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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVI (1981 / Heft 177)

Notizen 
BremenlLinz - Kunsthalle 
Bremen kommt das Verdienst zu, mit der Ausstellung 
t-Aspekte der Zeichnung in Österreich 1960-1980. ein 
wichtiges Unternehmen gestartet zu haben. Der Förder- 
kreis des Bremer Kunstvereines für Gegenwartskunst ini- 
tiierte und teiifinanzierte diesen Überblick über zwanzig 
Jahre moderner Zeichenkunsl in Österreich zugunsten 
der weiteren Stationen: Düsseldorf, Tübingen, Heidelberg 
und derzeit Linz. Peter Baum, Direktor der Neuen Galerie 
Linz, der sich bereits im Rahmen der nKontraste-Zelchnen 
heute-t - 1975 - als profunder Kenner auswies. stellte 
Österreichs Künstler der Zeichnung überaus selektiv vor. 
Als Landsmännin im Bremer Bereich hatte Uta Hellmann 
ein besonders gutes Verhältnis zur Sache und unterstütz- 
te hervorragend. 
lm Auf und Ab aller soziologischen und künstlerischen 
Traditionen, aller Konventionen steht die Handzeichnung 
als autonome Kunstlorm mit dem Status des Unveränder- 
baren da. Alles Aufrührerische der Gegenwartskunst, alle 
progressiven, provozierenden aktionistischen Elemente, 
aller Widerspruch zwischen künstlerischer Utopie und 
Realität können ihr nichts anhaben. Aus archaischen An- 
fangen heraus bleibt sie stärkster Träger künstlerischer 
lnitiativen, des Emotionellen, und manifestiert sich heute 
letztlich im teilweise unverstandenen Ausdruck von auf 
Mauerwänden versprühten Text- und Bildparolen aus 
Spraydosen. Spontanste und krasseste Form einer 
iHandlt-Zeichnung. 
Vorneweg, hier präsentiert sich nun in Linz ein In der Bun- 
desrepublik wahrhaftig äußerst erfolgreiches Unterneh- 
men. Mit 42 Künstlern sonderte Baum nicht nur Weizen 
von Spreu, sondern engte den Zeitraum der Entstehung 
der Werke auf 20 Jahre ein. Knüpfte mit diesem beach- 
tenswerten Querschnitt direkt an die Gegenwart an. Man- 
che Künstler mögen fehien, doch hat man sinnvollerweise 
das wesentliche Österreichische herauszustellen ver- 
sucht. Querverbindungen zum Literarischen und zur Ak- 
tionistenszene schufen einen undoktrinaren, von keinem 
Klischeekonzept beengten, breit informativen Ausstel- 
iungskörper, und nur künstlerisch hochqualitative Werke 
hat Baum angenommen. Rainer, einmal mehr Aushänge- 
schild - siehe letzte Biennale -, scheint uns zu Recht 
bevorzugt zu stehen. Er entwickelte eine so neue, so ei- 
genwillige Komponente innerhalb der autonomen Kunst 
der Handzeichnung im alten Sinne, belebte diese wie kein 
anderer neben ihm. Nicht zuletzt, auch Rainer provoziert 
mit seinen Über-Zeichnungen allen Glauben an reine 
künstlerische Vergangenheiten. Doch wie meisterhaft tut 
er das, aus den Ursprüngen frühester christlicher Glau- 
benswurzeln heraus. Sein Abreagieren an entdeckten 
Unzulänglichkeiten aller Meister scheint blasphemisch, 
ist es nicht. Sein Wervolikommnungsdrangtt ist ein per- 
manenter, meist verkannter Versuch einer Annäherung an 
das vielgepriesene idealkunstwerk, um nicht zu sagen 
das Überkunstwerk. Unter den übrigen Künstlern, vielen 
bekannten Namen, auch einigejunge, denen man zur Ent- 
deckung verhelfen will. Deutlich spürbar, ausgehend von 
den großen alten Lehrern Boecki, Gütersloh, Wotruba 
nach 1945 bis zu den heutigen Frohner, Oberhuber, Spalt, 
Holieln bis Beuys, deren edukativer Einfluß auf diejungen 
heranwachsenden Studenten und Künstler. im Lentia 
2000, wo die Neue Galerie der Stadt Linz ihren neuen Sitz 
hat, kann die österreichische Handzeichnung ihren Erfolg 
aus der Bundesrepublik prolongieren. Peter Baum als ihr 
Leiter kann die "Aspekten auf die trächtige Habenseite 
der Galerie setzen. 
Düsseldorf - Hetjens-Museum l Deutsches Kera- 
mikmuseum 
Kurt Spureys Schöpfungen zu begegnen, ihres lichten 
ätherischen substanzleichten Charakters inne, ist stets 
erfreulich. Auch in der Hochburg der bundesdeutschen 
Keramlkervereinigung der Gegenwart erregte er mit sei- 
nem eigenakzentuierten Werk Aufsehen. Sein Verzicht 
auf Farbe - mit wenigen Ausnahmen - ist mehr als Be- 
schränkung. Alle Erscheinung des Objekts lebt bei ihm 
von der handfeinen Modellierung, dem daraus resultieren- 
den Spiel von Lichteinfall und differenziertem Schatten- 
dunkei. Lameilenaufbrüche und -kreise, amorphe Auffä- 
cherungen und Faltungen prägen Objekte und Reliefs, die 
seil 1970 geschaffenen Köpfe in Variation. in den 
itTouchu-Objekten der mittels handgezielter, gebändigter 
Aggression ein Spurey von äußerster Konzentriertheit. 
Wie auch dann in tiefstem Einverständnis mit dem tragi- 
ien Material, dessen Formen und Glasur, wenn er feinfüh- 
lig Schraffen setzt. Objekte, die - jedes einzelne - im- 
mer wieder aus der vollendeten Leistung eines wahrhaf- 
ten Keramlkers entstehen. 
Hamburg - Galerie L 
im Heine-Haus betreibt Charlotte Gräfin von Finckenstein 
ihre moderne Galerie, lud kürzlich zur 53. Ausstellung. 
Zwei amerikanische Künstler, Margie Hughto und Marvin 
Lipofsky, zeigten sowohl wColiagen aus handgeschopf- 
tern Papier! Keramlku wie iiGlas als Objekten. Beide ver- 
suchen ideale formale und räumliche Farbenkomblnatio- 
vm uisw is- 
 
