stische Dekorationssucht einerseits und
rklicher Perfektionlsmus andererseits
Wurzeln des prunkvollen barocken, meist
aten Silberschmiedegerätes für den profa-
Jrauch. Im adeligen Schloß, dem reichen
'haushalt der Groß-Bürger wie auch in den
l der Zünfte ist es seit der Zeit um 1500 üb-
rorden, immer mehr das traditionelle Zinn-
' durch Silbergeräte zu ersetzen. Diese
steigerte sich während des 16. Jahrhun-
ar allem begünstigt durch die manieristi-
itilprinzipien, zum großartigen Prunk der
Jme, in denen die vergoldeten Silbergerä-
nehr dekorative als praktische Rolle über-
; das heißt, daß die einzelnen Gegenstän-
immer ihre von einem Gebrauch herstam-
Form beibehielten, ihre Gestalt aber deko-
äesetzen folgt, wodurch der einzelne Ge-
d in das Gesamtgefüge eines mit vielen
denartigen Gegenständen eingerichteten
eingefügt werden soll, ftlrdas Wanddeko-
1d Archltekturteile das Formentscheiden-
n. Aus dieser Ambivalenz - soweit das
Gefäß oder Gerät überhaupt noch ge-
die den einzelnen Gegenstand, versehen mit
neuem Ornament und in ornamentgebundener Ge-
samtform, in seiner Totalität fertig zum Umsetzen
durch den Handwerker vcrstellten.
Eine neuerliche Möglichkeit von Variation und
Vielfältigkeit kam hiebei noch dadurch hinzu, daß
der Handwerker, je künstlerischer er selbst veran-
lagt war, ein derartiges Vorlageblatt nie genau
nachmachte, sondern sich bloß davon anregen
ließ, einen eigenen Entwurf zu gestalten.
Interessant und charakteristisch gerade für die
Goldschmiedekunst des ausgehenden 16. Jahr-
hunderts und des 17. Jahrhunderts ist dabei, daß
dadurch Gegenstände entstanden, die sich von ih-
rer Gebrauchbarkeit vollig entfernten und nur
mehr als Dekorationsstücke zu verstehen sind.
Das gilt vor allem für die in diesem Zeitraum häu-
fig hergestellten Tafelaufsätze, die, wenn sie auch
die Form von Bechern oder Kannen haben, ledig-
lich dem Schmuck und Prunk dienen. Vielfach ge-
hören dazu nRiesenu-Pokale, deren Schäfte so fili-
gran und figurenrelch gearbeitet sind, daß sie ein
Füllen niemals hätten aushalten können. Vom sti-
listisch-dekorativen Standpunkt aus und durch ih-
Noch sehr dem Manierismus des späten 16. Jahr-
hunderts verhaftet ist ein schöner Nautiluspokal
der Zeit um 1500 aus Nürnberg (Abb. 3), der so ty-
pisch alles das vertritt, was wir hier meinen. Die
prachtvolle Perlmuttermuschel galt als Kuriosi-
tät, die elne entsprechende Fassung bekam. Zum
Trinken, obwohl das Gefäß einen vergoldeten
Mundrand hat, ist das Gefäß wohl kaum zu ver-
wenden. Aber durch die fein ziselierten figuralen
Bänder, die tragende Schaftfigur und den orna-
mentalen Fuß stellt der Pokal ein Prunkstück er-
sten Ranges dar, hinzustellen auf die gedeckte
Tafel, um als Kostbarkeit bewundert zu werden.
Ebenso aus Nürnberg stammt ein Herzpokal von
Meister Georg Müller vom Beginn des 17. Jahrhun-
derts (Abb. 4), der auch traditionelle Formen wei-
terführt. Die glitzernden, hervorragend getriebe-
nen und ziselierten Facetten seiner Oberfläche ge-
ben ihm seinen besonderen Reiz.
