dentliches Zeigen des fertigen Bildes in München
und rechtfertigt diesen Aufpreis mit der einmali-
gen Wirkung des Blattes auf die Betrachter. Von
den Ausfuhrschwierigkeiten ist hier nie die Rede.
Zum Zeitpunkt des 17. August 1694 scheint das
Blatt noch in München gewesen zu sein, muß aber
im selben Jahr noch Göttweig erreicht haben.
Denn von diesen zusätzlich und nachträglich noch
eingeforderten 600 fl. erhält Wolff schließlich 1694
doch 300 Gulden, so daß für das Altarbild eine
Endsumme von 1400 fi. an Stelle der geforderten
1700 Gulden bezahlt wird. Dies weist die i-Ambts
Raittungw des Jahres 1694 für Göttweig" aus. Hin-
zu kommen noch zusätzlich anfallende Spesen,
die, ebenfalls von Göttweig getragen, in denselben
Rechnungsbüchern" aufscheinen: für Transport
und Verpackung der Fracht, für Ausreisegenehmi-
gung und für den Mautner zu Stein an der Donau.
Die ursprüngliche Farbigkeit des Göttweiger Al-
tarblattes ist heute durch den überrestaurieren-
den Eingriff von 1728 des in Göttweig tätigen Gur-
hofmalers Johann Samuel Hötzendorfer beein-
trächtigt. Durch Nachdunkein des Firnisses er-
hielten vor allem Lichter und Weißpartien einen
Braunschleier, der die Blaupartien isoliert. Vom
20. Mai 1822 haben wir anläßlich einer geplanten
Restaurierung des Hochaltarbildes einen BriefZI
von P. Odilo Klama (1779-1858) an Abt Altmann
Arigler (1812-1846) nach Wien. Demnach zeigte
das Bild bis über die untersten Figuren hinauf 3
große Löcher von 3 Zoll Breite und ebensolcher
Höhe, jedoch schlecht verkittet. Auch das Ultra-
marin des Mantels ist gänzlich aufgestanden. Zu-
dem müßten lVz Zoll dicke Pfosten hinten vom
Keilrahmen weggenommen und 7- bis 9zöllige Nä-
gel gezogen werden, was den bereits morschen
Altar erschüttern konnte. Weiters kommt hinzu,
daß sich ein Restauratorenehepaar für die Arbeit
angeboten hat. Die Unterbringung der Frau in der
Klausur ist schwierig, es bestehen auch Zweifel
an der Qualifikation der Restauratoren. Interes-
sant ist in diesem Zusammenhang, daß die Frau
des Restaurators die Kupfersammlung des Gra-
phischen Kabinetts" In nContribution setzenii
will. Die Restaurierung des Altarblattes durch die-
ses Ehepaar unterbleibt schließlich.
Als dritte Archivalie muß ein Briefentwurf des neu-
gewählten Abtes Berthold Mayer vom 15. Septem-
ber 1689 angeführt werden. Er enthält eine um-
ständliche Mahnung des Abtes an Wolff nach
München und drängt zur Lieferung des von sel-
nem Vorgänger bestellten Altarblattes. In diesem
Schreiben ist nun ausdrücklich von zwei Altarbil-
dern die Rede, wobei eines für den Stifter Gött-
weigs, Bischof Altmann von Passau, ausgewiesen
ist, aber in der Ausführung abgewiesen wurde.
Abt Berthold erwähnt zudem, daß er auch in Nie-
derösterreich bereits "ein unsterbliches Lobu auf
den Meister und das Bild vernommen hätte und ur-
giert die Lieferung auf dem Wasserweg nach
Stein. Überdies will er in den Residenzen zu Wien
und München in dieser Angelegenheit vorstellig
werden. Das Schreiben vermerkt am wlncipitu von
anderer Hand nachträglich eine weitere Monitio
an den Maler Wolff vom 2. Juli 1693, wo Abt Bert-
hold ihn nhierumben widerumben angemahnetrr
hat. Vermutlich steckt hinter diesen beiden
Schreiben nicht nur die Bekräftigung des Auftrags
unter dem neuen Abt Mayer, sondern auch die Tat-
sache des Interesses Kurfürst Max Emanuels an
diesem Werk und die damit zusammenhängende
Lieferungsverzögerung. Wenn das Göttweiger AI-
tarblatt die Datierung von 1694 trägt, doch schon
1689 eine erste Lleferungsmahnung an Wolff er-
gangen ist, wobei die Verzögerung hauptsächlich
euphemistisch auf Dizents Ableben bezogen wird,
und auch die Nachricht von der Vorzüglichkeit des
Bildes bereits durchgedrungen ist, dann muß bei
der langsamen Malweise Wolffs der Arbeitsbe-
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ginn mindestens für 1688 schon postuliert wer-
den.
