A Künstlerprofiie
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Wolfgang Baminger
Geboren wurde Baminger zwar in Wien, er entstammt
aber einer burgeniändischen Försterfamilie, und dem Bur-
genland, in dem er in seiner Kindheit und Jugendzeit leb-
te, blieb er auch bis heute treu. Seine liebsten Motive sind
solche der burgeniändischen Landschaft.
Das soll nun nicht heißen, daß er sonst nichts kennt, das
er des Festhaltens wert findet. Es beeindruckte ihn auch
sehr die Atmosphäre des Mitteimeerraumes. Vielleicht
sind hierjene Wurzeln zu suchen, die auch einem Matisse
zu den reinen, einfachen Strichzeichnungen der Spätzeit
finden ließen, die Baminger, bei dem manche Blätter
stark auf den großen französischen Meister verweisen,
ebenfalls berührten.
Sehr stark fesselt unseren Künstler jedenfalls auch die
Landschaft des menschlichen Körpers. Der weibliche Akt
ist ihm ein immer wieder aufs neue zu bewaitigender Auf-
trag. Hier finden wir schon ziemlich früh klare, einfache
Strichzeichnungen und können an ihnen auch deutlich
die Entwicklung des Graphikers verfolgen.
Sind die Körper der Frauen auf den Blättern, die Baminger
in der Mitte der sechziger Jahre gezeichnet hat, in wei-
chen, ertastenden Schwüngen festgehalten, so werden
die Striche später zusehends härter, zupackender, scheu-
en auch manchmal vor einer betonten Verzerrung nicht
zurück. Setzte der Zeichner früher zu immer neuen, gleich-
sam iiebkosenden Linienspielen an, so zieht er jetzt seine
Striche weitgehendst durch, legt da und dort eine Schlei-
fe, verstärkt den Druck, nimmt davon weg. Die Proportio-
nen sind, auch bei außerordentlichen Ansichten - Ba-
minger schaut bei den letzten Arbeiten etwa gerne auf!
A, immer mit den einfachsten Mitteln beherrscht.
Hier gehört auch noch das Porträt erwähnt. in einer gan-
zen Anzahl reiner, hier wieder weitaus gelockerteren
Strichzeichnungen gelingt es dem Graphiker, Wesentli-
ches seines Gegenübers festzuhalten. Sehr deutlich
kommt das etwa bei dem geballten Schädel des wProfes-
sor Ort heraus.
Den größten Raum in Bamingers Arbeiten nimmt aber die
Landschaft ein. Von der ihn umgebenden Umwelt ist der
Künstler immer wieder aufs neue beeindruckt, und immer
wieder aufs neue versteht er auch, sie mit dem Graphit-
stift, wie ein Lyriker mit einer Fleihe von Zeilen, festzuhal-
ten. Und wie es überschwengliche und weiche Lyrismen
und strenge, abgemessene Lyrik gibt, so gibt es auch
lockere und härtere Zeichnungen. immer aber ist es der
dünne Faden seines verlängerten Schauens, mit dem Ba-
minger sondiert. Bei Ortsbilder verflechten sich diese
Striche oft zu einem Geflecht von Waagrechten und Senk-
rechten, ergeben Verschachtelungen. in den Szenerien
mit den Überlandieitungen des Starkstroms zeigt uns der
Künstler das von einem Zivilisationsnetz überspannte
Land und bei den Zeichnungen der Weingärten oder
Ackerraine, Ackerstreifen die vom Landwirt kultivierte Er-
de. Hier, in den Blättern des burgenländischen Flachlan-
des oder in jenen, die die sanften Lehnen zum Neusiedler-
see zeigen, beweist Baminger, daß allein schon im Erfas-
sen dieses Gefüges, im Erkennen der Ordnung vom
Rhythmus der Feidraine, der Folge von Weinbergstecken,
der Buschreihen, die eine Landschaft gliedern, der Wille
zur Kultur ansetzt! (Manchem Künstler würden das Erken-
nen als Konzept schon genügen!) Hier ist immer mehr.
Auch wenn bei manchen Blättern es nur ganz wenige Um-
risse sind, so sind sie doch die Charakteristiken, die die-
se spezielle, anscheinend so eintönige, in Wirklichkeit
aber aufregend vieigliedrige Landschaft zeigen.
Baminger ist Lehrer an der Hochschule für angewandte
Kunst in Wien und mit den verschiedensten Drucktechni-
ken vertraut, er hat ihre Möglichkeiten, Variationsbreiten
und Spielarten durchexerziert und letztlich doch immer
wieder zum reinen Strich der Zeichnung gefunden. Er hat
früher mehr gemalt, aquarellierl und arbeitet heute fast
ausschließlich graphisch, weil ihm diese Arbeitsweise
der unmittelbarste und direkteste Ausdruck seines Ge-
staltens scheint. Sicher sind manche jüngere Kollegen
von ihm öfters und geschickter in der Öffentlichkeit auf-
getreten. Er arbeitete an sich und seinem Werk, und es
zeigte sich, daß sich das gelohnt hat. Aiois Vogel
1 Landschaft mit perspektivischer Verspannung von Stromieitun-
gen. Bieistlftzeichnung
2 Strommasten in der Landschaft. Bleistiftzeichnung
s Wolfgang Baminger
4 wMitzi Mona Lisa Laditschit. Eleisilftzelchnung
5 Weiblicher Akt, 1979. Bleistiftzeichnung