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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVI (1981 / Heft 178 und 179)

 
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den vorläufigen Abschiuß der Arbeiten und lassen 
zugleich die vom Bauherrn intendierte Bedeutung 
der Anlage signifikant hervortreten: die Architek- 
tur hatte letztlich als stimmungsvolle Kulisse für 
retrospektive, das Mittelalter heraufbeschwören- 
de Spiele in ritteriichem Gewand zu dienen. S0 
nahm ein kapeilenartiger Raum gotischen Charak- 
ters eine Bibliothek von Fiitterromanen auf; die Lü- 
nettengemäide zeigen demgemäß Szenen aus 
Friedrich de la Motte Fouques 1815 erschienenem 
Ritterroman iiDie Fahrten Thiodoifs des islän- 
dersrr" (Abb. 4). Auch errichtete man eine sog. Tur- 
niersäule" und schuf einen Turnierpiatz" (Abb. 2), 
der an die freilich weit aufwendigere, architekto- 
nisch gefaßte Anlage in Laxenburg gemahnt". 
Darum könnte der Wiener Aufenthalt Ernsts i. - 
der sich selbst in Rüstung porträtieren ließ" - ei- 
nen entscheidenden Anstoß zur spezifischen Aus- 
biidung der Flosenau als Ort der Evokation mittei- 
alterlichen Ritterwesens gegeben haben's. 
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Der umfangreiche Auftrag zur Errichtung von acht 
Zimmern des Schiößchens wurde etwa im März 
1816" dem Bürgerlichen Tischlermeister Friedrich 
Hasselbrink erteilt, der dem Herzog, wohl wäh- 
rend seines Wiener Aufenthalts aniaßiich der 
Hochzeit Prinz Ferdinands, persönlich Muster vor- 
gelegt hatte". Wie aus den Akten der Wiener 
Tischlerinnung hervorgeht, trat der in Göttingen 
geborene Handwerker am 28. April 1806 als Gesel- 
le" in die Werkstatt des zu den bekannteren Tisch- 
lern Wiens zählenden Johann Fleimann" ein. Am 
14. Oktober 1811 erhielt er die "Befugnis auf alle 
Gattungen Möbel, Gaianterie- und Bautischierar- 
beitenii"; dementsprechend erscheint er in dem 
bereits 1811 verfaßten nHandiungs-Gremien und 
Fabricken Adressen Buch von Wien und Nieder 
Oestreich für das Jahr 1812i: des Anton Fiedlsz. 
Die Aufnahme in die Zunft erlangte Hasselbrink 
am 16. Mai 1812 mit einem als "Gesellschafts- 
Tisch  von Mahagoni und Mailaquite Holz, das 
10 Salon im Schloß Niederiülibacri bei Coburg, Zustand 
urn 1934 
11 Kanapee, Fauteuiis und Stühle, wohl Wien, um 1816, 
Nuiibaumhoiz, Bezüge erneuert. Coburg, Schioß Eh- 
renburg, inv. Nr, l 341 und lt 1141115 
Anmerkungen 41- 73 
1' Paul v. Ebart: Luise Herzdgin von Sachsen-Coburg-Saalfeid. Ein 
Lebensbild nach Briefen derselben. Minden 1903, S. 40; siehe Ott 
1969 (wie Anni. 2a; s. a4. 
"7 Armin Leistner: In Stein gehauen. Flurdenkmäler des Coburger 
Landes. in: Jahrbuch der Ccburger Laridesstiitung 1963, 
S. 50151. Abb 6d: Norbert H. Ott; Zur Geschichte des Schlosses 
Fiossnau. In: Bayeriarid 821980. H. B, Abb. S. 49. 
" Ott 1969 (wie Anm. 2B] S. 91 und 138, Kai, 54, Abb. 17a. 
" AussL-Kat. Romantische Glasmalerei in Laxenburg. Wien 1962 
(: 54. Wechselausetellung der Osterreictiischen Galerie), bes. 
S. 10111. Abb. 1: Josef Zykan: Laxenburg. Wien-München 1969, 
S, 45146. Abb. 39140; zuletzt Hanna Egger: Giuckwunschkarten im 
Biedermeier. München 1980, S. 12V 16. 
"f v. Ebart 1903 (wie Anm. 41) Tat. nacn S. 34 
"im Hinblick auf die Rosenau sind zwei Wiener Bestellungen 
Erhsts I. von besonderem Interesse. Seit Ende April 1816 drängte 
der Herzog auf die rasche Ubersendung VOn Zeichnungen der Al- 
täre und sonstiger "innerer Decoralionenii der Wiener Burgkapei- 
IG, die 1802 eine neugoiische Ausstattung erhalten hatte (StACO. 