Damit läßt sich auch der Bezug des 2. Altarbildes
auf den vierpaßförmigen Oberteil mit Gottvater
und Hi. Geist über dem Assumptio-Blatt nicht
mehr aufrechterhalten, denn hier taucht zum er-
sten und einzigen Male der Hinweis auf ein Alt-
manni-Biatt auf, dessen Ausführung abgewiesen
worden sein soll. Ob es für den Stifteraltar oder
für den Hochaltarauszug geplant war, läßt sich
nicht festlegen. Auffallend ist jedoch die Überein-
stimmung des Anschaffungsjahres des Altmanni-
Schreines aus Augsburg mit dem Fertigungsjahr
1689. Damit ist das Hochaltarblatt-Projekt von
Wolff eines von mehreren zeitgenössischen Um-
gestaltungsprojekten des Abtes Johannes V. Di-
zent.
Vergleicht man die erdgebundene Gruppe des
Hochaltarblattes in Göttweig mit der Münchner
Wolff-Zeichnung, so fällt im Gegensatz zur Ma-
donnengruppe weitgehendere Übereinstimmung
auf. Die aufsteigende Staffelung der Apostelkopfe
um den Wannensarkophag wiederholt sich, durch
Gesten angereichert, am Altarbiatt. Der ins Grab
Blickende der Zeichnung ist als Rückenfigur zum
Deckeistemmer geworden, der aus der rückwärti-
gen Gruppe heraus Assistenz erhalt. Die Apostel
sind gegenüber der Zeichnung mit mehr Frauen-
gestalten durchsetzt. im Bildvordergrund ist als
Mittelfigur der ins Grab schauende Johannesjün-
ger als Kniefigur und Bindeglied zur linken Bild-
gruppe hinzugekommen. Diese, durch Tiefenbiick
erweitert, wird auf den Apostel Petrus reduziert,
der mit demonstrativem Zelgegestus auf das Wun-
der verweist. Dadurch wird die etwas unbeholfen
wirkende Mauer der Entwurfszeichnung, die nur
als Repoussoir diente, eingespart.
insgesamt spricht in der Ausführung der BiIdhin-
tergrund wesentlich dramatischer mit, was durch
ein Weggehen von der Kulissenhaftigkeit der Ent-
wurfszeichnung bedingt ist. Zudem entsteht im
Bild ein größerer Freiraum zugunsten der Aktion
der Gruppen und Steigerung der Theatralik. in die-
sem Zusammenhang muß eindeutig der Einfluß
von Federlco Barocci apostrophiert werden, abzu-
lesen an der betonten Linienkonsonanz und den
sich kreuzenden Diagonalen der Bildmitte. Diese
verschiedenen Vertikalen und Diagonalen stoßen
die himmelan schwebende Gruppe um Maria gera-
dezu von der Erde weg nach oben und intensivie-
ren damlt den Hochdrang der auffahrenden Engel.
Die Llchtführung verfolgt dieselbe Absicht, wenn
die Auffahrtsgruppe sich wie ein Wolkenschatten
auf die irdische Aposteiszene legt. Die konse-
quenteste Ausgestaltung erfährt dieses Thema
schließlich im Seitenaitarblatt zu Waldsassen
1708.
Stellt man, um für das Altarblatt Wolffs eine Iden-
tifizierung und Zuordnung der Zeichnungen und
Klärung Ihrer Abfolge herbeizuführen, die bisher
unbekannten Archivalien aus Göttweig in den Mit-
telpunkt, so fällt auf, daß sie dahingehend gegen
jede Erwartung alles andere als gesprächig sind.
Wäre eine Formatvergrüßerung unter Dizent vor-
genommen worden, hätte Wolff gerade diese Tat-
sache bei der zusätzlichen Honorarforderung von
600 fl, welche ihm versprochen waren, als schla-
gendes Argument verwenden können. Eine Forma-
tänderung des angeführten Münchner Schuhs auf
nahezu die doppelte Anzahl konnte nur unter Abt
Johannes Dizent erfolgt sein, ansonsten wäre sie
bei Berthold Mayers Monitio sicherlich aufge-
schienen. Auch ist ja die vereinbarte Summe zu-
nächst gleichgeblleben und die nachträgliche
Aufzahlung auf 1400 fi aus Gründen der Bedeu-
tung des Werkes als versprochen eingefordert
worden. Auch hier hätte in der Quittung vom
17. August 1694 die Formatänderung als Begrün-
dung Erwähnung finden müssen.
