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fremden Vorlagen zeugen, stellen den Höhe-
punkt dieser Entwicklungsstufe dar, der Profes-
sor Dr. Helmut Börsch-Supan eine Fülle von
graphischen Vorlageblättern und Ausschneide-
bögen gegenüberstellte.
Ein wesentlich früheres Bindeglied als Porzel-
lane und Lacke stellt der Seidenhandel zwischen
dem Fernen Osten und Europa dar, der sich
bereits bis in die letzten vorchristlichen Jahr-
hunderte zurückverfolgen läßt. Rolf Bothe hat es
in seinem Beitrag „Einfluß Chinas auf europäi-
sche Textilien und Tapeten" unternommen, die
ganze Spannweite der Beeinflussung aufzuzei-
gen.
Die „ostindischen Zeugdrucke" beherrschten
vom 17. bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts
den europäischen Markt dermaßen, daß man in
Europa zeitweilig den Import von „lndien-Chintz"
zugunsten der eigenen Webereien verbot. Sogar
die Nachahmung dieser „lndiennes" wurde
schließlich in Europa untersagt. Nicht aufzuhal-
ten dagegen war der exotische Einfluß bei
der europäischen Seidenherstellung. Diese un-
ter dem Begriff „bizarre Seiden" zusammenge-
faßten Stoffe, die zwischen 1695 und 1715 wohl
hauptsächlich in Lyon entstanden, stellen eine
Vermischung aus exotischen stilisierten Pflanzen
und abstrakten Formen dar, die einen mehr in-
dischen als chinesischen Einfluß erkennen lassen.
Naturalistische Blumenmotive kennzeichnen die
Entwicklung auf dem europäischen Stoffmarkt
der dreißiger und vierziger Jahre des 1B. Jahr-
hunderts, die sich gelegentlich mit chinoisen Ar-
chitekturmotiven und figürlichen Szenen vermi-
schen. Maßgebliche Anregungen für diese Chi-
noiserie vermittelten die Stichvorlagen des Peter
Schenk iun. und das „Livre des Dessins Chinois"
des Antoine Fraisse. Die Übernahme der Ro-
caille in Zusammenhang mit chinoisen Motiven
im Sinne der Pariser Ornamentstecher Mondon,
Bellay und Peyrotte hat in der Weberei keinen
großen Niederschlag gefunden. Völlig neue Ent-
faltungsmöglichkeiten ergaben sich durch tech-
nische Verbesserungen auf dem Gebiet des
europäischen Zeugdrucks, der in England und
Frankreich in der zweiten Hälfte des 18. Jahr-
hunderts seine Blütezeit erlebte und dessen un-
komplizierte Technik nun eine beträchtliche Aus-
weitung chinoiser Muster mit sich brachte.
Bei den großformatigen Tapeten, die vor allem
im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts maßgeb-
lich den Eindruck chinoiser Raumdekoration be-
stimmten, zeigt sich ein stärkerer Trend zum chi-
nesischen Original, eine Tendenz, die dem er-
wochenden, mehr wissenschaftlich-geographi-
schen und kulturgeschichtlichen Interesse an
China entspricht.
Der Chinoiserie der Vorlagenornamentik des 17.
und 1B. Jahrhunderts hat Thilo Eggeling einen
eingehenden Beitrag gewidmet, der sich aller-
dings auf die französischen und deutschen Or-
namentstecher beschränkt. Am Beginn dieser Ent-
wicklung findet man in Europa vielfach eine ob-
lehnende Haltung gegenüber der chinesischen
Ornamentik, die, wie Pater Lecomte schreibt,
„unvollkommene Muster" und fehlende Propor-
tionen aufweist. Stalker beschränkt sich in sei-
nem „A Treatise of Japanning and Varnishing"-
Vorlagenbuch im wesentlichen auf figürliche Sze-
nen und Blumendarstellungen. Jean Berain und
nach ihm auch Paul Decker begnügen sich bei
ihrer Chinoiserie mit wenigen Chinesenfiguren
und lassen die Ornamentik frei von fernöstli-
chem Formengut, eine gravierende Einschrän-
kung, die Allgemeingültigkeit besaß. Neue
Aspekte sollten die wenigen Chinoiseriebeispiele
in dem ornamentalen Stichwerk Antoine Watt-
eous liefern. China erscheint hier als eine Traum-
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umsponnen ist von einem feingliedrigen Orna-
mentgerüst, eine Konzeption, die allerdings in
der Groteskenornamentik bereits vorbereitet er-
scheint.
