Gerhart Egger - Rudolf Schmidt
Eine Armillarsphäre von
Euphrosinius Volpaia
gehört zu den Besonderheiten der Renaissance,
urwissenschaftliche Instrumente als hervorra-
de Kunstgegenstände auszuarbeiten. Die Be-
zbarkeit und Exaktheit wird dadurch nicht etwa
tört und das Schwergewicht in das Dekorative
agert, sondern im Gegenteil: Exaktheit und de-
ative Wirkung wurden Hand in Hand in gleicher
ise gesteigert und die Bedeutung des Objektes
1h beiden Richtungen zur Vollendung gebracht.
ambivalente Charakter des Kunsthandwerkes
iert sich in einem derartigen lnstrument in ganz
onderer Weise. Die hier besprochene ArmilIar-
iarei ist aus vergoldeter Bronze gefertigt; ein
ibeiniges Gestell trägt den aus einem kompli-
ten System von Ringen bestehenden astrono-
achen Apparat. So nüchtern und wissenschaft-
l dieses Gerät auch ausgearbeitet ist, so künst-
sch ist die Form und Durchführung des Ge-
lls, vor allem aber die Ausgewogenheit der Pro-
tion im Ausgleich beider Teile. Das Gestell be-
ht aus einem durch einen Ring zusammenge-
ten Gestänge mit Löwentatzenfüßen. Unter-
I oberhalb der Zusammenfassung ist je eine
iuia angebrachtz. Die obere um den Vertikal-
i, der das ganze System zusammenfaßt, dreh-
zu halten, die untere aus symbolischen Überle-
gungen. Dabei ist es besonders typisch für derarti-
ge Instrumente des 16. Jh.s, daB ein symbolisches
Zeichen einmal rein praktisch als Halterung, dane-
ben aber als reines Symbol verwendet wird. Am
oberen Ende des Gestänges waren drei wappen-
ähnliche Schilde in Rollwerkkartuschen mit
Spruchbandern in transluzidem Email angebracht
- eines ging verloren. Die beiden erhaltenen tra-
gen die Devisen iilmitaminitt und "Mors vivettt. was
heißt: i-Machen wir nach" und "Der Tod lebtrr. Lei-
der ist durch die Unvollständigkeit dieser Devisen,
da die dritte fehlt, kein symbolisch erklärender
Sinn daraus zu erkennen.
Der weitere künstlerische Schmuck besteht aus
den Gravierungen des wTierkreisesu mit den übli-
chen Sternhildzeichnungen im Stil der Mitte des
16. Jahrhunderts, wie wir sie auch auf Globen und
Landkarten finden können; darüber hinaus be-
schränken sich die Gravierungen auf Zahlen und
knappe astronomische Angaben. Die Sparsamkeit
dieses künstlerischen Schmuckes, die der stren-
gen Form der Renaissance gerecht wird, erhöht
die Gesamtwirkung des Instrumentes, weil der
Ausgleich zwischen Kunstgegenstand und Ge-
brauchsgerät gerade dadurch zur Geltung kommt.
An der Unterseite des Horizontalkreises ist die
1 Armillarsphäre von Euphrosino di Lorenzo Volpaia
(1494 oder 1500 bis nach 1553), Löwen, 155G.,_Bronze,
vergoldet, Höhe 39 cm, Durchmesser 28 cm. Osterrei-
chisches Museum für angewandte Kunst, Wien, lnv. Nr.
F 1339. Derzeit auf der 18. Kunstaussteliung des Euro-
parates in Florenz
Anmerkungen t- 5
i Trieatrum oibls terrarum, Osterreichisches Museum iürarige-
wandte Kunst, Wien, 1970, S. 26, Nr. 11 f., Abb. 13. lriv. Nr. Ö.M.F.
1339, Höhe 39, Dm. 2B cm. Bronze vergoldet und graviert mit Me
diiilDris aus transluzidem Email rnil Sprüchen.
1 Lunula ist ein moridslcheiförmlges, aus verschledenstem Mate-
rlai hergestelltes Amulett mit aprotopelschern Charakter. das
Welt in die keltisch-skytische Urgeschichte Zurüßkreißnt und bei
den Römern sehr verbreitet war. SO trugen es die Patrizier -
vorwiegend die Senatoren - am Fußgelenk.
' Thleme-Beckei, Ed. XXXIV S. 530 mit weiterer Literatur
' Haidacher, k, Geschichte der Päpste, i. Bildern, Heidelberg,
l965, S. l55ll.
5 Ficino, Marsilio, Humanist, Leiter dar platonischen Akademie v.
Florenz, geb. Figllno bei Florenz 1433, gast. Carecci 1499; G. Eg-
ger, Das Bild der Antike, Wien 1976, S. SO.