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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVI (1981 / Heft 176)

  
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1 E.T.A. Hoffmann: "Die Exorcisien. Der Teufei, welcher Bleistift und Pinsel; als kolorierter Kupfersiich anonym 2 E.T.A. Hoffmann: "Die Dame Galiia bezahlt, nachdem 
die Dame Gallialangebesessemwird durchverbündete bei Baurngärinev in Leipzig erschienen. - Original sie genesen, ihren Arzten die Rechnung," _ 14. bis 
Kraf1 endlich ausgetrieben, und fährt in die Gergesener 1921 noch im Besiiz des Stadtgeschichilichen Mu- 16. März 1814, Leipzig. (Sonstige Angaben wie zu 
Heerden." 7 5.-7. März 1814, Leipzig. - Original: seums zu Leipzig; heute verschollen. Abb. 1) 
Schlagen mit der viel zu kurzen Peitsche nach dem 
geflügelten Teufel Napoleon als schwerfäiiig hin- 
gestellt. 
Bemerkenswert ist, daß nicht Napoleon selbst als 
Hauptfigur des Bildes dasteht, wie es in den mel- 
sten Karikaturen dieser Zeit üblich ist. Die von 
Hoffmann idealisiert dargestellte Dame Gallia 
nimmt diesen Platz ein. Der Teufel Napoleon ver- 
schwindet in seiner Kleinheit nahezu auf dem 
Bild. 
Links unten im Hintergrund zieht eine Truppe von 
Schweinen, die auf ihren Köpfen Generalshüte 
bzw. Bärenfelimützen tragen, wie sie auch die 
französischen Gardisten hatten. Hier zeigt sich 
ein sonst im Bildgeschehen kaum laut werdender 
beißender Spott des ZeichnersDiese Schweine- 
herde befremdet den heutigen Betrachter etwas; 
er fragt sich nach dem tieferen Sinn der Darstel- 
lung. Dieser ist in einem Detail der das Bild erklä- 
renden Unterschrift zu finden, worin es heißt, daß 
der ausgetriebene Teufel in die nGergesener Heer- 
denu fährt. Die "Allgemeine Encykiopädie der Wis- 
senschaften und Künsten von Ersch-Gruber gibt 
dazu folgenden Hinweis: 
im Neuen Testament berichten Matth. 8,28, Marc 
5,1 und Luc. 8,26 von folgendem Geschehen, das 
sich in der Gegend von Gadarat-Gergesa) im Ost- 
iordaniand zugetragen habe: Eine Herde Säue 
stürzte sich, getrieben von den aus zwei Besesse- 
nen auf Christi Wort ausfahrenden Dämonen, in 
das nahe Wasser (: das gaiiläische Meer)! 
Es ist hier also von Hoffmann ein neutestamenta- 
rischer Bericht ins Zeitgeschichtliche übertragen 
worden bzw. ein Stückchen Weltgeschichte wurde 
von ihm umythologisiertti. Anzunehmen ist, daß 
den Menschen des beginnenden 19. Jahrhunderts 
diese Erzählung aus dem Neuen Testament geläu- 
figer war als sie es heute ist. 
Derselben Szene bediente sich im übertragenen 
Sinn bereits der englische Karikaturist James Gill- 
ray (1756 - 1815) bei seiner die englischen Richter 
angreifenden satirischen Zeichnung „The Pigs 
Possessedu (Abb. 6) vom 18. April 1807." Hier 
stürzt sich eine Herde von Schweinen, denen die 
Köpfe der wWigsu (Perückenträger) aufgesetzt 
sind - angetrieben von ihrem Hirten -, über ei- 
nen steilen Abgrund in das Meer der ewigen Ver- 
dammnis. 
