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Buchschmuck für V.
S. gez. v. Kolo Moser.
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Ringstrassenhaus. In dieser vier Stock koken, von Strassen
ge tose und Staub umwogten Zinskaserne den ersten Stock
bewohnen, wenn möglick mit separiertem Aufgang, dies ge
nügt unseren Ansprücken auf Vornekmkeit. Es feklt das
Gefükl für die wirklicke Elegance, die darin liegt, sick von
der Strasse zurückzuziehen und sein Heim mit dem Kost
barsten zu umgeben, was die Grossstadt bieten kann: mit
grünen Bäumen.
Es fehlt der Sinn, den Architekten Aufgaben zu stellen,
durch welche individuelle Impulse zum Ausdruck gelangen
könnten. Die Fähigkeit, solche Aufgaben zu lösen, ist ja bei
uns noch immer in hervorragendemMasse vorhanden. Wiens
architektonische Talente haben locales Colorit, die Fischer
von Erlach et tutti quanti, sie haben nicht umsonst in
Wien gelebt, geschaffen.
Man vergleiche ein Warenhaus von van der Null,
von Otto Wagner, mit den jetzt vielbestaunten Monstro
sitäten in Berlin. Man betrachte die Wiener Fruchtbörse,
die jetzt entstehenden Stadtbahnbauten und suche besseres!
Aber die Speculation ist kein vornehmer Bauherr, Reclame-
sucht kein würdiger Bauleiter. Um Kunst zu zeigen oder zu
heucheln, verfallen nun die meisten unserer „Architektur
künstler“ auf die unglückselige Idee, sogenannte Paläste
mit wahren Säulen-, Erkerdach- undThurmorgienauf Holz
leisten und Glasfenster zu stellen. Das eigentliche Wohn-
haus soll eine nach aussen manifestierte = immer DIS-
CRET aber BESTIMMT betonte Eigenart zeigen. Wien
nimmt an Prachtbauten immer zu, an intimer Schönheit
aber fortwährend ab. = Gleich banal wie die äussere Hülle
ist auch die innere Ausstattung der Wohnräume. Auch
hier findet man Lässigkeit, Gleichgiltigkeit und mangelnde
Geschmacks-Initiative von Seite des Püblicums. Doch ist
nicht dieses allein der Schuldtragende, sondern immer wie
der diejenigen, deren Aufgabe es ist, einen oft schwanken
den Geschmack zu leiten und zu führen. Der Decorateur
und der Tapezierer sind bei uns meist Feinde einer künstle
rischen Empfindung. Sie ignorieren die grosse Rolle, welche
die künstlerischen Motive des modernen Kunstgeschmackes
bei der Einrichtung einer Wohnung spielen können. Sie
sind zum mindesten entsetzlich schwerfällig.
Anstatt wie dies z. B. in Paris und Berlin der Fall
ist = alle Spielarten der Decorationskunst auf dem Lager
zu haben; alles, was Walter Crane, Gerhard Munthe,
was C arabin, Köpping, Gallet, Obrist und so viele andere
schaffen und neugestalten = benützen sie die ihnen zur
Ausschmückung übergebenen Räume dazu, sinnlose Bro-
cat-, Plüsch- und Goldorgien zu feiern. Dabei leiern sie
einen einmal gebrauchten Stil in unendlicher Gleichmässig-
keit fort. Es ist charakteristisch für die ausserordentliche
Lernbegierigkeit unserer Kunsthandwerker, dass dieselben
gegen den ehemaligen Leiter des Handels-Museums, als
dieser die englischen Möbelmodelle brachte, eine Beschwerde
erhoben. Er störe den Gang ihres Geschäftes, denn ihre Ge
sellen seien NUR auf Renaissance eingearbeitet,
und sie hätten keine Lust, ihre Arbeiter um
lernen zu lassen!
Die Leute, deren Instinct sich nun gegen
solch ein Dutzend - Milieu von Tapezierers
Gnaden wehrt, finden keinen anderen Ausweg,
um ihr Heim intim und künstlerisch zu gestal
ten, als ihre Wohnung mit antiken Möbeln und
Brie & Brac auszufüllen. Aber es ist doch etwas
anderes, wenn sich ein Feudalherr in seinem
Schlosse ein Milieu schafft oder ergänzt, wel
ches ihn stets an die „glorreiche“ Vergangenheit
erinnern soll; es ist etwas anderes, wenn ein
ernster Sammler sich in eine Kunstepoche ver
tieft und sein Heim mit Schätzen dieser Epoche
anfüllt, als wenn der Selfmademan mitten im
Tapezierer-Milieu seiner Mietswohnung den
„Salon“ in einen Trödlerladen verwandelt, um
seinem Kunstbedürfnisse zu genügen.
Die Aufgabe der Museen aber ist es nicht
nur, einzelne übernommene Schätze vor Staub
und Nässe zu bewahren, sondern den Cultur-
stand aller Epochen in Sammlungen didaktisch
festzuhalten und ohne Stillstand die neuen Er
scheinungen auf allen Kunst- und gewerblichen
Gebieten aufzunehmen. Naturgemäss würde so
der Weg geebnet für die Entwickelung eines
modern nationalen Stils, und die allgemeine
Interesselosigkeit, die Atonie des Geschmackes
wäre überwunden. = Wie viel ist noch zu thun,
wollen wir stofflich und technisch die Leistungen
des Auslandes verarbeiten und uns assimilieren!
Weshalb lernen z. B. unsere Keramiker
nicht die einfache Noblesse der Form, die Fein
heit der Farbentönung anzuwenden, welche
durch Japans Einfluss die europäische Produc
tion so sehr veredelt hat ? Weshaib betrachten
sie nicht eingehend die Leichtigkeit der Zeich
nung, die geistreiche Selbständigkeit der Mo
tive, welche das französische, ja besonders das
Porzellan Kopenhagens zeigt! Es wäre ihnen
dann unmöglich, wie bisher, Modelle zu liefern,
die gedanklich und stofflich roh und brutal wir
ken. D te farbigen Terracotta „Wiener Typen“,
die schlecht geformten, mit schreienden Farben
gezierten Vasen und Jardinieren, die Tafelser
vice mit den ewigen blauen Zwiebel-Mustern,
oder der Mille Fleurs-Dessins würden rasch
verschwinden und das Publicum bald zu edleren
Anforderungen erzogen sein.
Und die Glas-Industrie ? Welch ein Mangel
von Grazie, von künstlerischer Einfachheit,
von Elegance in den Formen. Alles ist schwer,
Buchschmuck
für V. S gez.
v. Kolo Moser.
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