wie die feine baukünftlerifcbe Cbarakteriftik, die die Stadt ihrem Genius
loci von altersber verdankt. Hber wie überall ift die Stadterweiterungs*
epocbe und der wirtfcbaftlicbe fluffcbwung mit dem künftlerifcben Tief«
ftand der flrcbitektur zufammengefallen. In diefer Zeit bat die Stadt,
was ihr flusfeben betrifft, durch den Bureaukratismus und die Bau«
fpekulation enormen Schaden gelitten. Die amorphe Maffe der Wohn«
bezirke entbehrt jeder Regung vornehmer Baugefinnung. Der heutige
Bürgermeifter, als Freund fchöner Gärten, zeigt allerdings die Ent«
fchloffenbeit, für die Schönheit manches zu tun. Daß et die Regulierung
des Karlsplatjes und den Bau des neuen Stadtmufeums, dem dazu einzig
berufenen Baukünftler, Oberbaurat OTTO WHGNER, zu übertragen ge
denkt, ift mit Genugtuung zu begrüßen. Er fcheint nicht der Mann,
der ficb durch den Künftlemeid und das Parteigezänk, das um die Sache
erregt wurde, beirren läßt. Über die für die Kunft des Städtebaues
intereffante Anlage Wiens und über die Entwicklung während der
lebten fünfzig Jahre wird eine ausführliche Darftellung im näcbften Hefte
folgen- Mit Rücklicht auf das Jubiläumsjabr und auf den internatio«
nalen Hrcbitektenkongreß, der in Wien 1908 ftattfinden wird, erfcbeint
eine folcbe Darftellung zeitgemäß. □
HLTWIENER FRIEDHÖFE
I n meinem Wiener Buch: »WENN DU VOM KAHLENBERG . .. .« fchrieb
ich über die entzückenden Altwiener Friedhöfe. Wie wird auf den
alten, aufgelaffenen Friedhöfen gewirtfcbaftet? war die Frage. Gibt
es keine beffere Verwendung für alte Skulpturen, als fie dem Stein«
met) zu verkaufen? Sind nicht in einer gartenfreundlichen Stadt wie
Wien, die alten Friedhöfe beftimmt, in öffentliche Gärten verwandelt
zu werden? Würden jene Plaftiken, in Gärten, auf öffentlichen Plänen,
an den Außenfeiten der Kirchen, in den Höfen der öffentlichen Gebäude
aufgeftellt, nicht dazu beitragen, auch in der Großftadt ein Heimat«
gefübl zu nähren? Schadet das memento mori im Alltag? Sind die
Exhumierungen berühmter Toten und ihre Überführung auf den Zentral
friedhof nicht ein Akt von Pietätlofigkeit? Warum ließ man die Gebeine
SCHUBERTS und BEETHOVENS nicht in dem ftimmungsvollen, alten
Währinger Friedhof ruhen? Was foll mit den Grabdenkmälern ge«
febeben, die noch dort fteben? Ift denn der Gedanke fo übel, daß
Kinder um diefe Steine fpielen und ihre Bälle fangen follen? Daß die
fchönen Steine fteben bleiben und der Friedhof ein Garten würde, ein
einzig fchöner Garten, mit dem fchlicbten und ergreifenden Steintor,
dem freundlichen Torhäuschen, den zahlreichen edlen Plaftiken im
Grünen, den alten Bäumen und Rofen, die über fchriftbedeckten Stein«
tafeln ranken und Grün und Blüten ftreuen und wunderfame Symbole
bilden, Tod und Leben, Vergängliches und Ewiges umfcblingen! Ach,
feböne Worte, in den Wind geredet! Bitte febr, in Wien nicht! Die
Gemeindevertretung hat den Wink ergriffen. Es ift recht erfreulich!
In einer der lebten Sitzungen wurde erklärt, Exhumierungen feien
pietätlos, die fchönen, alten Steine, die die Erinnerung an einen be
rühmten Namen tragen, feien zu erhalten, womöglich an Ort und
Stelle, und die alten Friedhöfe in öffentliche Gärten zu verwandeln. Nun
ftebt alles bei der künftlerifcben Gefinnung in der gärtnerifchen Um«
geftaltung. Es frägt fleh, ob man darin eine glückliche Hand verfpüren
wird. Gaben nicht die alten barocken Gartenfchöpfungen, wie das
Belvedere und Schönbrunn, geradezu verfübrerifche Beifpiele von edler
architektonifcber Geftaltung mit gefchnittenen Laubenwänden, die irgend
eine fchöne Statue, einen Brunnen, eine Gartenptaftik umfchließen?
