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Full text: Alte und Moderne Kunst XXV (1980 / Heft 170)

Zur Festspielzeit des Sommers 1980 wird das Salzburger 
Museum eine Sonderausstellung eröffnen, die einen bis 
dato ungehobenen Schatz aus der Kostümsammlung zei- 
gen wird. Der Gesamtbestand an Fächern zählt immerhin 
fast 130 Stück, die im Laufe der Zeit durch Geschenk oder 
Vermächtnis - zum geringsten Teil durch Ankauf - in 
den Besitz des Hauses gelangt sind. Wie daraus ersicht- 
lich, handelt es sich nicht um eine gezielt angelegte oder 
komplettierte Sammlung, sondern eher um eine Zufalls- 
sammlung, die deshalb auch nicht den Anspruch auf Voll- 
ständigkeit erheben kann. Dennoch wird das Museum 
ausschließlich den eigenen Bestand ausstellen ohne Er- 
gänzung durch die Lücken schließende Leihgaben. Ein 
vollständiger Überblick über die Geschichte des Fächers 
soll einer anderen Ausstellung vorbehalten bleiben. Ziel 
der Salzburger Ausstellung ist es lediglich, eine in den 
Depots schlummernde Sparte des Kunstgewerbes ans 
Licht der Ollentlichkeit zu bringen und vorzustellen. Mit 
der Präsentation der Fächersammlung soll ein Beginn ge- 
setzt sein zu einer Ausslellungsreihe, die sich in lockerer 
Folge mit den Bestanden der kunstgewerblichen Samm- 
lungen beschäftigen soll. Aus der Reihe der dabei entste- 
henden einschlägigen Kataloge wird dereinst das bear- 
beitete und bebilderte Inventar ersichtlich werden. 
Der weitgespannte Bogen des Begriffes Fächer reicht von 
der menschlichen Hand bis zum elektrischen Ventilator 
des 20. Jahrhunderts. An beiden Endpunkten der Entwick- 
lung ist noch der ursprünglichste Sinn des Fächers abzu- 
lesen: die Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit. Hand und 
Ventilator sind gleichermaßen dazu da, dem Menschen ei- 
nen ganz profanen Dienst zu erweisen: die Hand lacht 
Feuer an, lächelt kühle Luft herbei, vertreibt durch die fä- 
chelride Bewegung Insekten etc; der Ventilator kann in- 
des wenigstens zwei dieser Aufgaben mechanisch erledi- 
gen: er führt dem Menschen kühle und auch warme Luft 
zu. Wie die Nützlichkeit am Anbeginn des Fächers steht, 
so ist es eben daraus erklärbar, daß dieser Facher heute 
tot sein muß. 
Er Hat sich auch als Accessoire der Mode des 18. und 
19. Jahrhunderts langst überlebt und fristet nur noch an 
südlichen Badestranden, in Arenen oder bei Revuen ein 
kargliches Dasein. Er paßt sowenig in das Bild von der 
mehr oder weniger emanzipierten Frau des 20. Jahrhun- 
derts wie der Reifrock oder der Mull. Ja selbst die Bedin- 
gungen für seine Existenz sind nicht mehr gegeben, die 
ihn gerade im 1B. Jahrhundert zu seiner eigentlichen 
Glanzzeit geführt haben - bezeichnenderweise in einer 
Zeit, die ihm seine Nützlichkeit nahm, ihn seiner eigentli- 
chen Funktion beraubte und zu einem tändelnden An- 
hängsel der Mode machte. Welche Zeitgenossin kann 
sich erinnern, zuletzt einen Facher mit zum Ball genom- 
men zu haben, welche Hausfrau versteckte sich beim 
Jour kokett hinter dem vorgehaltenen Fächer, welcher 
Mann hat zuletzt den oft besungenen Schlag ins Gesicht 
mit einem Facher erhalten?! Die Kulturgeschichte der 
Jahrhunderte jedoch vermag sich uns auch beim Anblick 
dieser kleinen Zeugnisse des Weltgeschehens zu eroff- 
nen durch die Vielfalt der Erscheinungsform. 
Trotz ihrer Lückenhaftigkeit vermag die Fächersammlung 
des Salzburger Museums einen ausgezeichneten Uber- 
blick über die verschiedenen Materialien, Techniken und 
die verschiedenen Stufen der künstlerischen Qualität des 
Fächers zu geben. Ist der Schwerpunkt der Sammlung 
auch zahlenmäßig ganz natürlich im 19. Jahrhundert zu 
finden, so liegt er nach der Qualität doch in den wenigen 
Stücken aus dem 18. Jahrhundert. In jüngster Zeit konnte 
die Sammlung durch weitere sehr qualitatvolle Stücke er- 
gänzt werden. Der überwiegende Anteil der Sammlung 
setzt sich aus Faltlachern zusammen, die den gebräuchli- 
chen Typus vertreten. Ein Stück Stoff oder Papier wird zu- 
sammengefaltet und an einem Gestell befestigt, das ein 
Zusammen- und Aufklappen ermöglicht. Ari der menschli- 
chen Hand, dem ursprünglichsten Facher überhaupt, ist 
nicht nur die Form des Faltlachers zu entdecken (ge- 
spreizte und geschlossene Finger, die Weiterentwicklung 
sind die in der Renaissance beliebten iiEntenfuß-x-Facher 
mit Art Schwimmhäuten zwischen den Fingern), sondern 
auch der Stielfächer, den die geschlossene Hand mit 
Armansatz bildet. Die Uberordnung über die Fächergrup- 
pen mit Sonderformen muß also lauten: in sich bewegli- 
che Fächer, also Faltfächer, und fix montierte, also Stiel- 
facher. Von der selteneren Gruppe der Stielfacher weist 
die Sammlung einige sehr interessante Exemplare aul: 
ein barocker Rundfächer aus bemalter Gaze zeigt eine 
Landschatt, die je nach Lichtelniall und damit Drehung 
des Fächerblattes reizvoll in ihrer Dichte und damit 
Durchsichtigkeit variiert. Hinter diesem wie auch hinter 
jenem Fächer aus herzförmig an einem Eltenbeinstiel- 
ende befestigten Hühnerfedern aus der Makartzeit steht 
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