Daß Hoffmann Karikaturen von Gillray gekannt 
hat, geht u.a. aus einer Stelle seines Briefes an 
den Freund Hlppel vom Frühjahr 1803 hervor. Dar- 
in berichtete der nach Plock nVerbannteu dem 
Freund von der Karikaturenaffare in Posen, die 
seine Versetzung veranlaßt hatte: 
n. .. ich mag die teuflische Geschicklichkeit womit 
man mich zum Werkzeug jener ausgedachten Ra- 
che machte gar nicht berühren, indessen so viel 
iaß Dir gesagt seyn, daß der wirkliche Hergang der 
Sache eine Ansicht giebt die gewiß niemand er- 
wartet, - So viel von der famosen Giiirayade! - 
...((9 
Wenige Tage später entstand das Blatt "Die Dame 
Gallia bezahlt, nachdem sie wieder genesen, ihren 
Ärzten die Rechnung-t (Abb. 2). 
Gallia steht als große, schöne Dame in der linken 
Biidhäifte vor ihrem Stuhl. Sie ist wie auf dem vori- 
gen Blatt gekleidet. Umgeben wird sie von acht 
Soldaten, an die sie Geschenke verteilt. So sieht 
man rechts im Vordergrund den Österreicher vor 
seinem Korb hocken, aus dem symbolisch Häuser 
und Kirchtürme ragen. Auf dem Korb steht zu le- 
sen: nTriest, Fiume, Gallizienu. Dahinter steht der 
Preuße, ebenfalls mit einem vollen geflochtenen 
Korb, der die Namen nWestphalen, Danzigu trägt. 
Er verjagt aus seinem Korb zahlreiche Bienen, die 
kraftlos zu Boden sinken. Mit diesen Tieren soll 
der Feind Napoleon symbolisiert werden, der nun 
keine Macht mehr über diese Gebiete auszuüben 
vermag. Napoleon hatte sich der Biene als Em- 
biem bedient in dem Bestreben, für sich ein der 
Bourboneniiiie entsprechendes und an die alte 
Tradition anknüpfendes Symbol zu finden. Auch 
die Bourbonen selbst hatten dieses Zeichen ver- 
wendet. Die nBieneu geht auf Chiiderich I. (T481) 
zurück, in dessen Grab in Tournai über 300 golde- 
ne Bienen gefunden wurden, die wahrscheinlich 
seinen Mantel und auch das Zaumzeug seines 
Pferdes schmückten." 
Links von Österreicher und Preußen tritt der Eng- 
iänder, ein großes Linienschiff mit der dreifarbi- 
gen Flagge unter seinem linken Arm, der Dame 
Gallia stolz entgegen und fordert einen nfreien 
Handel-lt. Von den fünf im Hintergrund sich befin- 
denden Soldaten hebt sich links der Russe etwas 
ab: er lehnt, den Kopf in seine linke Hand gestützt, 
am Lehnstuhl der Gallia und wartet geduldig auf 
seinen Anteil. Auch hier hat Hoffmann wieder mit 
leichter Ironie das etwas langsame, behabige We- 
sen dieser Nation gut getroffen. 
Links vorne steht noch ein weiterer Korb, angefüllt 
mit Kanonen und Standarten. 
im Hintergrund schwebt über die rechte Biidhaifte 
eine Fahne mit den bunten Bändern der verbünde- 
ten Nationen; auf die Fahne ist das Prinzip der 
Verbündeten, "Concordiait, geschrieben. Anson- 
sten bieibt der Hintergrund völlig leer. 
Diese Karikatur lehnt sich im Stil stark an die vor- 
angegangene an. Das erste Blatt hatte sich gut 
verkaufen lassen, und so sah der Zeichner keinen 
Aniaß zu formalen Änderungen. Er stellte seine 
Karikaturen damit in die Reihe der damals "gängi- 
gen" Blätter und unterlag notgedrungen einer ge- 
wissen Stereotypie. 
in einem Blatt bricht jedoch Hoffmanns persönli- 
cher Stil deutiich hervor; es tanzt sozusagen aus 
der Reihe der etwas gleichförmig anmutenden Ka- 
rikaturen der Zeit. Gemeint ist die Darstellung der 
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