Es stand Großes auf dem Spiel, als sich Henri IV. für
seine Hauptstadt Paris und eine katholische Messe
entschied. Gegen seine innere Überzeugung ent-
schloß er sich zu diesem Eingeständnis. Die Einheit
der Nation und seine persönliche Vorrangstellung
schienen der Lohn für den ßbedenklichen- Einsatz.
l-lenris Ende ist bekannt. Er fiel durch Mörderhand.
Die Metapher scheint weit hergeholt. verleugnet
doch der qualifizierte Kunsthandel keineswegs
seine innere Überzeugung, organisiert er sich ein-
oder zweimal jährlich zu einer Leistungsschau in
prunkvollem Rahmen. Und doch hat sie Gültigkeit.
Gibt es doch fast keinen ambitionierten Kunsthand-
ler in Österreich, der nicht unter der Belastung
wKunst- und Antiquitätenmesse-x leidet; aber
ebenso kaum einen, der daraus die Konsequenz
zieht und nicht mehr teilnimmt. Was ist schuld an
dieser fast schizophrenen Haltung? Was die Ursa-
chen dafür, daß sich die Elite des heimischen Kunst-
handels Jahr für Jahr- und das sogar zweimal - un-
ter Murren und mehr oder weniger laut geäußerter
Ablehnung dazu aufrafft, die beiden österreichi-
schen Spitzenmessen zu beschicken; ein Unter-
nehmen. das mit viel Aufwand an Arbeit, finanziel-
lem Einsatz und Ambition verbunden ist. Jedenfalls
ist das der Inhalt der Klagen, die man immer wieder
hört. Was ist hier nicht in Ordnung?
Wir glauben der Denkansatz. Wir sind der Meinung,
daß die Einrichtung der Kunst- und Antiquitäten-
messen in ihrer Funktion von vielen Händlern falsch
definiertwird. einer fehlgeleiteten Einschätzung un-
terliegt. Diese gilt es zu ändern; ein Unternehmen,
das nur über eine vernünftige Definition der Aufga-
ben der Kunst- und Antiquitätenmessen zum Erfolg
geführt werden kann.
Welche Aufgaben hat also eine Messe? Was ist ihre
Funktion im Kunsthandel und welche hat und dart
sie nicht haben?
Messe ist Leistungsschau. Die gemeinsame An-
strengung aller ermöglicht es, das Interesse für den
Kunsthandel verstärkt zu wecken. Das heißt, zweimal
im Jahr wird im Frühjahr in Salzburg und im Herbst
in Wien vom österreichischen Kunsthandel alles
mögliche unternommen. um aufzuzeigen, zu wel-
chen Leistungen der heimische Kunst- und Antiqui-
lätenhandel fähig ist. Er ruft sich als Branche und
den einzelnen Händler als Spezialisten in Erinnerung;
und zwar nicht mit Versprechungen, wie es bei an-
deren Branchen üblich ist, sondern mit Beweisen,
mit den ausgestellten und verkäuflichen Objekten
seines Angebotes. Der Kunsthandel macht mit Hilfe
dieser Messen darauf aufmerksam, daß es ihn gibt;
und zwar in der Form vieler Einzelunternehmen, die
Jahr und Tag das gleiche wie auf der Messe tun.
Nämlich Kunst und Antiquitäten erwerben, erhalten,
einordnen, präsentieren und verkaufen, möglichst
an Leute, die auch wissen, was sie da erwerben und
es dementsprechend schätzen. Die Messe ist fürden
ernsthaften Händler eine Außenstelle, eine Anlauf-
adresse, um sich und sein Geschäft, um seine Tätig-
keit, die das ganze Jahr über dauert. vorzustellen.
Der Trend läuft leider und im allgemeinen anders.
Den Messen und in einigen Extremfällen den zahl-
reichen anderen ßmesseähnlichenu Verkaufsmärk-
ten wird das Ladengeschäft geopfert. Auf wenige
Wochen wird die Hoffnung und die Ambition eines
ganzen Jahres konzentriert.
Das Jahr über werden dem Laden und dadurch der
regelmäßig vorbeikommenden Kundschaft die be-
sonderen Exponate entzogen; insbesondere dann,
wenn - wie es vorkommt - inflationär alles. was es
da so an Veranstaltungen gibt, beschickt wird. Das
führt dazu, daß so manches ehemals florierende und
durch sein permanent wechselndes Angebot ausge-
zeichnete Antiquitätengeschäft im Alltag durch
Mittelmäßigkeit und Leere unrühmlich hervorsticht.
Das daraus resultierende mangelnde Kundeninter-
esse wird mit dem Schlagwort "Das Ladengeschäft
ist tote apostrophiert, ohne daßgesehen wird, daßja
nur die eigene, falsche Politik und Einstellung an
diesem Umstand Schuld trägt. Alle Hoffnung kon-
zentriert sich auf die Messen. die unter diesen Um-
ständen ausschließlich als Umsatzmekka betrachtet
und dementsprechend angegangen werden. Viele,
auch große Händler beklagen diesen Zustand und
vermeinen. daß es keinen Ausweg gäbe.
Der Kunsthandel spielt sich nicht ausschließlich auf
den Pulten der Auktionare und in den Kojen der
Messen ab. Zum überwiegenden Teil besteht er im
persönlichen, hektiklosen Kontakt des Händlers mit
dem Sammler oder Kunden, und zwar in den Räumen
seines Unternehmens. Es ist dies eine Frage der Be-
wußtheit und Einstellung sowohl des Händlers als
auch der Kunden.
Mit dieser Feststellung soll keineswegs den Messen
das Wort geredet, sondern die Einstellung zum Mes-
segedanken ganz allgemein relativiert werden. Es
geht nicht an, ungerechtfertigte Präferenzen gelten
zu lassen, die auf Kosten der Basis - dem Ladenge-
schäft - allzu forciert werden.
Die Messen sind gut und notwendig, doch keines-
wegs ein Allheilmittel und die einzige Antwort auf
die vielfältigen Fragen, die sich dem engagierten
Kunsthändler stellen.
Das Wohl einer Branche, also in unserem Falle das
Wohl des Kunsthandels, fundamentiert sich in der
Kontinuität der Leistung, einer Leistung, die darin
besteht, das ganze Jahr über für den Kunden und
seine Wünsche dazusein und - das sei unbenom-
men - gelegentlich publikumswirksame Glanzlich-
ter zu setzen.
Das freilich bedarf starker Händler mit Erfahrung
und Umsicht. Händler, die es verstehen, die Ge-
wichte richtig zu setzen, die Überblick und Ambition
genug besitzen, für das Wohl des Standes und dar-
aus folgend natürlich auch für das eigene Wohl zu
agieren. Diese Verantwortlichkeit schließt in sich
ein, daß, wie es ia in verstärktem Maße geschieht,
darauf geachtet wird. wer auf einer der beiden Kunst-
und Antiquitätenmessen Österreichs ausstellt. Nicht
ieder Händler ist schon geeignet dafür, nicht ieder
besitzt genug qualifizierte Ware und - was vielleicht
noch wichtiger ist - genug Verantwortungsbewußt-
sein. Die Sorge um sogenannte Kcnkurrenzunter-
nehmungen, die meistens bloße Verkaufsmärkte
sind, soll da nicht dazu verleiten, Grundsätzliches zu
vergessen. hereinzunehmen, was sich anbietet.
Messen sollen Glanzlichter sein und kein Ersatz.