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AETRIE DER BILDENDEN KUNST ZurGruzer Minibiennale „Trigon 65"
neirie ist die Wissenschaft von der Landvermessung. ihr Endziel isi die Stand-
1ul1q. In ubertragenem Sinn gilt dies durn fur die Aussieilung "Trigon 65", die
rriber in Graz erorinei wurde, Es handelt sieh um die zweite Veranstaltung dieser
63" war mit Bomben und Granaten durchgefallen. man hatte dieser Versuchs-
hlen einer inneren Linie und Mangel nn Qualitatsgefühl und Konsequenz vor-
Graz. wo solche Dinge sehr ernsi genommen werden. war lTlGh nicht ohne
wt. Konsequenzen zu ziehen; diesnidi wurde die Auswahl der Künstler aus drei
iterreich. Jugoslawien. Italien) von drei Fachleuten geiroften: Für Österreich
Gi-dzer Walter Koschatzky, der es zur Ehre eines Direktors der Aioeriind gebracht
lawien war Zoran Krzisnik. Direktor der Modernen Galerie in Ldiudeh. am Werk.
iidiiener kümmerte sich der große Umbro Apoiienio (Venedig. Bienndie). Auch
eingeladenen Künstler war streng beschrankt es kornen pro Lorid nur fünf
rei siidiiduer zurn Zug.
Zuge dieser Besprechung weniger unsere Aufgabe sein. Fragen nach
t der Werke und der Künstler zu stellen; uns geht es hier um das Mühen
intnis dessen, was diese kleine Biennale über den „Stand der Dinge"
lwicklung auszusogen hat: Woher kommt der Weg. wohin führt er?
rortung wird einem nicht allzu schwer gemacht. denn Künstler und
nd im wesentlichen glücklich aufeinander abgestimmt. Und der Weg
' Nun. er kommt von der ,.Kunst" im herkömmlichen Sinn und führt,
xander Doerner zu reden, in den Bereich ,.jenseits der Kunst".
vativsten (nicht am qualitütlosesten. ganz im Gegenteil!) sind die
:Genetisch am "ältesten" ist Krsto Hegedusic, der auch gleichzeitig
der Älteste ist (1901). Er ist zugleich auch der Künstler. der am meisten
rrn versteht, der sich am meisten um ein Thema kümmert. das in dieser
bezeichnenderweise kaum angeschlagen wird; wir meinen nicht
iicht weniger als den Menschen. der. wie die Ausstellung beweist, längst
..Maß aller Dinge' ist. Und vielleicht ist es gerade die ..Enthumani-
Kunst", mit der der Weg in das noch kaum erforschte Land ,.jenseits
einsetzt.
ist der Ben Shan Jugoslawiens. seine großformatigen Bilder sind dem
Jlenschen. seiner Verlassenheit, seinem Alleinsein gewidmet. Es macht
h eine Entwicklung erkennbar. die vom Banal-Sozialkritischen weg-
unmittelbar in eine Durchlotung seelischer Zustände und Abgründe
ic gleichsam .,Stufe 1". so steht Vladimir Velickovic bereits eine Stufe
r liefert). Er ist der dynamischeste. aufregendste Künstler der Aus-
allen. Stürzen, In-der-Luft-zerrissen-Werden sind die Hauptthemen
ffens, in dem in sehr logischer und konsequenter Weise die .,Form"
der Geschlossenheit und Autonomie des Kreatürlichen sich ins Form-
irmel aufzulösen beginnt. Edo Murtic hat den Schritt ins Informel bereits
ehört zur großen Zahl der Dutzendmaler. die noch vor ganz kurzer
larkt mit ihren mehr oder minder gewalttätigen Farb- und Form-
überschwemmten. Man sieht. daß hier ein Punkt erreicht ist, von dem
ße der Kunst ins Nichts der Unverbindlichkeit führt. Der vierte Jugo-
lan Mesko. versucht nicht ohne Geschick, die Pfade Paul Klees nach-
er ist der typische "moderne Epigone". Das gilt auch von Janez Bernik,
utlich an Dubuffet anhängt. dabei jedoch seine persönliche Meinung
am ein untadeliges Qualitötsniveau zu wahren weiß. Hier ist der Weg
in hier an läßt es sich demnach nur noch im Kreise gehen,
eidenden Schritt haben die Italiener getan. Bei ihnen findet man
ur noch einen einzigen Maler im konventionellen Sinn 7 es ist Achille
von Campigli, aber auch von Motto herkommt. seine Leinwände in
teckskompartimente unterteilt und mit pseudofigurativen. stark zeit-
ritzeleien ausfüllt. Piero Dorazio ist bereits reiner Dekorateur; seine
chmackvollen Kreationen bestehen aus sehr regelmäßig nebenein-
ten Farbstrelfen. Rautenmustern und verwandten Gebilden. Die
l von ..Op-Art" sind unverkennbar, treten hier aber in entschörfter
da das Moment der Irritation völlig wegföllt. Von "Gemälden" im
n kann man hier nicht mehr reden, Zwar ist alles echt handgemalt.
is Prinzip des „unendlichen Rapports" herrscht. sind die gewählten
ht mehr Ausdruck einer inneren Notwendigkeit. sie sinken zu bloßen
herab. Da auch das expressive Moment praktisch völlig ausgeschaltet
eint hier zum erstenmal das Land jenseits der Kunst (im herkömmlichen
an zu sein. Ein bedeutendes Stück tiefer in diese Terra incognita führt
elloni. dessen Leinwände durch uiitergeschobene Nägel (oder was
in mag) sowie durch Niedernagelungen zu Tapetenausschnitten ver-
:heinen Das ist rPinstPr sriiihnrster völlin hvniPnisrher riiirh nnistir-i
aber auch (und das ist das Zukunftströchtige) vielleicht zum erstenmal die Techn
nicht mehr Motiv und auch nicht Materiallieferant. sondern direktes Mittel di
Hervorbringung von Kunstwerken (die freilich noch keine sind)!
