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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXV (1980 / Heft 170)

nunion aus der Hand des Papstes29. Da bel- 
arteien auf ihren Standpunkten beharrten, 
keine Einigung zustande. Es gelang Pius VI. 
:h - wieder nach Florn zurückgekehrt -, 
Heiligen Kollegium die Reise als eine sehr er- 
eiche glaubhaft zu machen. Man hat es oft 
ein Meisterstück der Staatskunst hingestellt, 
Papst und Kaiser es verstanden, sich wech- 
titig voneinander befriedigt zu zeigenW-r. 
reit die Bevölkerung von dem Ereignis beein- 
(t war, zeigt die Tatsache, daß die Zusam- 
aunft zwischen Kaiser und Papst nicht nur in 
en und Medaillen (Abb. 14), sondern sogar 
inem Wipptaler Bauernschrank verewigt wur- 
.bb. 1a). 
e Wochen nach dem zweiten Aufenthalt der 
schen Gäste wurde in der Wiener Zeitung 
)evorstehende Besuch des marokkanischen 
shafters angekündigt. Der Zweck dieser 
e sollte der Abschluß eines Freundschafts- 
Handelsvertrages sein. Die Gesandtschaft 
17) traf am 20. Februar 1783 in Wien ein und 
g Quartier im Kalkreiterischen Haus in der 
tadt Wieden. Der Einzug der zweiundzwanzig 
men, sieben Reisewagen und eines schwer- 
ckten Lastwagens fand unter großem Inter- 
der Wiener Bevölkerung statt, die "Wilde-r 
einem unzivilisierten Land erwarteteßl. Nach 
ttsbesuchen bei Fürst Kaunitz und Rudolf 
Colloredo erfolgte am 28. Februar die Au- 
r bei Joseph Il. Der Festzug bewegte sich 
1s Kärntner Tor, die Karntner Straße, über 
en und Kohlmarkt zur Burg. Der Zug wurde 
führt von acht Dragonern zu Pferd und vierzig 
adieren. Mitgeführt wurden acht zum Ge- 
nk für Kaiser Joseph bestimmte Pferde und 
oldener, mit Edelsteinen geschmückter Sat- 
Es folgten im weiteren Zug Livreebediente, 
lagen, Reiter, zum Abschluß wieder Grenadie- 
d Dragoner. Der vom Sultan von Marokko Sidi 
zmmed bevollmächtigte Botschafter Muham- 
Ben Abdil Melak wurde vom Kaiser empfan- 
Der Botschafter verbeugte sich bei seinem 
itt dreimal, hielt seine Rede in arabischer 
:he und überreichte sein Beglaubigungs- 
eiben. Der Hofdolmetscher von Bihn übersetz- 
a Ansprache. Die Antwortrede hielt im Namen 
Kaisers der Staatsvizekanzler Cobenzl in deut- 
r Sprache. Nachdem der Botschafter die Stu- 
es Thrones bestiegen, das Kleid des Kaisers 
Bt hatte, begab er sich nach dreifacher Ver- 
ung aus dem Raum (Abb. 18). 
äeschenke des Kaisers an den Sultan - Ta- 
hmuck aus Porzellan und Silber, eine kunst- 
erzierte Uhr und ein goldgeschmücktes Sat- 
JQ - wurden zur allgemeinen Besichtigung 
er Hofburg ausgestellt. Zwei Reitpferde und 
in J jlrw n. l(i1g_rv' m, i 
 
15 Kasel vom wPäpstlichen-r Ornat, Silberlame mit reicher 
Gold- und Silberstickerei. Rom, um 1740- 58. Kunsthi- 
storisches Museum, Geistliche Schatzkammer (lnv. 
Nr. A 2) 
 
zwei Zugpferde aus den kaiserlichen Ställel 
wie eine Pierutsche waren bereits nach Mar 
abgeschickt worden. Ebenso wie bei den vor; 
gangenen Besuchen wurden auch dem man 
nischen Botschafter und Gefolge die Sehen: 
digkeiten von Wien gezeigt, wobei besondere 
genmerk auf die industriellen Betriebe gelegt 
de. "Der Marokanische Gesandschaftsseki 
besucht auf Befehl des Hrn. Bothschafters 
hiesigen Fabriken und Manufakturen, wo er 
allenthalben alles genau erklären, und vorwe 
auch von allen Erzeugnissen Muster geben 
um hierauf dem Hrn. Bothschafter von den 
scheherl Bericht abstatten zu können?" 
Am 17. April ist "der mit dem Marokanischen 
Bothschafter abgeschlossene Friedens-Fr: 
schafts und Handlungstraktat durch den von 
höchsten Orten, mittelst einer besonderen 
macht, hiezu bestellten K. K. wirklichen Hrn. 
von Jenisch unterzeichnet, und ausgewec 
wordenßßrr. Die Ratifikation Kaiser Josephs 
folgte am 24. April 1783, die des Sultans Sid 
hammed am 24. Juni 1783. Nach elf Wochen 
enthalt in Wien, verzögert durch eine lar 
Krankheit des Botschafters, reiste die marolr 
sche Gesandtschaft am 8. Mai 1783 ab. 
Aus heutiger Sicht hatte weder der Besuct 
Großfürsten Paul von Rußland noch der i 
Pius' VI. den gewünschten Effekt erreicht un 
mit keine entscheidenden Auswirkungen ar 
Politik Joseph ll. nach sich gezogen. Einer 
gelang es dem Kaiser nicht34, durch eine 
schließung zwischen seinem Neffen Franz un 
sabeth Wilhelmine von Württemberg seitens 
Großfürsten eine Abwendung von Preußen hr 
zuführen. Andererseits setzte er trotz dringt 
Ermahnungen des Papstes seine kirchenr 
schen Maßnahmen nach eigenem Gutdünker 
In den folgenden Jahren fanden keine Staatsl 
che mehr in Wien statt. Hingegen reiste Kaisr 
seph ll. viel umher, um seinerseits politischr 
gesellschaftliche Kontakte aufzubauen un 
pflegen. 
16 Wipptaler Bauernschrank, Holz bemalt; 1794. 1 
Volkskunstmuseum (lnv. Nr. 20.284) 
17 Vinzen; Fischer, Die Marokkanische Gesandts 
1783. Ol auf Leinwand. Kunsthistorisches Mu 
(lnv. Nr. 9694) 
18 Fächer, mittleres Medailion, Audienz des marol 
schen Botschafters bei Joseph ll., kolorierter K 
stich auf Papier. Historisches Museum der Stadt 
(lnv. Nr. 58.561) 
Anmerkungen 29 - 34 
M Joseph an Leopold, 2. April 1782, Arneth, a. a. o. Bd.1,1 
3" Mikoletzky, a.a.0, S. 85 
1' Witzmann Relngard, Hieronymus Loschenkohl, Wien 197 
11 Wiener Zeitung, 9. April 1783 
ß Wiener Zeitung, 19, April 178a 
1' Wandruszka Adam, Leopold ll., Wien 1955, so. 2, s. 51 

	        
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