 
 
Adolf Frohner, was Sitzen-t, 1978. GralitIPapier. 1ü4x80 cm 
Jürgen Messensee, t-Nancy-i, 1980. Rohrfeder, BlauIPapier. 
29,7 x 21 cm 
Kurt Spurey, Fall-Objekt, 1930 
Patung (Kürbis Kachlria), verschieden ausgeführt 
Claes Oldenburg, Vor Werken aus dem t-Storei, 1961. Manna 
Jackson Gallery, New York 
Tone Vigeland, Haisschmuck 
Sog. Zuckerwasser-Garnitur, Novy Svet, Harrachsche Glasstätte, 
1539-1541. Uraniumglas, In sog. nÄnhBQEibu, mit Medalllons. 
Dekoration mit Wappen des Herzogs Desfours-Walderode in 
Farbemaii 
Vittorio Zecchin, t-Le mille e una nette: Le principesse e l guerrie- 
(II, 1914. Öl und GOIGIHOIZ 
 
nen anzustreben und zu erreichen. Lipofksy "schreibt mit 
dem heißen Giasu seine Arbeiten. Sie sind, wie er selber 
meint, wie Skizzen. Aus deutschen Glashütten kommend, 
vollendet er seine Objekte in kalter Bearbeitung. 
Karlsruhe - Badisches Landesmuseum . 
Ein etwas unorthodoxes Unternehmen, diese Präsenta- 
tion aus der Studiensammiung des bekannten deutschen 
Künstlers Horst Antes: nKachina-Figuren der Pueblo- 
Indianer Nordamerikas-i. Auch im Badischen erregt diese 
interessante Schau phantasiereicher Schnltzfiguren in- 
dianischer Herkunft einiges Aufsehen. Als bildhafte Zeug- 
nisse des reichen Zeremoniaisystems aller heute bekann- 
ten 350 Kachinatypen sind diese in allen möglichen ame- 
rikanischen Museen, aber auch in Europa seit der Jahr- 
hundertwende gesammelt und bekannt. ihr spezielles 
Ausdrucksbild zog seit den zwanziger Jahren besonders 
die Surrealisten an. So auch Horst Antes, der seit 1960 
diese seine sehenswerte Sammlung aufbaute und sie 
nun, nach Karlsruhe, wo sie am 26. April endete, in Zürich, 
München und Hamburg zeigt. 
Köln - Museen der Stadt 
Eine sehr interessante Fotoausstellung, die eine Reihe 
von Städten der Bundesrepublik, Österreichs, aber auch 
der Schweiz und Dänemarks zusammenführte, war im 
Frühjahr im Museum Ludwig zu Gast. Eine im Jahr 1979 
über Anregung des Museums FolkwanglEssen initiierte 
Arbeitsgemeinschaft, die Museen und Institute im Bemü- 
hen, Fotografien zu sammeln, verbindet, machte sich zum 
Ziel, neuartige Probleme von Konservierung, Archivierung 
und Restaurierung zur Diskussion zu stellen und Lösun- 
gen zu suchen. Ais eine erste Ausstellung iiArbeltsge- 
meinschaft öffentlicher Fotcsammlungenu verband sich 
eine Kette von Städten wie Bonn, Koin, Essen, Leverku- 
sen, Hamburg, München, Wien, Bad ischl, Zürich und Ko- 
penhagen. Von jeder dieser Sammlungen wurden 10 foto- 
grafische Werke selektiert, die die "Kunst der Fotografie- 
in der Öffentlichkeit als besonders repräsentativ erschei- 
nen iassen. Die Zeitschrift "Camerau legte hiefür eine 
Sondernummer auf. 
Am 5. Mal 1981 wurde im Schnütgen-Museum ein dreifa- 
ches Jubiläum gefeiert. Wie uns Erna Adelmeier hiezu 