Ein kurioses Ding aus Augsburg ist ein Hochzeits-
pokal aus der Zeit um 1630 (Abb. 15). Das darge
stellte Mädchen, die Hauptgestalt des Bechers,
trägt ein stilisiertes Kleid ihrer Zeit mit reichern,
großartig ausgearbeitetem Ornament. Auf ihren
lf blieb - entsteht die Gestalt des Objek-
z Erfordernisse der dekorativen Gesamt-
eines lnnenraumes in die Tat umzuset-
den dem Handwerker ornamentale Vorla-
zur Verfügung, Kupferstiche oder Fladie-
iie in großer Zahl mit fast unendlicher Va-
reite in Einzelblättern, Heften und Fol-
igar Büchern herausgegeben wurden und
oße Verbreitung dekorativer neuer Ideen
die rasche Abfolge von stilistischen Mo-
JFIQSH erwirkten. Neu erfundene Orna-
urden auf diese Weise oft kopiert und
I Werkstatt zu Werkstatt weitergegeben.
s bedingen gerade jene Vorlagebiätter
gleichzeitige Nebeneinander verschiede-
nentarten, weil man in einigen Werkstät-
i längere Zeit hindurch die gleichen Vor-
wendete, während andere schon weit
ire-t Blätter zur Vorlage nahmen. All das
' im allgemeinen zu einer raschen Abfol-
tilvariationen innerhalb des Kunsthand-
l Vorlageblättern gibt es vor allem zwei
jene, die ganz allgemein neue Dekora-
en brachten, Einzelornamente, die auf
nstände anwendbar waren, und solche,
re perfekte handwerkliche Herstellung sind aber
gerade diese Objekte die bedeutendsten.
Wie in jedem Museum, so sind auch die Sammlun-
gen des Österreichischen Museums für ange-
wandte Kunst gewissen Zufälligkeiten unterwor-
fen; nie war eine kunstgeschichtlich erstrebens-
werte Vollständigkeit zu erreichen gewesen.
in dem Sammlungstell der profanen Prunkgeräte
des 17. und 18. Jahrhunderts, der mit den schön-
sten Stücken hier kurz vorgestelit werden soll,
spielt eine Privatsammiung eine große Rolle, die
1952 als Widmung des Wiener Bürgers Ernst
Böhm (1916 - 1975) in das Museum kam. Böhm be-
faßte sich vorzüglich mit dem Sammeln deutscher
Goldschmiedekunst, wodurch auch im heutigen
musealen Bestand die deutschen Arbeiten im Vor-
rang stehen. Innerhalb der deutschen Gold-
schmiedekunst sind die Vororte ohne Zweifel
Nürnberg mit der großen Tradition der Dürerzeit
und Augsburg, die Heimat der Fugger. Sicherlich
haben aber daneben auch andere große Städte
mit ihrem mächtigen Bürgertum, wie die Hanse-
städte oder Breslau, bedeutende Beiträge gelie-
fert. Die immer strenger werdenden Zunftordnun-
gen dieser Zeit ermöglichen an Hand der Punzie-
rungen in fast allen Fallen eine weitgehend ge-
naue Zuordnung.
erhobenen Armen hält sie ein kleines Schaff, das
beweglich in ihren Händen angebracht ist. Kippt
man die Figur, so ergibt das ganze zwei Becher ne-
beneinander: einen großen und einen kleinen für
den Hochzeitstrunk. Sosehr also dieses Gerät ver-
wendbar ist, so sehr ist auch die dekorative Ge-
samtfcrm in der Ruhestellung zu erkennen: Ge-
brauchsgerät für einen besonderen Moment und
Ziergegenstand für die dauernde Erinnerung dar-
an. Ein glänzendes Beispiel für die wAmbivalenzu
barocken Kunsthandwerks.
Kurios ist auch der Augsburger Bartmannskrug
aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts (Abb. G).
Scherzgefäße dieses Typus - allerdings aus Ton
- gibt es bereits unter römischen Soldaten des 1.
und 2. Jahrhunderts. Seither dürften derartige
Späße bis in das 17. Jahrhundert nicht mehr in
Vergessenheit geraten sein. Es sind zum Trinken
verwendete, sicher zunftgebundene Humpen. in
ihrer Ausführung fügen sie sich grotesken Plasti-
ken des späten Manierismus und frühen Barock
ein.
Der Hamburger Traubenpokal von Meister Jakob
Mores aus der Mitte des 17. Jahrhunderts
(Abb. 10) führt in etwas derber Arbeit eine alte Tra-
dition fort. Traubenbecher, gut getrieben und zise-
liert, stehen in Beziehung zu einer recht einfachen
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