Aus Sprangers mythologischen Werken wird uns
der Geschmack des Kaisers offenbar. Er liebte die
Darstellungen nackter Götter und Göttinnen in ih-
ren so vielfältigen Liebesbeziehungen und ihren
allegorischen Sinngebungen.
Das Aussehen der Räume der Kaiserburg auf dem
Hradschin liegt im Dunkeln. Große Teile der künst-
lerischen lnventarien sind anscheinend nach Ru-
dolfs Tod 1612 nach Wien gelangt. Ein Inventar
der Prager Schatzkammer" vom 6. Dezember 1621
nennt noch 26 Gemälde Sprangers. Nach großen
Verlusten - vor allem durch die Schweden -
sind in einem Inventar vorn 8. April 1718 nur mehr
zwei Bilder Sprangers verzeichnet.
Es fällt auf, daß die großformatigen Hauptwerke
in Wien und Graz (vVenus und Adonis-i, "Triumph
Minervensu, "Venus und Vulkanusn, nMars und Ve-
nusn, i-Ceres, Bacchus und Venusu) eine fast ein-
heitliche Höhe um 165 cm im Hochformat aufwei-
sen. Sie konnten somit aus derselben Raumaus-
stattung einer kaiserlichen Suite stammen. Das
neugefundene breitformatige Werk mit 155 mal
6
178 cm ist fast gleich hoch. Es könnte als Mittel-
stück zwischen zwei Hochformaten gedacht wer-
den. Die Neuentdeckung weist das größte Format
unter Sprangers mythologischen Gemälden auf
und wird in seinem Werk nur mehr durch die Größe
einiger Altarblätter übertroffen.
Der Gedanke einer derartigen Einfügung In das
Prager Ensemble liegt nahe, er bleibt jedoch Hy-
pothese, Vermutung. Aus der Herkunft des Bildes
ist angesichts eines mehrfachen Besitzwechsels
keine historische Provenienz mehr nachweisbar.
Diese "Fesselung Merkurs durch Amor auf Venus'
Geheiß" ist sowohl wegen ihrer künstlerischen
Qualität als auch wegen ihrer imposanten Maße
als ein Hauptwerk Bartholomäus Sprangers anzu-
sehen. Das Werk lenkt In seinen kulturhistori-
schen Assoziationsn unseren Blick wiederum auf
die rätselvolle Gestalt Rudolfs, des nsaturni-
schenu", erfolglosen Kaisers, der sich mit Schön-
heit umgab - auf den MISUBD Hermes Trismegi-
stosii, die Weisheit, die sich der Liebe Fesseln
beugt - i-sapientia cedit amoriii.
9 Bartholomäue Spranger, nVenus in der S
Vulkanu. 0lILeinwand, 140 x 95 cm. Wien,
sches Museum, lnv. Nr. 2001. Aus der Kuns
dolfs ll. Spätwerk
Anmerkungen 17, 18
u Die ungenauen Beschreibungen dieses Inventar
Schlußtolgerungen dahin gehend zu, daß sich d
Werk darunter befand. Eines der Gemälde wird
i-Mercurlusk bezeichnet. Jahrbuch des allerhöchs
ses, XXV, herausgegeben von H. Zimmermann.
" Schwarzenleld, wie Iirlm, 2, S. ZH.