Die phantastische Chinoiserie des Rokoko, die
sich ebenfalls zuerst in Frankreich entwickelt,
entzieht sich weitgehend einer Wertung Chinas.
Für sie besteht der eigentliche Reiz am Fernöst-
lichen im geistreichen und artistischen Spiel mit
dern Exotischen. Neben Jean Mondon war es
vor allern Alexis Peyrotte mit seinen Entwürfen,
der die Rokoko-Chinoiserie zur vollen Entfal-
tung brachte. Den größten Bestand an derarti-
gen Serien lieferte Jean Pillement. Ornament
und Figürliches verschmelzen im Rokoko zu
einer Einheit und gewinnen eine eminente Be-
deutung für den gesamten Bereich des Kunst-
handwerks und speziell der lnnenraumdekora-
tion, die ebenfalls von T. Eggeling bearbeitet
wurde.
„Die Chinamode in der Malerei des 17. und
18. Jahrhunderts" hat Professor Dr. Helmut
Börsch-Supan seinen Beitrag überschrieben, eine
Kunstgattung, die sich am wenigsten dem Ein-
fluß der fernöstlichen Vorbilder öffnete. Der
Hauptgrund für das geringe Interesse an der
chinesischen Malerei liegt in dem grundlegen-
den Unterschied der Bildauffassung. Die der
ostasiatischen Malerei fehlenden Proportions-
gesetze, der Verzicht auf ein Rahmengefüge,
das durch die Grenzenlosigkeit in der chinesi-
schen und japanischen Malerei aufgehoben er-
scheint, bilden die Hauptgegensätze zur eura-
päischen Auffassung. Als Quellen für die ost-
asiatische Malerei haben den Europäern die bild-
lichen Darstellungen im ostasiatischen Kunst-
handwerk gedient sowie die illustrierten Be-
richte des Jan Nieuhoff über die erste hollän-
dische Gesandtschaft am chinesischen Kaiserhof
und der Gesandtschaftsbericht des Olfert Dop-
pert, die neben Kirchners „China illustrata" und
Montanus' „Denkwürdige Gesandtschaften an
den Keyser zu Japan" zu den meistverbreite-
ten und kopierten Vorlagen bis ins 19. Jahrhun-
dert zählten.
Die ausgesprochene Vorliebe Friedrichs des Gro-
ßen für die französische Malerei, die noch heute
mit glänzenden Beispielen im Charlottenburger
Schloß belegt werden kann, hat Börsch-Supan
veranlaßt, speziell die Rolle von Watteau und
Boucher auf dem Gebiet der diinoisen Malerei
näher zu untersuchen. Er sieht gerade bei Watt-
eau, dessen chinoise Hauptwerke - „Empereur
chinois", „Divinite chinoise" und die Dekoratio-
nen von Schloß Muette, die leider alle nur in
Reproduktionen überliefert sind - eine „äußerst
gedankliche Vertiefung", die China zu einem
traumhaften Arkadien macht, das allerdings
nicht ohne vielschichtige Rückbezüge auf Europa
gesehen werden kann.
Boucher dagegen, Gipfelpunkt der chinoisen
Malerei im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts,
ersetzte diese subtile Vielschichtigkeit durch Raf-
tinement, das bei aller geistvollen Inszenierung
doch viel dekorative Oberflächlichkeit zeigt.
Eine ebenfalls mehr unterhaltende als vertiefende
Wirkung bescheinigten Dr. Dietrich Gronau und
Dr. Johannes Sembritzki in ihrem Beitrag „Die
Chinamode auf der Bühne" der Chinoiserie in
Theater, Oper und Ballett. Sie erreichte mit ihren
chinaexotischen Stücken und ihren phantasievol-
len Ausstattungen ihren Höhepunkt erst in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, zu einer
Zeit, da sich durch den Einfluß der philosophi-
schen Aufklärung das China-Bild bereits wie-
der ins Groteske und Lächerliche verzerrt.
