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Blick über die Dächer
von Rom bei Sta. Marla delta Pace
wBIack Bucku
London Bridge (before Demolltton)
Marianne von Werther mit
Hofrat DDr. Gerharl Egger m der
Ausstellung Im Osterreichischen
Museum für angewandte Kunst.
Wien 1977
Tower Brldge
Die Piazza Nevona mit äanrAgnese
Reiterfigur des Marc Aurel
auf dem CapItDl in Rom
Marianne von Werther
Eine Künstlerin wie Marianne von Werther FtBA in "klei-
nem Form zu profilieren, wie hier, ist nicht leicht. Den-
noch, ihr ursprüngliches vom starken Willen zur Vervoll-
kommnung drangendes Talent der eigentlichen Autodi-
daktin, tritt zutage. Ihr Leben sieht sie knapp so:
nKindheit am Land _ Hohenau; glückliche Freiheit im Fa-
brlkshof mit meinem Bruder. Erst wie der ins Gymnasium
gehen mußte, ist die Familie nach Wien übersiedelt.
Sechzehnjahrig - Frauenakademie (Prof. Friedrich) mit
einer kurzen Unterbrechung als Privatschülerin von L.H.
Jungnickel, der mich lebenslänglich beeinllußt hat, für Li-
nie und Flächenwirkung auch noch, als ich von der Tier-
zeichnung zur architektonischen gewechselt hatte. Ab
dem 19. Lebensjahr war ich vier Jahre krank, dann habe
ich geheiratet. Nach weiteren vier Jahren bin ich durch
Reisen und Aufenthalte in Ägypten und Kairo zur Agypto-
logie gekommen. Anschließend Tätigkeit am Institut für
Ägyptologie und Afrikanistik in Wien bei Professor Ozer-
mak. Nach 1938 bin ich nach London übersiedelt. Wäh-
rend des Krieges Interpreterlür belgische Flüchtlinge und
später britisches Rotes Kreuz bis Krregesende. Das einzi-
ge Zeugnis meiner Aktivität als Zeichner war ein Ochs im
Fabrikshol in Hohenau.
Angeregt von einem Freund hier, habe ich das Bild in die
Ausstellung der Royal British Artists geschickt, was
schließlich mit meiner Wahl als Ftoyal British Artist geen-
det hat (1943). Ich stellte weiters in den namhafteren Kol-
lektivausstellungen, wie Royal Academy, New English Art
Club, Lord Mayor's Award, Britain in Watercolour, aus,
und meine Arbeiten sind auch während der letzten zehn
Jahre in einer privaten Galerie ständig ausgestellt. An-
käufe öffentlicher Institutionen, wie: Guildhall London,
London Museum, West cf England Academy, Albertina
und Österreichisches Museum für angewandte Kunst,
Wien, und ähnliche. Plätze meiner Aktivität waren Ftorn,
Wien, London, Indien, Marokko und Mexiko."
Das künstlerische Herkommen von Marianne von Werther
ist nicht unmittelbar von einem Lehrer abhängig, wenn
auch Jungnickels Einfluß in vielem bei ihr zu spüren ist.
Ihre eigentlichen "Lehrern aber sind in der Kunst des
18. Jahrhunderts zu suchen, es sind dies die Werke von
Guardl und Piranesi. Bei Guardi ist es der Impressionis-
mus seiner Stadtansichten, der aus ihren Bildern zu spü-
ren ist, bei Piranesi die persönliche Objektivität seiner Ar-
chitekturbilder, die sie wohl so fasziniert haben, daB sie
an ihnen lernte und es Piranesi in vielem gleichzumachen
versuchte. Wohl dieser italienischen Ahnen wegen gelan-
gen ihr die römischen Veduten so besonders gut. in der
Gesamtstimmung aber ist ihr künstlerischer Höhepunkt
in den Londoner Bildern zu finden,
Alle ihre Bilder verraten höchste Einfühlung in das Gese-
hene. Man sieht die Künstlerin vor sich, wie sie unbeküm-
mert um alles, was sich um sie herum abspielt, stunden-
lang an einer Stelle einer Straße sitzt und schaut und
zeichnet und dabei ein wahrhaltes Porträt von dem ent-
stehen Iäßt, was sie sieht: mit aller Richtigkeit des Objek-
tes, aller Flüchtigkeit und Veränderlichkeit der Augen-
blicke, in denen sie schaut, und allem Eindruck der Stim-
mung, die sie und das Objekt gleichsam in Vereinigung
umgibt.
Marianne von Werther nimmt hiemit in der Kunst der Ge-
genwart einen Platz ein, der vielen vielleicht als überholt
erscheinen kann. Am Expressionismus und Architektur-
bild etwa Kokoschkas oder Schieles ist sie vorbeigegan-
gen. Die Probleme der Abstraktion spielen ltJr sie keine
Flolle. Dieses Vorbeigehen ist aber nicht im nNichtkon-
nenk begründet oder in dem Phänomen, nunmodernu zu
sein, im Gegenteil, es ist durchaus positiv zu werten.
Denn der extreme Realismus und Naturalismus, der kann
den Blick des Künstlers in keiner Weise ersetzen. Der
künstlerische Blick des Fotografen ist an den techni-
schen Möglichkeiten der Verifizierung geschult. Der
zeichnende Künstler gibt das mit seinem Auge gesehene,
von seinem Geist, seiner Stimmung erfaßte Bild wieder.
Durch intensive Betrachtung wird die intensivere Wieder-
gabe des Gesehenen erstrebt - ein wesentlicher Punkt
innerhalb der Aufgabenstellung der Vedute und auch des
Stillebens, die beide ihren Platz neben Expression und
Abstraktion weiterhin behaupten können werden.
Seit einer sehr erfolgreichen Ausstellung ihrer Veduten
im Österreichischen Museum für angewandte Kunst im
Jahre 1977 mit dem Titel lrDrei Städte Europas gesehen
von Marianne von Wertheru vollzleht sich ein Wandel im
Schaffen der Künstlerin, der ein Phänomen bestätigt - in
der Kunstgeschichte oftmals authentisch -, das der un-
verminderten Schaffenskraft in späteren Phasen. Frau
von Werther entdeckt die kontemplative Stille des
wlnnenu, nach dem hetkisch-lauten r-Außenii. Sie erlebt die
Faszination, den Dingen Farbe geben zu können. Nun-
mehr im lnterieur, dem Stilleben, in reinen Blumenbildern.
Diese neue Wendung vollzieht sich wie von selbst, gibt
der Künstlerin neue belebende Impulse und Iäßt sie wohl
konzentriert, aber "ganz anders" arbeiten. wie sie selber
meint. Um nichts weniger künstlerisch eindringlich wie
wir feststellen. Gerhart und Hanna Egger
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