Dietrich Fabian
Entwicklung der Roentgen-
Mehrzwecktische
Funktion, Konstruktion,
Oberflächenschmuck,
Einrichtung
Dietrich Fabian
Entwicklung der Roentgen-
Mehrzwecktische
Funktion, Konstruktion,
Oberflächenschmuck,
Einrichtung
Handwerkliche Erzeugnisse, auch höchster Voll-
endung, lassen sich nicht ohne kaufmännisches
Geschick in das Licht der Öffentlichkeit und damit
an den Erwerber bringen. Für das erste legte der
Vater Abraham (1711 -1793) die Grundlagen im
wesentlichen bereits nach offenbar hervorragen-
der Ausbildung in der väterlichen Werkstatt und
Weiterbildung in Holland und England. Für das
zweite sorgte der Sohn David (1742-1807) nach
vortreffiicher herrnhutischer Schulbildung in Nies-
ky, Kunsttischlerausblldung in der Werkstatt des
Vaters, Weiterentwicklung und durch Hinzuzie-
hung künstlerischer Genies wie Krause (Mechani-
ker), Kinzlng (Uhrmacher, Klavierbauer), Zick (Ma-
ier) und Gervais (Graveur).'
Vater und Sohn wuchsen zu einem Begriff in der
Möbelbaukunst zusammen, so daß wir heute nur
noch vom Fioentgen-Werk oder von Roentgen-
Möbeln sprechen! Eine Trennung der Werke wäre
nur in der Frühzeit möglich. Vater Roentgen
schied erst 1784 in Neuwied aus.
Der Mehrzwecktisch, wie wir ihn heute nennen,
hatte sich im 18. Jahrhundert, insonderheit bei
den Roentgen-Möbeln, großer Beliebtheit erfreut
wegen der vielfältigen Nutzungsmöglichkeit, des
geringen Platzbedarfs und des relativ geringen
Preises.
Um die zahlreichen Möbelarten und -formen der
Fioentgen-Werkstatt zu straffen, fassen wir unter
dem Begriff wMehrzwecktisch-i die sogenannten
Verwandlungstische, Pulttische, Frisier- und Zei-
chentische zusammen, Tische mit mehreren Funk-
tionen. Etwa 60 Exemplare sind heute noch be-
kannt.
Durch Archivalien, sonstige Dokumente und eini-
ge interessante Restaurierungsfaile ist es eigent-
lich erst heute möglich, einen genauen Überblick,
auch in den Details, der Funktion, der Konstruk-
tion, der gewählten Holzarten und Schmuckfor-
men zu geben. Das Thema verlangt einen Streif-
zug durch die Arbeltsphasen der Roentgen-
Werkstatt von 1742 in Herrnhaag bis 1795 in Neu-
wied. Aus den verschiedenen Werkstattphasen
kommen hier charakteristische, wenig bekannte
Darstellungen.
1
Funktion
Bis zu fünf Funktionszustände kennen wir an ei-
nem einzelnen Verwandlungstisch, wie bei unse-
rem Beispiel (Bilder 15-22): Konsoltisch, Spiel-
tisch, Dame-Schach-Spieitisch, Trlck-Track-Spiel-
tisch sowie Schreib, Lese-, Zeichen- und Noten-
tisch, später kommt noch die Frisiertischfunktlon
hinzu.
Origineller als eine andere Beschreibung gibt über
die verschiedenen Verwendungszwecke die nach-
stehende handschriftliche Originalbeschreibung
aus der Roentgen-Werkstatt Auskunft, die am al-
ten Ort in unserem Beispiel (Bild 15) aufgefunden
wurdel:
„Erklährung wegen dem Spiel Tisch mit 4 Variatio-
nen (Bild 15). Die Füße (Beine) welche in der Kiste
3
bey dem Tisch liegen sind Marquirt, und dürft
nur nach dern Zeichen eingeschraubt werden, 1
dann drucket man Hinten an einem Fuß an das E
ßerne Knöpfgen, als dann ziehet (schwenkt) m:
den Hintersten Fuß (linkes Bein) heraus, sodai
findet maneinen höltzernen Ftigel, diesen Stell
man gerade aufwärts (Bilder 4 und 26), nach di
sem legt man daß eine Blatt darauf, so hat man i
nen mit grünem Tuch überzogenen SDiQI-TiSt
(Bild 18), als dann legt man den Höltzernen Flieg
halb Nieder, so kan man daß zweyte biatt Ui
schlagen, und da hat man einen schönen Tlsi
um Dames oder Schacht zu spielen (Bild 19), e
dann legt man den Höltzernen riegel gantz nied1
und so legt man daß dritte biatt auf, wo sich da:
ein mit grün Tuch überzogner Schreib-Tisch (Bi