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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVI (1981 / Heft 177)

Dora Heinz 
Wiener Stickereien des 
8. Jahrhunderts und 
ihre Vorlagen 
im Besitz der Schottenabtei in Wlen sind Werke 
der barocken Stickkunst erhalten geblieben, die in 
mehr als einer Hinsicht besonderes Interesse be 
anspruchen dürfen.' Erstklassig in der Ausfüh- 
rung wie im Erhaltungszustand, bieten sie ein für 
die Zeit ihrer Entstehung ungewöhnliches und rei- 
ches lkonographisches Programm und gestatten 
es zudem, manche Fragen, die bei der genauen 
Bestimmung von Werken des Kunsthandwerkes 
oft offenbieiben müssen, zu beantworten: die Fra- 
ge nach der Herkunft der Vorlagen für die Bilddar- 
stellungen sowie die nach den Ausführenden der 
Stickereien. 
Von Abt Carl Fetzer(1705 - 1750), in dessen Regie- 
rungszeit das Schottenstift zu besonderer Blüte 
gelangte} wurde auch die Sakristei der K he Un- 
serer Lieben Frau zu den Schotten mit zahlreichen 
neuen Ornaten ausgestattet. An erster Stelle un- 
ter diesen steht der Benedictusornat, der unveran- 
dert und - abgesehen von den Antependien - 
vollständig erhalten ist. Er umfaßt 2 Pluviale, 2 Ka- 
sein, 4 Dalmatiken sowie die entsprechenden klei- 
neren Stücke. Das Inventar der Sakristei aus dem 
Jahr 1738 verzeichnet ihn mit den Worten nEin mit 
Gold, Silber und verschiedenen Farben, Blumen 
und Figuren künstlich genäter Ornat desgleichen 
selber Zeit, id est Anno 1738 in ganzer Wienstadt 
nicht zu ersehen war" und dem Zusatz "Dieser 
kostbahr und herrliche Ornat ist von unseren Gna- 
digen Herrn, Herrn Abbten Carolo Fezer verschaf- 
fet wordenuß 
Die reiche Ausführung der Stickerei und das um- 
.fangreiche Bildprogramm lassen diese stolze Ein- 
tragung begründet erscheinen, obwohl zu dieser 
Zeit der Ornat keineswegs das einzige große 
Stickereiensemble in Wiener Kirchenbesitz war. 
Abgesehen von Werken wie dem Breunerornat von 
1649 in St. Stephan mit seiner prachtvollen Hoch- 
reliefstickereif wären als Paramente mit Bild- 
schmuck vor allem der sog. Mod aornat im Kio- 
ster der Heimsuchung Mariae, den die Prinzessin- 
nen von Modena 1727 dem Kloster schenkten} 
und der dem Benedictusornat in seiner Gesamter- 
scheinung und Ausführung nahestehende Ornat 
in St. Stephan zu nennen, den die Kaiserin Eleono- 
re Magdalena 1697 gestiftet hatte." Diese über- 
trifft der Benedictusornat durch seinen Bilder- 
reichtum und sein spezielles Programm. 
Den gesamten Grund der Gewänder bedecken in 
kleinen Rauten niedergenähte Goldfäden, darauf 
entfaltet sich eine schwungvolle Dekoration aus 
silbereingefaßten Bändern, gebogenen Zweigen 
und Blättern und bunten Blumen in reichschattier- 
ter Petitpointstickerei. in den Hauptfeldern bilden 
die geschweiften und gebrochenen Bänder Rah- 
men für figurale Szenen. Ausgehend von den Bil- 
dern der Dalmatiken, bietet sich hier ein für das 
18. Jahrhundert ganz ungewöhnliches ikonogra- 
phisches Programm. Die acht Bilder der Dalmati-
	        
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