In dem wichtigen Kapitel „Landschaftsgarten
und Chinoiserie" verquickte Frau Dr. Eva Bärsch-
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ten, die sich vom späten 17. bis zum späten
18. Jahrhundert in imponierenden Beispielen be-
legen läßt, mit dem weit schwerer faßbaren
chinoisen Einfluß auf die Struktur der Gärten.
Den Ausklang der Ausstellung bildete ein Ex-
kurs über die relativ geringfügigen Auswirkun-
gen des europäischen Einflusses auf China, das
auf Grund seiner traditionsbewußten Haltung
weitgehend fremdem Einfluß versdilossen blieb.
Der seit dem 17. und vor allem dann im 18.
Jahrhundert zu beobachtende Trend der Chine-
sen, ihre Porzellanexporterzeugnisse den Wün-
schen der europäischen Handelsgesellschaften
mehr und mehr anzupassen, bedeutet keine Re-
verenz vor dem europäischen Geschmack, auch
wenn man eigenes, gestalterisches Empfinden
fast völlig verleugnet, sondern entspringt allein
nüchternen wirtschaftlichen Erwägungen, die um
ieden Preis verhindern sollen, den wichtigen
Absatzmarkt für Porzellane an die europäischen
Manufakturen zu verlieren. Daß es hierbei zu
hächst reizvollen und z. T. recht originellen
Porzellanausformungen und -dekoren gekommen
ist, von denen die Ausstellung einen repräsenta-
tiven Querschnitt vermittelte, steht außer Frage.
Wie weit dieses Geschäftsinteresse der Chine-
sen ging, wird besonders kraß an chinesischen
Dekoren sichtbar, die, in Holland von holländi-
schen „Designern" entworfen, den Asiaten als
Vorbild für europäische Exportservice aufok-
troyiert wurden.
Mit großer Wahrscheinlichkeit auf europäische
Anregung läßt sich die Technik des Emaillierens
auf Kupfer zurückführen, wie sie sich in dem
sogenannten Kanton-Email manifestiert, das sich
seit ca. 1720 nachweisen läßt. Ansätze für eine
eigentliche Europäerie finden sich jedoch haupt-
sächlich erst in der Spätzeit des 18. Jahrhunderts
unter Kaiser Ch'ien-lung. Auch hier sind es wie-
der die Beziehungen der Jesuiten zum chinesi-
schen Kaiserhaus, die diese europäische Ein-
flußnahme erst ermöglichten. Zu ihren wichtig-
sten Vertretern zählt der Jesuitenmaler Giuseppe
Castiglione, der es verstand, bei weitgehender
Anpassung an die chinesische Maltraditian die
mehr plastische und perspektivisch präzise euro-
päische Malweise in China hoffähig zu machen.
Auf einen unbekannten Schüler Costigliones geht
auch das wohl eindrucksvollste Europäeriedo-
kument dieser Ausstellung, die komplette Serie
von 20 Ansichten der „Hsi Yang Lou", zurück,
einer Palastanlage in den kaiserlichen Gärten
nordwestlich von Peking, die der Jesuit P. Michael
Benoist, ein Mathematiker, der mit hydraulischen
Anlagen vertraut war, entworfen hatte. Aller-
dings steht auch bei dieser phantasievollen An-
lage, die bereits zu Lebzeiten Ch'ien-lungs in
Verfall geriet, primär die Bewunderung vor den
technischen Meisterleistungen, denen man in
China nichts Vergleichbares entgegenzustellen
hatte, die Faszination, die von der europäischen
Wasserbaukunst ausging. Die europäisierende
Architektur dieser phantasievollen Gartenpavil-
lons ist daher eher als eine effektvolle Kulisse
für die Fontänen und Wasserkünste des fran-
zösischen Jesuiten anzusehen. Das Ganze er-
weist sich als ein Kuriosum, das in China ohne
Nachhall bleiben sollte.
14 Flilchtender Dzungare. Darstellung aus Kämpfen
egen die Westmangalen (1759). Detail einer
äuerrolle. Tusche und Farben auf Papier.
Giuseppe Castiglione SJ (1689-1768). Berlin,
Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Mu-
seum für Ostasiatische Kunst
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