Bei der Entwurfszeichnung inv. Nr. 236 München,
Staatliche Graphische Sammlung, sprechen ge-
gen die ldentifizierung mit dem Göttweiger Hoch-
altarblatt einmal die Maßangaben Wolffs am Bild-
rand, ferner die Auffahrtsgruppe um Maria in der
oberen Bildhälfte und das Vierpaßbild im Auszug
mit Gott Vater. Lediglich die Apostelgruppe im ir-
dischen Bereich hat beachtliche Parallelen. Auch
wenn in Rechnung gestellt wird, daß die Inschrift-
kartusche des Hochaltars über dem Altarbild zu-
sammen mit der Neupostierung der Flankenfigu-
ren der Heiligen Papst Gregor und Bischof Alt-
mann von Passau sicherlich wegen ihres ausge-
prägten Knorpelstils ehestens in das Fassungs-
jahr 1686 durch Johann Bernhard Grabenberger
paßt, kann dieselbe nicht als Ersatz für das
Gottvater-Bild Wolffs aus Plazierungsgründen in-
nerhalb der Hochaltararchitektur angesehen wer-
den. Aus anlagetechnischen, maßstäblichen und
archivalischen Gründen kann eine Identifizierung
dieser Zeichnung mit Gottweig nicht mehr auf-
rechterhalten werden, ebenso wie dies für die inv.
Nr. 30163 in München zutrifft. Die Kölner Feder-
zeichnung hingegen, die Waagen nicht kennt,
kann nur mit Göttweig in Zusammenhang stehen,
da sie schon vom Format und der reichfigurigen
Auffassung ihrer Komposition her der Göttweiger
Fassung am ehesten benachbart erscheint.
Gleichwohl ist auch diese in ihrer Großzügigkeit
zurückgenommen worden, um die irdische Sphäre
der Apostel nach Art des Münchner Blattes mit
hereinzunehmen. Dieses Zwischenstadium als
Vereinigung des Kölner und des Münchner Blattes
muß Postulat bleiben, es sei denn, die Handzeich-
nung der Graphischen Sammlung der Bibliothek
zu Aschaffenburg, inv. Nr. Z. I. 62, hätte dieses
beinhaltet. Diese Zeichnung hatte laut Waagen
c. 1 das Format 33 crn Höhe x 22 cm Breite, war
auf 1694 datiert und als lavierte und kolorierte Fe-
derzeichnung ausgeführt, die auf der Rückseite
der Himmelfahrt Mariä - Darstellung Gottvater
mit Engeln brachte. Doch seit 1932 ist diese Zeich-
nung durch Diebstahl verschollen. Die beiden an-
deren Himmelfahrtszeichnungen Wolffs (Waagen
Nr. c 3, 4) im Augsburger Maximilian-Museum, inv.
Nr. 317, 318, haben mit Göttweig keinen Zusam-
menhang, auch stellen sie um 1700 bereits eine
andere Stiistufe Wolffs dar. Wenn Waagen die
Münchner Zeichnung Nr. 236 als zeitlich erste be-
zeichnet, in der "der blockig-wuchtige, unverzierte
Sarkophag fast parallel zur Bildfläche in den Vor-
dergrund gerückt" ist, dann dürfte dies der Kölner
gegenüber durchaus zutreffend sein. Sie jedoch
im Zusammenhang mit dem Göttweiger Blatt auf
die Zeit vum 1694i- anzusetzen, entbehrt jeglicher
Stringenz, denn laut Quittung könnte sie genauso
und mit mehr Wahrscheinlichkeit schon auf 1688
festgesetzt werden. Ein Vergleich des Kölner Blat-
tes mit dem lnnsbrucker Thaddäus-Entwurf läßt
einen Entstehungszeitraum um 1685 bis 1694 of-
fen, wobei vom Göttweiger Hochaltarblatt her
eher die Jahre kurz vor 1694 in Frage kämen. Doch
hat kaum eine Skizze Wolffs die Konzentration
und Ausgewogenheit seiner Tafelbilder, was
durch die biographische Feststellung erhärtet
wird. Danach gingen seinen Tafelbildern vielfälti-
ge Skizzen voraus, die dennoch häufig hinter dem
fertigen Gemälde zurückblieben, was für die Le-
bendigkeit, den Einfallsreichtum und die Leiden-
schaftiichkeit des kurfürstlichen Hcfmalers Jo-
hann Andreas Wolff von München spricht.
Anmerkungen 20- 22 (Anm. 19 s. S. 30)
I" Ambis Raliiung Gbttwelg 1es4, fol. 60'. wUrnb dem Verschlag zu
elnmahunq angezogenen Altar Plots, und selbiges zum Wasser
Zu bringen außgezalt 2 ll. 7 Gr. 24 Kr. IWegen euswürckhung deß
Reis Paß Dlscretiorr und Tex blalt 9 fl. 4 Gr. I Dem vorn Herrn
Maullner zu Stein wegen GISSS PIBIS bestellen Sollicitator We-
gen selner selth 6 Jar hero gehable bewirkhung 6. Specle Zins-
gelt geben. 12 II.-
" GA- HIXVI - 5512.
" Obwohl besonders Abi Altmann Arigler als Förderer der Graph.
Sammlung bekennt ist.