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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVI (1981 / Heft 174 und 175)

I Aktuelles KunstgeschehenlÖsterreich 
 
Wien 
Künstlerhaus 
Freizeit und Kultur - "Akte" aus dem vlngerikursu 
in der Passage im U-Bahnabgang waren die Ergebnisse 
eines frei zugänglichen Aktkurses, der im Gefolge der r-Er- 
sten freien Wiener KlirlStütlSStßllllrigu vom nWlEHGT Volks- 
bildungswerk- inszeniert wurde, zu sehen. Kurt lngeri ver- 
suchte an zwanzig Abenden zu je zwei Stunden Laien das 
beizubringen, das man auf den Kunstakademien in vier 
bis sechs Jahren erarbeitet und das viele sehr bekannte 
und gute Maler ein ganzes Leben lang immer von neuem 
üben und für ihre Gestaltung als wesentlich halten. lngeri 
gab sich die großte Mühe, hatte einmalig konstruktive 
Einfälle und ein ausgezeichnetes Verhältnis zu seinen 
uSchüiernu, daß das gezeigte Ergebnis trotzdem eher ma- 
ger wer, liegt schließlich doch an der kurzen Zelt der 
wSchulungu und sicher wohl auch daran. daß überhaupt 
keine Selektion nach Begabung oder Nichtbegabung 
stattfand. Erfreulich, daß trotzdem der eine oder andere 
der Beteiligten, etwa Paul Peschi oder Viasta Urban, Ta- 
ient erkennen ließen. Sicher Jedoch wird jedem Teilneh- 
mer bewußt geworden sein, daß richtiges Zeichnen weit 
schwerer ist, als es sich der Laie vorstellt. (27. B. - 23. 9. 
1930) 
Faszination Eisenbahn 
Es waren über 300 Fotos, etwas über die Hälfte in Farben, 
zu sehen. Das Motiv war die Dampllokomotive. Man wür- 
de glauben, daß eine solche Fülle von Fotos über dieses 
technische Phänomen ermüden müßte. Doch es war nicht 
so! Ein einziger Fotograf, Dr. Raimo Gareis, schuf diese 
meist faszinierenden Bilder von einem Verkehrsmittel, 
das in seiner Art bereits der Vergangenheit angehört und 
das, was beim Anblick vieler dieser Fotos erfühlbar wur- 
de, noch etwas Geheimnisvolles, Vuikanisches, an mythi- 
sche Berichte Erinnerndes hatte. Dem Autor der Fotos 
sind edle Bilder dieser Ausstellung (eine) Erinnerung an 
eine Epoche der technischen Entwicklung. Zuerst für den 
Fotografen selbst. Dann für alle, die diese Zeit noch be- 
wußt erlebten. Die Bilder sind aber auch ein Denkmal und 
der Dank des Fotografen an die unzähligen Eisenbahner, 
die dieses Verkehrsmittel entwickelten, konstruierten, ge 
plant und betrieben haben-i. (27. 9. - 26. 10. 1980) - 
(Abb. 1) 
Eisenbahn - Vision zur Wirklichkeit 
Als begleitende Veranstaltung zur großen oben bespro- 
chenen Ausstellung zelgten zehn Mitglieder des Künstler- 
hauses in der Künstlerhauspassage Fotoexperlmente 
und Fotomischtechniken zum obgenannten Thema. Es 
waren sehr unterschiedliche Auffassungen und Techni- 
ken vertreten. Manche Fotos hatten einen ganz unmittel- 
baren Bezug zu dem Titel der Schau, etwa bei lnge Dick 
und Hubert Sleiecki, andere wieder, die technischen Lei- 
stungen mögen 1a enorm sein, hätten genausogut auch 
bei einer Ausstellung über Wasserkraftwerke (Bsp. Eva 
Choung-Fux) gebracht werden können. Wir glauben auch 
nicht, daß die Wiederholung einiger Worte, über die Foto- 
grafie einer Bahnaniage kopiert, schon visuelle Poesie er- 
gibt. (27. 9. - 2a. 10. 1930) - (Abb. 2) 
Topografie 
Diese Exposition zeigte wieder einmal mehr, daß sich die 
Vereinigung Wiener Künstlerhaus in den letzten Jahren 
stark gewandelt hat, daß sie eine für unsere Zeit entspre- 
chendere Form der Präsentation gefunden und daß sie 
auch in ihrem Mitgiiederstand sich verjüngt hat. Was frü- 
her eher eine langwellige Herbstausstellung gewesen wä- 
re, vvurde jetzt zu einer abwechslungsreichen, manchmal 
spannungsgeladenen Schau. Sowohl bei der Betrachtung 