Sind das nicht Vorbilder für ftädtifebe Anlagen? Und für die Fried
höfe unter Benützung der reichen vorhandenen Vegetation? Allzulange
bat man die künftlerifcbe Tradition der Heimat, die auch in diefen
Dingen liegt, verkannt. Hoffentlich erinnert man ficb jet)t diefer und
vieler anderer heimifcher Gartenmotive. Wien führt! fagt der KUNST«
WART mit Recht. Führt, wenigftens in diefer Sache. Es gibt viele
Städte, die von diefer Initiative profitieren können. Ich denke zunäcbft
an den Eliasfriedhof in Dresden. Diefe Sache einem Künftler in die
Hand gegeben, kann nur gut werden. Nicht einet Kommiffion, einem
Künftler! D
MITTEILUNGEN DES BUNDES DEUTSCHER
ARCHITEKTEN □ B. D. H.
NEUWAHL DES GESCHÄFTSFÜHRENDEN
AUSSCHUSSES
uf dem diesjährigen Bundestage in Dresden wurden bei der fatjungs«
gemäß vorgenommenen Wahl in den gefchäftsführenden Ausfcbuß
des Bundes mit Amtsantritt ab 1. Januar 1908 gewählt die Herren: □
1. Profeffor MARTIN DUELFER, Dresden, 1. Vorfitjender. □
2. Kgl. Baurat Profeffor Dr. ALBRECHT HAUPT, Hannover, Stellvertreter.
3. Kgl. Baurat Profeffor KURT DIESTEL, Dresden, 1. Schriftführer und
Säckelmeifter. a
4. Kgl. Baurat ERNST KUEHN, Dresden, Stellvertreter. □
5. Kgl. Baurat BRUNO EELBO, Weimar, Beifiber. a
6. Profeffor GEORG FRENTZEN, Aachen, Beifiber. □
7. HUGO GROOTHOFF, Hamburg, Beifiber. □
8. CARL KAAF, Köln, Beiübet. □
9. Profeffor Dr. FRIEDRICH SEESSELBERG, Berlin-Friedenau, Beifiber.
DER ACHTE INTERNATIONALE ARCHITEKTEN»
KONGRESS
wird bekanntlich in den Tagen vom 18. bis 24. Mai 1908 in Wien unter
der Schubherrfcbaft des Kaifers Franz Jofef abgehalten. Den Votfib führt
Oberbaurat OTTO WAGNER, Wien. Bisher find folgende Verbandlungs«
gegenftände und Vorträge angekündigt: 1. Votfcblag des Herrn G.
HARMAND (London 1906) bezüglich der gefeblichen Regelung des
Recbtsfcbubes des künftlerifcben Eigentums an Werken der Architektur.
2. Regelung der internationalen Wettbewerbbeftimmungen (Bericht des
Comité permanent und des öfterreichifchen Komitees). 3. Gefebücbe
Befähigung und ftaatlicbe Diplomietung der Architekten (Bericht der
Zentralvereinigung der Architekten der im Reichsrate vertretenen König
reiche und Länder bezüglich der Gründung von Architektenkammern).
4. Erhaltung der öffentlichen Baudenkmäler. 5. Regelung der ftaat«
liehen Kunftpflege, ihre Nützlichkeit oder Gefahr und die Organifation
derfelben. 6. Über den Betoneifenbau, Berichte von Amerika, England
und Öfterreich. Vorträge find angekündigt: 1. von Profeffor KARL
KÖNIG: »Über den Einfluß der modernen Kunftrichtung auf dem Ge
biete der Architektur«; 2. von Architekt LEOPOLD BAUER: »Über den
Einfluß der hiftorifeben Bauftile auf die Entwicklung von neuen Bau
formen«; 3. von Profeffor KARL MAYREDER: »Über die Wahrung der
künftlerifcben Intereffen in den Bauordnungen von Paris, London, Rom,
Berlin und Wien und Bericht über den neuen Bauordnungsentwurf
für Wien«, und gegebenenfalls 4. von Architekt Dr. jur. ERÖS: »Über
das geiftige Eigentumsrecht des Architekten«; 5. von Dr. A. MEYDEN«
BAUER: Ȇber das pbotograpbifcbe Aufnebmen zu wiffenfchaftlichen
Zwecken«. Mit dem Kongreß wird eine internationale Baukunftaus«
ftellung verbunden fein, und zwar in den Tagen vom 18. Mai bis
14. Juni 1908 in den Sälen der k. k. Gartenbaugefellfchaft in Wien I,
Parkring 12. Die Ausftellung verfolgt rein künftlerifcbe Zwecke. Nur
Arbeiten follen zur Ausftellung gelangen, die durch beute lebende
Künftler während des lebten Jahrzehnts gefchaffen wurden. Die Aus«
ftellung erfolgt getrennt nach einzelnen Staaten. Plabmiete wird von
den Ausftellern nicht erhoben. D
Nähere Mitteilungen über die Vorbereitungsarbeiten zum Kongreß
werden feitens des B. D. A. in einem der näcbften H.=W.=Hefte folgen.
R. Voigtländer« Verlag, Leipzig □ Druck von Otto Regel, Leipzig
Für die Redaktion: Jofepb Aug. Lux, Dresden-Blafewib
□ Gefchäftsftelle für Öfterreich: □
Buchhandlung Carl von Hölzl, Wien 1/1, Operngaffe 2
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