LA A I 23b 16 E V, Nr. 2, fbl. 52). Arn 20, Juli 1816 schickte man die 
Blätter aus Wien ab, die in Coburg zweifellos in Zusammenhang 
mit der Ausschmückung des Rosenau-Scnlößcriens benötigt 
wurden. Ferner ließ Ernst l. Ende 1817 die Folge der Umrißradie- 
rungen der iiUndinei- beschallen (siehe Anhangl. welche die Er- 
Zahlung de ia Motte Fouques in ein gotisierendes Ambiente ver- 
setzen. Vielleicht sollten die Illustrationen auch als Vorlage für 
die Dekoration des Bades im Erdgeschoß der Rosenau dienen, 
iidas noch nicht ganz fertig ist und wb die Undine, Onkel Kunte- 
born, der schone Filiier und Berthalda als Gemälde hinkommen-i, 
wie Herzogin Lulse 1817 schrieb (v. Ebart 1903, wie Anm. 41, 
S. 41). 
" StACO, LA A l 28b 16 E V, Nr. 1, fOi. 15, sowie ebd. Nr. 2, fDl. 19 
und tol. 30. 
" Ebd. Nr. 2, iol, 100. 
" ALIWT, Zuschick-Protokoll 1805-1307. 
f" t-ilmmelheber 1978 (wie Anm. 28) S. 4 ; Franz Windiscri-Graetz: 
Der rätselhafte Meister B. HOII und die Wiener Kleinmöbel des 
frühen 19. Jahrhunderts. in: alte und moderne Kunst Jg. 23, 1978, 
H. 160161, S. 32. 
9' ALIWT, Fieglsterbuch über verschiedene Ordnungen und Dekrets 
und Rathschidg 1775-1511, Nr. 23767. 
" S. 100: iii-laßelbrick Frled., in der Fiossau, 2401i. 
9' ALIWT, Protokoll über die bey versammelten Handwerkern abge- 
handelt werdende Gegenstände, Jahr 1812. 
5' ALIWT, Haupt Protokoll worinnen von der gesamten Meister- 
schatt der bürgerlichen Tischlerinnung in Wien die entrichte- 
ten und rückständigen Quartalauriagen und auch die au1gedun- 
genen zu Gesellen freigesprochenen Lehrlinge enthalten sind, 
180611„ 101. 339. 
9' ALlWT, Protokoll über die an das Bürgerliche Tischierhandwerk 
ergangenen Verordnungen, 172911„ Geschättsnummer 21713; 
zur Gewerbsheimsagung siehe Heinz Zatschek: Geschichte der 
Tischler in Wien. Wien O.J. iMascti-Ms. in ALIWT] Bd. 2, S. 595 
bis 598. 
5' Zu Tiscriiergewerbe und Mbbeikunst in Wren wahrend und nach 
der Kongreßzeit siehe u.a. Franz Windisch-Graeiz: Möbel, In 
AussL-Kai, 150 Jahre Wiener Kungreß. Wien 1965, S, 382-84, 
und Himmelheber 1978 (wie Anm. 2B) S. 3611, 
5' Meist wurden für jeden Raum 7 in der Wortwahl der Quellen - 
ein wDiwan- (oder eventuell eine 1003115914159"), zwei i-Fauteuilsii 
oder mrmsessel- und mehrere - gewöhnlich sechs oder vier - 
isessei. angefertigt, ferner ein runder oder achieckiger Tisch 
und, in Entsprechung zur Zahl der Fenster, ein bis drei Konsolen. 
Eine Ausnahme bildete vor allem der - wohl mit dem südöstti 
chen Eckraum des Hauptgeschosses identische 7 Salon mit ei- 
nem i-Eckdiwan aus einem mittleren und 2 Seiiensiücken beste- 
hend-i. 18 "Sesselnm und einem "runden Tisch nach Verhältnis 
des Diwansr. Wie aus den Beschreibungen der Möbel IU schlie- 
Ben ist, lagen wohl auch die übrigen von Hasselbrink ausgestat- 
teten Raume s zumindest überwiegend - im Haupigescrioß 
des Scnidßchens, 
" Für die Bezüge wurden keine Seiden, sondern zumeist Wollstnf- 
te - wie Merino, Pruneile und Casimir 7 verwendet. Die Archi- 
valien uberlieiern folgende Farbzusammensteilungen: wlilla be- 
schlagen, mit grüner Traperie und Sitzi- sowie ngrüne Traperie 
und Sitl mit weißen Schnürenu; iigelb mit grauem SitZ und Trape- 
rieii sowie "grau beschlagen mit lllla Schnüren und Horden-i; 
vblau mit gelber Traperie und Sltz- sowie "gelb beschlagen mit 
lilia Schnüren und Horden-i; nweiß mit blauer Traperie und Sitz-r, 
(vgl. auch die farbigen Biaiier in OMAK, K. i. essen 11., 
XVllluult ff.) Die gestreiften Mdbeibezüge, welche die Aquarelle 

	        
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