der Objekte als auch beim Studium der Publikation wurde 
es einem bewußt, daß neben einigen konventionellen 
Kräften eine ganze Anzahl Gestalter hier tätig ist, die mit 
durchaus zeitgemäßen Ausdrucksmittein arbeiten. Hier 
sei vor allem der junge Gert Linke genannt, den man 
durchaus mit Walter Plchier vergleichen kenn, nur daß er 
weit mehr Sinn für Humor hat. Da ist Gottfried Hollwarth, 
der überkommene Begriffe sprengt und auch umweltge- 
staltend eingreift. Nicht minder provokativ die r-Situatlo- 
nenu der Susanne Taschner. Es gibt eine sehr beachtliche 
Anzahl wirklich guter Weberinnen in dieser Vereinigung, 
so daß es wert wäre, eine eigene Gobeiinaussteilung der 
Mitglieder des Hauses zu veranstalten. Es gibt die hervor- 
ragenden Grafiker und einige gute Bildhauer der mittleren 
Generation. Peter Kodera, der die Ausstellung so kurzwei- 
lig gestaltete, meinte, diese tsoii nicht nur punktuellen 
und statuarischen Charakter haben; sie ist auf Raum- und 
Bewegungsabläufe konzipiert, die dem durch sie gehen- 
den Besucher, abgesehen vom__Einz_elkunstwerk, dauernd 
neue Zusammenhänge und Uberslchten bieten solI-. 
(11. s. - 19. 10. 1950) - (Abb. a) 
Tradition + Gegenwart 
im Rahmen der verschiedenen Veranstaltungen aniäßiich 
des 1300)ährlgen Bestehens Bulgariens wurden hier Ob- 
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jekte des bulgarischen Kunstgewerbes und der zeitgenös- 
sischen angewandten Kunst gezeigt. Die Voikskunst wird 
aus drei Wurzeln gespeist, der uprotobuigarischenu, der 
slawischen und der thrakischen. Jede hat ihr Schwerge- 
wicht auf einem besonderen Verarbeitungsbereich, die 
pProtobuigaren-i zeichnen sich etwa besonders durch ihre 
Lederarbelten aus, die Slawen durch die Holzbearbeitung 
und das thrakische Element, das stark heiienistisch be- 
einflußt ist, bestimmt die Bildhauerei und Metalibearbei- 
tung. Natürlich durchdringen sich oft die Elemente. 
Stickerei und Schmuck, Keramik und Textilien gaben el- 
nen Einblick. Auch in manchen der modernen Arbeiten 
konnte man noch deutlich das Herkommen ahnen. Dane- 
ben waren die Bilder des Nationalpreistragers Detschko 
Usunows zu sehen. Es waren sehr zart hingehauchte 
Farbflecken, die sich da und dort zu festen Konturen ver- 
dlchteten, die viel Poesie hatten. (30. 10. - 30. 11. 1980) 
Albrecht Lösener 
B4 Zeichnungen, 7 Aquarelle und verschiedene Tief- 
drucke. Der 1930 in Schlesien geborene Künstler hat sich 
mit einem feinen Strichelsystem eine spezifische Technik 
entwickelt, mit der er, le nach Variation, Verdichtung, Dy- 
namik und anderem, Wirkungen erzielt. Die kleinformati- 
gen Blätter wirken wie saubere und dichte Ausdrucksdla- 
gramme des Zeichners. (4. 11. - 8. 12. 1980) - (Abb. 4) 
Museum moderner Kunst 
Ein Künstler - ein Prinzip 
Das Museum und der Verein nExakte Tendenzen. zeigten 
In dieser Ausstellung Bilder, Objekte und Konzepte von 
siebzehn europäischen Künstlern, deren gemeinsamer 
Nenner durch Begriffe wie nsystematisch konstruktive 
und wstruktureli- bestimmt werden kann. Das Ziel der 
Ausstellung war, dem Besucher einen Einblick in die 
künstlerischen Anliegen und in die Verfahrensweisen in 
diesem Bereich der Kunst zu vermitteln. Durch gesetzmä- 
ßige Organisation einfacher Grundformen und klarer 
standardisierter Farben waren logisch gestaltete Syste- 
me aufgebaut. Es waren Künstler aus Deutschland, Eng- 
iand, Finnland, Frankreich, Holland, Italien, Österreich, 
Polen und Ungarn mit ihren Werken vertreten. (30. 10. - 
30. 11. 1980) - (Abb. 5) 
Galerie Würthle 
Sergio Teiles 
Es ist selten, daß aus dem südamerikanischen Raum ein 
bekannter Maler in einer unserer Galerien gezeigt wird. 