Nur am Rande verdient Lucio del Pezzo erwähnt zu werden. ein sehr stark ve
spüteter Dada-Monteur, der Anleihen bei de Chirico in die dritte Dimensic
umsetzt.
Und Österreich? Es bleibt leider etwas sehr im Hintergrund. Gleich drei „lnformeli
auf einmal sind entschieden zu viel. und außerdem ist das, was Fabian. Mikl ur
Weiler hervorbringen, gerade angesichts des von Italien gebotenen Material
rein vom Kunst-Modischen her völlig veraltet. Weiters fehlt den drei genannte
Künstlern doch auch die ..Kraft an sich", die allein es fertigbröchte, auch .,jei
seits des Stils" bleibende Werke zu produzieren. Karl Korab. ..Wiener Schülei
der zweiten Generation, nimmt sich in der Umgebung in ihrer Gesamtheit w
ein Anachronismus aus: seine Kunst ist von jener gepflegten und wohl auch harri
losen Pervertiertheit, die im bürgerlichen Heim von heute in vielen Fällen eine
gesicherten Platz eingenommen hat. Es bleibt Hermann Painitz, der ähnlich w
Piero Dorazio eine Kunst des weitgehend purißzierten Ornaments betreibt, di
aber nicht frei von Störungselementen als Trägern echter Aussage ist. D
Ornamentgebilde lassen die Herkunft von Klimt mit aller Deutlichkeit hervo
treten: es ist schwer. von Klimt nicht gefesselt zu werden. wenn man in Österreic
lebt und schafft! Immerhin ist Painitz innerhalb der österreichischen Mannscha
,.der" Crock schlechthin, und sein Werk war es wert, so groß herousgebracl
zu werden.
Die Plastik des Trigons ist im Grazer Burggarten unter prächtigen alten Böumei
auf sattgrünen Wiesen und in einem großen Glashaus aufgestellt. Das Grün macl
vieles gut. was andere verdorben . . .
Bleiben wir bei den Österreichern: Man hat auch bei den Werken der Bildhaueri
den gleichen Eindruck, der einen angesichts der Kreationen der drei malende
lnformels beliel: Die Künstler haben sich schon vor Jahren totgelaufen. erschöpl
in selbstaufgestellten Formeln verrannt. aus denen sie nicht - oder noch nicht -
ausbrechen können. Avramidis produziert nach wie vor vertikal und horizonti
gerippte und gegliederte Bronzeidole. Prantl bringt nach wie vor sorgfälti
geglättete Menhire mit seichten Dellen hervor, Hartlauer erschöpft sich in krista
linisierten Atompilzen (bei Reliefs in HeiIige-Drei-König-Sternen). Das alles i
recht sauber, sehr ehrlich und auch eindrucksvoll. wenn man es zum erstenmc
gesehen hat. Aber alle Jahre wieder... Die eindrucksvollsten Werke der Bilc
hauerei stammen von zwei Italienern, nämlich von Valeriano Trubbiani un
Francesco Somaini. Es sind Werke eines echt aggressiven abstrakten Expressionismu
besonders Somainis Kreationen. die zerfetzten Granaten gleichen. vermögen z
bestürzen und zu überzeugen. Vojin Bakic gehört zu den Blechbastlern, Ali
Cavaliere hat sich buchstäblich in seinen metallgestrüppartigen Bildungen, i
seinen eisernen Distelwöldern und Brombeerschlägen verfangen. Gute dekorativ
Qualitäten sind die Nagelarbeiten von Dusan Dzamonja. sehr nobel machen sic
inmitten der grünen Umgebung die reliefartigen Gebilde von Drago Trsar. di
von einer ausgereiften Kunst der Oberflächengliederung und -behandlun
zeugen.
Alles in allem ist auch bei der Plastik der Weg in einen neuen Kunstbereich ..jer
seits der Kunst" und auch "jenseits des Menschen" feststellbar, wenngleich di
Leistungen in ihrer Gesamtheit nicht so überzeugend sind wie auf dem Gebiet
dessen. das sich nur noch mit sehr relativer Berechtigung ..Malerei" nennt.
Die hervorragend gelungene Aufstellung und den mit überreicher Dokumentatio
versehenen, reich illustrierten handbuchartigen Katalog besorgte Frau Dr. Trud
Aldrian. die Leiterin der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum.
Wer sich von den Mühen des ..Trigon"-Besuches erholen will. ist eingeladen. ll
der Neuen Galerie selbst eine Kollektive von Hans Fronius zu besuchen.
Fronius ist nach dem Tode Kubins immer noch und nach wie vor der beste
routinierteste, aber auch gedankentiefste und psychologisch einsichtsvollste Illu
(Fortsetzung S. 55 unten
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11. Unterrichtsminister Dr. Theodor Pilfl-
Percevic beim Eroffnungsrundgang durch
die Ausstellung HTFIQOH es" in Graz
15 Lucio del Pezzo. Großer Fußboden II.
1965. MischtechniklHolz, 13OX97cm
16 Einblick in die Aussteltung mit Malereien
von Janez Berriik und Gottfried Fabian
17 Archille Perilli. Ausweitung der seeie.
1963. TemDerciILeinwand. 160x15Drm