mitteilte, gab es einen großen Festakt. Dreifaches Jubi- 
iäum deswegen, weil vor 75 Jahren Alexander Schriütgen 
seine Sammlung kirchlicher Kunst vom frühen Mittelalter 
bis zum Barock der Stadt Köln schenkte, vor 25 Jahren 
das nach seinem Stifter benannte Museum in die romani- 
sche Basilika St. Cäcilien umzog. in der es sich, wohl 
beengt, noch heute befindet, und weil sich zur gleichen 
Zeit die Freunde des Schnütgen-Museums zum Verein 
PRO ARTE MEDii AEVI zusammenschlossen. Bemerkens- 
wert ist weiter in diesem Zusammenhang, daß sämtliche 
Museen in Koln auf Schenkungen seiner Bürger zurückge- 
hen und durch Freunde und Stifter gefordert werden. 
London - Eiectrum Gallery 
Die Norwegerin Tone Vigeland präsentierte sich als eine 
interessante Schmuckkllnstlerln. Sie ist fürs erste nicht 
so sehr Künstlerin der Gegenwart, weil sie erkennbar 
auch alte Traditionen annimmt. Und das macht ihre Ob- 
jekte doch erst interessant, iäBt sie als faszinierende 
Schöpfungen aus Macramee und als Kettenorganismen 
aus einer sieben Jahre dauernden Entwicklung heraus 
technisch briiiieren. Vigeland ist auch eine Meisterin von 
außerordentlicher Flexibilität in der Anpassung an die 
Trageform ihrer Objekte. Sie sieht quasi die Wirkung ihres 
Schmuckes am Körper voraus. Sie verarbeitet Silber und 
Altsliber, Goldstücke und Stahielemente sowie Kristalle, 
natürliche Steine oder Halbedelsteine. Überraschendes 
Moment, die meisten Vigeland-Schöpfungen scheinen 
schwerer im Gewicht als sie sind. Präziser, sie 
schmücken und tragen sich angenehm und leicht. DaB sie 
sich skandinavischen oder wikingerischen Ursprüngen 
annähern, weist auf die Kontinuität Kette aller künstleri- 
schen Äußerungen zwischen Moderne und Tradition hin. 
Venedig - Museo d'arte moderna I Ca'Pesaro 
Vittorio Zecchin, Sohn muranesischer Giasmecher, absol- 
vierte die Accademia Belle Arti di Venezia. Sein hier ge- 
zeigtes Werk ist typisch für die Kunst der Jahrhundert- 
wende, ist verwurzeit in der Art Deco wie auch im breiten 
Produktionsfeid des Giasmacherzentrums Murano. Wir 
begegnen Werken eines exzellenten Künstlers der deko- 
rativen Kunst, der sowohl Glasfenster schuf als auch mal- 
te. Als künstlerischer Direktor von Murano leitete er im 
1. Weltkrieg ein Versuchsiaboratorium. 1909 begann er 
vielversprechend als Exponent der künstlerischen Avant- 
garde Veneziens, feierte 1923 als Biennaleteilnehmer in 
Monza seinen ersten großen Erfolg. Schon routinierter 
zeigte er sich dann auf den Biennaien in Paris von 1925 
bis 1938 mit Giasmaiereien, Mosaiken und Werken in den 
Stilarten der dekorativen Kunst der Zeit. Eine übersichtli- 
che Schau. die deutlich den originären Zug Zecchinis In- 
nerhalb der venezianischen Kunst seiner Zelt aufzeigt. 
Ieopold netopil
	        
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