Teiles, der 1936 in Rio de Janeiro geboren wurde, ist stark 
von den Fauves beeindruckt. Seine außerordentlich kraft- 
strotzenden Bilder sind voll Glut und doch Frische. immer 
wieder, besonders bei seinen Graphiken, wird auch ein 
kritisches Element sichtbar. im ganzen will der Maler auf 
seiner i-Leinwand die Bestätigung projizieren, daß das Le- 
ben immer noch schon istu. (11. 9. - 4. 10. 1980) - 
(Abb. 6) 
Hermann Härtel und Max Gangi 
Härtel, geboren 1943 in Korneuburg, wurde bereits mit ei- 
nigen ansehnlichen Preisen ausgezeichnet. Hier zeigte er 
hauptsächlich Radierungen, eine Technik, die ihm beson- 
ders liegt, und einige Aquarelle, letztere sind besonders 
duftig und mit viel Atmosphäre, wo sie Fiub und Auiand- 
schalten zeigen. Skizzen zur wBaiionfahrta sind Steno- 
gramme, Festhalten des Wesentlichen einer Landschaft. 
immer wieder sind es die Draufsichten, die Härte! uns 
zeigt. Das Land wird ausgebreitet und gewinnt dadurch 
an Weite und Offenheit. Es ist sicher kein Zufall, daß die 
nähere Umgebung seiner Geburtsstadt ihm gerade für ein 
solches Motiv Modell ist. 
Max Gangi ist Jahrgang 1946 und wurde In Mautern gebe 
ren. Er ist Bertoni-Schüier, was man auch an vielen seiner 
Arbeiten feststellen kann. Die Skulpturen aus Marmor, 
Holz, Metall und Serpentln sind geschlossene Formen, 
die die Große Mutter darstellen. Zu schon und glatt. kön- 
nen sie letzten Endes doch nicht recht überzeugen. Der 
Kopf aus Messing erinnert etwas an Piilhofer und die gro- 
ße Holzskulptur an Turba. (6. - 29. 11. 1980) - (Abb. 7) 
Galerie Ariadne 
Siegfried Anzlnger 
Der 1953 in Oberösterreich geborene Künstler ist einfalls- 
reich, hat einen sehr festen Strich und scheint auch Hu- 
mor zu besitzen. Viele seiner Bilder erinnern an Beschwö- 
rungen. da und dort erinnert er an Miro. Eine Reihe von 
Blättern, zu einem Friss vereint, gibt den bewegten Ablauf 
einer Woche wieder. Mit dem besonders schönen Blatt 
t-Seefahreru erreicht er eine weit über das Dargestellte 
hinausgehende Aussage. (11. 11. - 12. 12. 1980) - 
(Abb. 8) 
Junior Galerie 
Karl Anton Wolf 
Der bekannte Maler und Bildhauer zeigte Arbeiten der 
letzten 3 Jahre. Es waren wieder sehr großformatige (2 
Stück 300 x 500 cm) Öibilder (19) und aussageerfüilte Pia- 
stiken (14). in beiden Techniken ist es diese met 
te Weit, die den Künstler beschäftigt. ist bei dt 
ken meist der Pendel als Symbol der Zeit, der ur 
E.A. Poe bedroht, so wird in den großen Olbl 
Tanz der Fragmente zu einer bedrückenden, s 
der Farbe her quälenden Vision. Wolfs Formem 
hat sich verdichtet, konkretere Formen angenol 
sind Formen der Technik, Zahlen spielen immer 
ne Rolle, symbolisieren unsere Steilenwerte. (2 
28. 11. 1980) - (Abb. 9) 
Galerie Basiiisk 
Wolfgang Baminger 
Den Hauptteil der Schau bildet ein Zyklus, der 
Mappe, Siebdrucke, Auflage 20 Stück, vereinig 
nach Schnitzlers "Reigen" hauptsächlich Akte 
stark erotischen Szenen zeigt. in typisch Bamlr 
Manier, mit überzogenen Längen, wird uns St 
Station präsent. Bei einer guten Strichführung f 
Blätter von starker Spannung. Einige Bleistift: 
gen burgenländlscher Landschaften ergänzen 
(3. - 30.11.1980) 
Boris Rabinovich 
Der 1938 in Leningrad geborene Künstler ist ' 
griert. Er hatte bereits in der UdSSR an versc 
nnonkonformistischen- Aktionen teilgenommen, 
Designer einige Preise bekommen und im Wc 
schiedentlich ausgestellt. Die hier gezeigten Bl 
ner Mischtechnik sind von einer gedämpften F 
gezeichnet. Nur bei i-Fiorenzn werden die Tone 
bendiger. Bei dem Bild von Leningrad sammeir 
sonst leicht verschleierten Eindrücke zu festen 
stern. Es ist das einzige Bild, das ein wenig a 
Phantasten erinnert und damit viel von Rabint 
genständigkeit aufgibt. Der Mensch ist Träger e 
ke, immer wieder wird verwischt, verschleiert. in 
der drängt sich die Frage auf: Wer ist dieser? (3. 
