der Toten (Abb. 13 und 15)." ln den Haupt-
biidern des dritten Gurtbogens klingt ein letztes
Mai das eigentliche Totenmotiv an. Schönheit und
Tod (Abb. 16) und Verwesung und Tod (Abb. 17)
sind einander gegenübergestellt. Die enge Nähe
von Schönheit und Verwesung wird entsprechend
Abraham a Sancta Claras Worten in Beziehung
gebracht. "Glatte Gesichter, schöne Gestalten
kommen nicht ailzeit zu Falten" und nWer kann
aus diesem lesen, wer sie zuvor gewesener"
im vierten Joch wird in den Groteskmaierelen das
Motiv des ersten Joches uDer Mensch eine Blu-
meu mit neuer Bedeutung wiederholt. Waren es
dort üppig besteckte Blumenvasen zu Seiten ei-
nes Groteskmedalllons mit den die vier Erdteile
vertretenden Baumen gewesen, so bestimmt hier
die Mitte der Wölbung ein Totenkopf mit Knochen
im Lorbeerkranz, umgeben von vier Biumenkörben
mit Totenköpfen darinnen. Auch in den Stiohkap-
pen über den Fenstern scheinen derartige Blu-
menkörbe auf. (Abb. 21) An den Wänden der Fen-
sternischen wird das Motiv des iorbeerbekranzten
Totenkopfes wiederholt. Abraham a Sancta Clara
schreibt dazu: nAuch die schönsten Narzissen
werden von mir abgerissenu", unter Berufung auf
Jakobus1,1t}12:nDenn wie die Blume des Grases
wird er vergehen. Steigt namlich die Sonne empor
mit ihrer Glut, dann versengt sie das Gras und sei-
ne Blume fallt ab, und die Schönheit ihres Ausse-
hens ist dahinu, wie auch auf Petrus 1, 1,24: nDenn
alles Fleisch ist wie Gras und alle seine Herrlich-
keit wie die Blumen des Grases. Das Gras vsrdorrt
und die Blume fällt ab, aber das Wort des Herrn
bleibt in Ewigkeit."
in ganz entscheidender Weise werden hier die Mo-
tive von Schönheit und Vergänglichkeit, darge-
stellt am einbegleitenden Gurtbogen, in das ihm
folgende Joch hinübergezogen und zugleich auch
wieder die Verbindung zur Darstellung des nach-
sten Bogens vorbereitet. in der Groteskornamen-
tik an den Gewölbeansätzen zwischen den Fen-
stern klingt noch einmal Pater Abrahams Toten-
tanz an mit der Gegenüberstellung von Trinker
und Tod (Abb. 18) und Spieler und Tod" (Abb. 19)
und setzt sich in merkwürdiger Weise in den quer-
oblongen Wandfeldern unter diesen fort. Dort wer-
den unter dem Trinker im Bild der Zönobiten und
Eremiten der Tod und die Weisheit (Abb. 18), unter
dem Spieler in dem Bild der büßenden ägypti-
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schen Maria, die von Zosimas die Kommunion
empfängt, der Tod des Gerechten dargestellt
(Abb. 19)." Weisheit in der Einkehr, im Verzicht
auf die Äußerlichkeiten des Lebens, in der gottge-
fälligen Betrachtung und Gerechtigkeit, die über
Buße und Reue die Gnade des ewigen Lebens ver-
heißt, werden dem Betrachter vor Augen gestellt.
in den symboltrachtlgen Bildern des folgenden
Gurtbogens (Abb. 20) sind die Gotteserkenntnis
und der ewige Ratschiuß Gottes ohne Anfang und
Ende - erfaßbar oder erahnbar nur aus dem be-
trachtenden Leben der Mönche - dem Triumph
des Glaubens und des eucharistischen Opfers
(Abb. 21), erreichbar nur über das Sakrament der
Buße, gegenübergestellt.
Von da aus wird im letzten, abschließenden Joch
die Summe über das gesamte Programm gezogen.
Noch einmal bricht die Erde auf und die Wasser
ergießen sich aus ihren Spalten. Der Tod in Ge-
stalt des Neptun (Abb. 22) ist dem Tod in Gestalt
des Merkur (Abb. 23) gegenübergestellt, der Erder-
schütterer und Herr des Wassers als todbringen-
des Element, der Tod, der zur Vernichtung führt,
dem Gott, der als Psychopompos die Seele aus
dem Diesseits ins Jenseits führte, sie aber auch
mit seinem Zauberstabe aufzuerwecken vermoch-
te. Darum eilt er entgegen der bisher angegebe
nen Richtung hinaus aus dem Reich der Unter-
weit, denn er allein hat die Kraft, die von Kerberos,
Minos und Hades bewachten Pforten zu verlas-
sen. Er ist der Tod, der zur Erlösung führt. Zwi-
schen Neptun und Merkur aber ist an der Ab-
schiußwand der Krypta dem gekreuziten Chri-
stus ein gemalter Scheinaltar errichtet (Abb. 24).
Christus siegt über Neptun, den Erderschütterer,
denn er hat selbst am Kreuz die Erde erschüttert
und er überhöht Merkur, denn er ist der wahre
Gott, der die Seelen zum Himmel führt.
Hat also der Betrachter des Raumes in Meditation
über die erschreckenden Bilder des Todes sich zur
Besinnung bereit gefunden (Eremiten), sich selbst
geprüft (Tugend und Laster) und ist zur Reue und
Bereitschaft zum Leiden gelangt (Schmerzens-
mann und Schmerzensmutter), woraus er den Wil-
ien zu Einkehr und Buße (Eremiten und Zönobiten
sowie Agyptische Helena) schöpft, erfährt er die
Gnade des Glaubens und der Gotteserkenntnis in
der alles besiegenden, den Tod im Tod am Kreuze
selbst überwindenden Liebe Christi.
20 Vierter Gurtbogen links: Ewiger Ratschluß Gottes
21 Vierter Gurtbogen rechts: Triumph des Glaubens und
der Kirche
22 Linkes Wandbiid des fünften Joches: Tod als Neptun
23 Rechtes Wandbiid des fünften Joches: Tod als Merkur
24 Vierter Gurtbogen, Deckenwölbung des fünften Je
ches und Abschlußwand mit gemaltem Altar: Christus
am Kreuz
Anmerkungen 19 - 22
" Totenkepelle 8.3.0., S. 231ff. und S. 301
1" ebenda, S. 211li.,Vgi. auch den Kupielstlßn der Originalausga-
be, Nürnberg 1720, gegenüber S. 173. Der iorbeerbekranzte To-
tenkopl erscheint mehrmals als Vignette
1' Toterikapelle a.a.O.. S. 112 und 207
1' ebenda, S. 176". und 273".