Schreibtisch; Pelisender, Buche-
baumholz, Ebenholz. Elfenbein und
Perlmutter auf Nußbaumhoiz furniert;
vergoldete Bronzebesohlage. Entwurf:
G. Levati. um 177D. Ausführung:
e. Maggiolini. Wien, BundeslViOhillen-
Verwaltung, lnv.-Nr. se 95a. s 21361.
Signatur ciiiseppe Maggiolinis an der
inneren Rückseite der mittleren Lade.
ChinoiserIe-Szenen an den drei Fron-
ten des Schreibtisches.
Entwürte zu den Marketerieleidern.
Aquarelle von Giuseppe Levati. Städti-
sche Kupfsrstlchsamrnlung, Mailand.
Gesamtansicht des Schreibtisches
Abb. 1
Kommode nach Entwurf von c. Levati,
Ausführung von c. Maggioiini. MUSEO
artistico, Mailand.
Schreiblischfuß, Detail
Markelerle mit Darstellung Maliands
auf dem kleinen Stehpult des Schreib-
tisches.
Marketerie mit Attributen der freien
Kunste auf dem Auszlehbrett des
Schreibtisches.
Geheimfach zwischen den beiden
seitlichen Laden des Schreibtisches.
Geheimfach zwischen mittlerer Lade
Lind der oberen seitlichen Lade.
Anmerkungen;
' Die gleichen Schlüsseiiochbeschläge sind auf Bi-
nei nachempfundenen Rokoko-Kbmrrlode In Schloß
Schönbrunn verwendet.
1 Arneth, A.v.: Briefwechsel Maria Theresias, Wien
15:11,3. Bd., s. 159
I siehe c. Morazzoni: ll mobile inlarsialo er Giuseppe
Maggiollni, Mailand 1957
u .
3
8
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Von den Bronzebeschlagen scheinen nur die Montierun-
gen an den Tischftlßen und die beiden kleinen Fiocailie-
grille am Ausziehbrett der Tischzarge original zu sein.
Sämtliche Beschläge an den Ladenfronten sind ersetzt
worden und zeigen, was Ausführung und Zeichnung be-
trifft, starke Unterschiede zu den Origlnaieni. Bemerkens-
wert sind die noch erhaltenen elfenbelnemen Rolikugein
an den vier Tischfiißen.
Stilistisch gehört der Schreibtisch in die Übergangsphase
vorn Rokoko zum Klassizismus. Während der bewegte
Möbelkörper sowie die Tendenz. die Konstruktion hinter
einer einheitlich gestalteten Fassade zu verbergen, und
die Chinoiserien noch ganz dem Rokoko verpflichtet sind,
sind Teile der Omamentik und die Art ihrer Anwendung
zum Repertoire des Klassizismus zu zählen. Das sind das
Zopfband, welches rund um die Kante der Tischplatte
führt, und die zur Betonung der Schreibtischkanten ver-
wendeten Scheibsnkettsn.
Wie schon anfangs enuähnt, fallt dieses sehr kostbare
und aufwendige Fumiermdbel völlig aus dem Rahmen
des Wiener Hofes. Erstens sind Furniermobel aus der
Maria-Theresianischen Hofelnrichtung kaum erhalten,
und zweitens weist der noch vorhandene Bestand an Fur-
niermöbeln eine derartige lnferiorität im Vergleich zum in-
ternationalen Standard an europäischen Herrscherhöfen
auf, daß dieser Schreibtisch auf besondere Art und Weise
an den Wiener Hof gelangt sein mußte. Bei Durchsicht
der Korrespondenz Maria Thereslas scheint ein Brief an
ihre Schwiegertochter Erzherzogin Maria Beatrix in Zu-
sammenhang mit unserem Schreibtisch von Interesse zu
sein. Er ist vom 3. Juni 1773, und die Kaiserin bedankt
sich darin fllr einen von ihrem Sohn aus Mailand nach
Wien geschickten Schreibtisch, der für ihr neues Apparte-
ment in der Wiener Hofburg bestimmt war: irLe choix de la
couieur, je Pattribue a notre cher Ferdinand, qui m'a fait
un tres-joii präsent de Fayence et d'un bureau. mais que
je ne verrai quapres-demaln, etant place en ville dans
mon nouvel apparternentni? Maria Theresia hatte dieses
neue Appartement in den Jahren 1767169 nach dem Tod
ihres Gemahls neu ausstatten lassen. Sie hatte ihre alten
Raums im ersten Stock des Leopoidinischen Traktes für
Kaiser Josef ll. geräumt und war in den zweiten Stock ge-
zogen, wo vordem bereits die Witwenrssidenz ihrer Mutter
gewesen war.
Durch diesen brieflichen Hinweis war es naheiiegend, die
zeitgenössische Mailänder Möbelproduktion mit unserem
Schreibtisch zu vergleichen, wobei auch sofort ein sehr
ähnliches Vergleichsbeispiel gefunden werden konnte
(Abb. 10). Es ist dies eine vom Mailänder Hoftischler
G. Maggiolini verfertigte Kommode, die in der Struktur
und im Ornament große Parallelen aufweist. Der Möbel-
korpus ist kompliziert geschwungen und gebaucht, die
einzelnen Kommcidenseiten sind ähnlich wie beim
Schreibtisch mit Ornamentbandern eingefaiit und in der
Mitte mit einer ovalen Chinoiserie dekoriert. Ebenfalls
übereinstimmend sind in beiden Fällen die mit einem
Marketerieband betonte Kante der Deckplatte und der
Korpuskanten sowie die Bronzeschuhe an den Flißen. Die
Annahme, daß G. Maggiolini der Verferilger des Wiener
Schreibtisches ist, wird weiter bestärkt durch drei von
Giuseppe Levati stammende Vorzeichnungen zu den
Chinoiserie-Szenen an den drei Fronten des Schreibti-
sches (Abb. 3-8), die sich in der städtischen Kupferstich-
sammlung in Mailand befinden. Der Maler-Architekt G. Le-
vati war einer der ersten, die G. Maggioiini mit Aufträgen
für den oberitalienischen Adel und den Mailänder Hof be-
trauten. Er lieferte auch später einen Großteil der Entwür-
fe, als Maggiolini bereits zum lntarsisten des Mailänder
Hofes aufgerückt war. Ungefähr gleichzeitig mit dieser Er-
nennung im Jahre 1772, als die Einrichtung für den Hof
des mit Maria Beatrice von Este neu vermahlten Erzher-
zogs Ferdinand begonnen wurde, müssen die Kommode
sowie der Wiener Schreibtisch entstanden sein. Beides
sind frühe Arbeiten Maggioilnis und von seinen viel be-
kannteren, rein kiassizistischen späten Arbeiten grund-
verschieden. Bestätigt wird die Autorschaft G. Maggioii-
nis durch die kürzlich von Dr. P. Parenzan aufgefundene
Signatur des Tischlermeisters (Abb. 2). Sie ist im inneren,
an der Rückwand der mittleren Lade in das Holz eingelegt
und stellt eine bisher unbekannte Signatur Magglolinis
dar3. Auf einem Band sind die Buchstaben GMP in das
Holz gekittet, was soviel wie Gluseppe Maggiolini aus Pa-