1980) - (Abb. 10) 
Galerie Wolfrum 
Kurt Freundlinger 
Der Mensch ist das Hauptthema dieser Schau 
einmal die Zyklen der Aquarelle mit Federzelc 
Es sind bewegte Figurenreihen, Akte, in einer 
Strichmanier aneinandergereiht. Als i-Mensi 
schalten-r will sie der Maler gesehen haben. E: 
presslonen, unbestimmbar und locker. Die Ö 
grellen, überbetonten Farben zeigen uns meist Z 
Harlekinszenen. Der Mensch als Narr, der Ci 
Frau, traurig, enttäuscht, gequält. Die Farbe ist fi 
setzt, wo sie mehr will, verliert sie an Aussage. Ä 
gilt auch von den Landschaften, bei denen der i 
größeren Flachen arbeitet. Eines der besten Bild 
Füldßfnu; hier werden die Farben etwas verhalte 
wegter Hügeiu erinnert fatal en Hundertwasst 
24. 11. 1980) - (Abb. 11) 
Galerie im Theater am Schwedenplatz 
Walter Buchebner 
Bei dieser Gedächtnisausstellung des 1964, erst 
alt, freiwillig aus dem Leben geschiedenen Dici 
Malers waren ausschließlich Gouachen in eir 
Pinselführung zu sehen. Die schwarzweißen Bit 
ten sehr stark die Bedrückung des Künstlers au 
ren aber auch einige farbige Arbeiten, bei dem 
nern oder zwei kühnen Farbwischern ein befreie 
lühi zum Durchbruch kam. Ein schones Zeugni 
Action Painting im Wien der 60er Jahre. (15. - 
1980) 
Bernhard Kratzig 
17 Exponate, Öibilder und Graphiken, die eine g 
Auslese aus Kratzigs Schaffen zeigten, seine 1 
Fiächenteilung, das Neben- und Übereinande 
tungsschwangerer Figuren, die große Ironie ll 
und immer wieder ein sehr kraftvoller Hieb g 
Schießbudenfiguren der Unsterbllchkeiten. Ei 
stück ist sicher Frau Einzfs Gloriose (11. 11. - 
1980) - (Abb. 12) 
Salzburg 
Saizburger Landessammiungen 
Oskar Kokoschka 
Da das im Um- und Ausbau befindliche Gebäude 
pertinums- erst zum Sommer 1982 fertigges 
wird, hat der eine Teil der Saizburger Landes: 
gen, die Residenzgaierie, dem anderen Teil, als: 
dernen Galerie und Graphischen Sammlung Rup 
irn ehemaligen Bischofssaai der Saizburger 
gastllches Obdach zu einer wichtigen Ausste 
währt. Neun erlesene Hauptwerke Oskar Kokos 
wa die wDolomltenlandschaft Tre Croci- aus di 
lung Leopold, das wSelbstbildnis an der Staf 
Dresdner Zeit aus der Sammlung des Neffen d 
iers oder der ebenfalls aus Privatbesitz stamme 
llge Sebastian mit dem Engeiu, sind das geistige
	        
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