah sich der Papst die Liecl
steinsche Bildergalerie und stattete am nach
Tag nach einer Zwischenstation in der lngen
akademie dem Staatskanzler Kaunitz einen
such ab. Dieser hatte sich bis dahin geweige
da nach seiner Meinung die schwebenden
chenpolitischen Fragen bereits entschieden
ren -, den Papst zu besuchen, um mit ihm
über zu verhandeln. So blieb dem kiTChlil
Oberhaupt kein anderer Ausweg, als den Für
von sich aus aufzusuchen, wenn er mit ihm:
chen wollte. Der Staatskanzler begrüßte
Papst nicht als erster persönlich, sondern
sich durch seine Söhne vertreten. Er selbst er
tete, da das Wetter schlecht war, Pius Vl. au
Treppe seines Palais in eleganter Hauskleir
und tauschte mit seinem Gast einen Händed
Danach zeigte Fürst Kaunitz dem Papst sein:
mäldesamrnlung und verwickelte ihn in ein
spräch über Kunst. Unverrichteter Dinge rr
sich Papst Pius verabschieden.
Bei einer feierlichen Zeremonie in der Hofbur
19. April wurde den Kardinälen Firmian und
thyany der rote Hut verliehen. Am 20. April be