2 Carl Schlickum, wAnsicht von Wetter an der F
1841. In einem Stahlstich von H. Winkies, 9,9 x 15,
Münster, Westfälisches Landesmuseum
3 Carl Schlickum, "Ansicht von Weiter an der F
1872. In einem Stahlstich von C. Mayers Kunstar
9,8 x 14,8 cm. Hatiingen, Heimatmuseum
Textilwerke Herrburger St Rhomberg und ist um
1850 entstanden (Öl auf Leinwand, 48 x 63 cm, Pri-
vatbesitz, Dornbirn). Die Spinnerei - der linke
Trakt wurde 1810112 erbaut, der rechte 18201 - ist
mit Ausnahme des fehlenden Schornsteins topo-
graphisch exakt wiedergegeben und bildet den
Mittelpunkt des Bildes. im Vordergrund sehen wir
auf einer leichten Anhöhe eine Frau - dem Be-
trachter den Rücken kehrend - mit drei Kindern;
rechts von dieser Gruppe zwei Knaben, einer auf
einem weidenden Pferd sitzend, daneben, das Bild
rahmend, eine dominierende Baumgruppe mit rei-
chem Blattwerk. Als Gegenstück dazu links lich-
tes Astwerk, auf einem geknickten Ast ein Knabe
mit einer Hacke sitzend, daneben ein stehendes
Mädchen. Die beiden Baumgruppen geben die
Sicht frei - dem Blick der Frau im Vordergrund
folgend - über die Fabrik und die sie umgeben-
den Häuser hinweg auf das Rheintal, welches im
Dunst der Ferne von einer Gebirgskette, die paral-
lel zur Fabrik durchs Bild zieht, abgeschlossen
wird. Mehr als die Hälfte des Bildes nimmt ein von
Wolken bewegtes Firmament ein, das rechts
durch die Baumgruppe zum Teil verdeckt wird.
Das Bemerkenswerte der Darstellung zeigt sich
einerseits im Fehlen charakteristischer Industrie-
attribute, wie rauchende Schornsteine, anderer-
seits in der Venuendung der Figurengruppen im
Vordergrund als Staffage ohne jegliche Beziehung
zum Thema des Bildes, eben einer Fabrikanlage.
Dem Betrachter wird eine idyllische Atmosphäre
geboten, für die Funktion der Anlage gibt es keine
äußeren Merkmale. Spielende Kinder als Staffage-
figuren für eine Fabrik, in weicher - zu dieser Zeit
durchaus üblich und allgemein anzutreffen - vor
allem Kinder und Frauen Beschäftigung fanden,
sowohl tags als auch nachts. Kreishauptmann Eb-
ner schreibt in seinen Aufzeichnungen über die
Spinnerei Juchen: "Die Verwendung so vieler Kin-
der... sah ich wahrlich sehr ungern, da ihre mora-
lische und besonders ihre physische Bildung not-
wendig dabei leiden muß. Es ist ein widriger An-
blick, die armen Kinder eine ganze Tag- oder
Nachtschicht, und zwar bei dem heftigsten Ölge-
3
ruche gleichsam an eine Stelle gebannt zu st
was wenigstens ihrem körperlichen Gedi
sehr hinderlich sein mußßr"
Diese Darstellung von Johann Kaspar Rick
für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts als
rakteristisch für lndustriedarsteilungen bez
net werden: Ein einziges Fabrikgebäude wl
die Landschaft gestellt, Staffagefiguren t:
den Vordergrund, jeder Hinweis auf die Vei
dung des Objekts oder gar auf arbeitende
schen wird vermieden. Mit großer Wahrscheil
keit kann angenommen werden, daß wir ein
tragswerk der Fabrikbesitzer vor uns haben. l
zuletzt die Tatsache, daß es sich um ein Ölgi
de handelt, läßt darauf schließen.
im folgenden werden anhand von fünf Vergle
beispielen oben erwähnte Thesen bekräftigt
soll auf weitere Gesichtspunkte des lndustri
tivs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert:
gewiesen werden.
Daß die "malerische Vergegenwärtigung der
zeitlichen Industrie und Technik in ihren A
gen weitgehend an Stille und Tradition der l
schaftsmalerei gebunden (war)u', zeigt nebe
Darstellung der vSpinnerei Juchen:: von J. K.
auch die "Ansicht von Wetter an der Fiuhri
Carl Schlickum aus dem Jahre 1841." Aucr
wird dem Betrachter eine idyllische Atmos;
geboten. im Vordergrund des Bildes, am Ufe
beinahe diagonal durchs Bild ziehenden Flut
gern Personen, andere gehen ihrem Fischerl
werk nach. Zwei den linken Bildrand begrenz
Baume bekräftigen dieses friedliche Idyll.
sanft sich erhebenden Hügeln werden jen
des Flusses eine Kirche, daneben die Burg wi
gegeben. Für die Venivendung dieser Anlag
Fabrik gibt es keine Hinweise. Wir haben der
druck einer verfallenden Festung mit Wohr
Rundturm und Wirtschaftsgebäuden. Selbst
als dreißig Jahre später, 1872, wird die inzwis
nicht mehr zu verleugnende lndustrieanlag
dieselbe Staffage hineingestellt. Hauch
Schornsteine stehen in einem eigenartigen Vl
Spruch zu den friedlich lagernden Figurengru
im Vordergrund. Dieser Widerspruch wird u
deutlicher, als Carl Schiickum seine Archits
gruppe eindeutig als Fabrikanlage ausgibt,
dings ohne sich kritisch mit den Auswirku
technischen Fortschritts auseinanderzusetzi