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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVIII (1983 / Heft 186 und 187)

 
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lbe Emilies 
igewählte Texte auf Postkarten und aus Brie- 
Gustav Klimts an Emilie Flöge 
hat sich bisher keine einzige Zeile Klimts an Emilie 
ie gefunden, noch auch ein Wort von ihr an ihm, 
eibt Christian Nebehay 1969 in seiner umfassen- 
und richtungweisenden Klimt-Dokumentatiom 
ier Dokumentationsmangel hat sich dramatisch 
:h die Auffindung von fast 400 Schriftstücken aus 
Hand Gustav Klimts geändert, deren Existenz im 
hlaßvon Emilie Flöge bis heute (1 982) nicht bekannt 
esen sind. Der Nachlaß selbst, welcher aus 
muck und Silberarbeiten der Wiener Werkstätte. 
der Textilsarnmlung des Ateliers Flöge, Entwürfen 
Emilies eigener Hand und den berühmten Original- 
s Klimts. die Emilie als Modell ihrer eigenen Mode- 
ipfungen zeigen, besteht, soll erstmals in einer um- 
ireichen Ausstellung bei Fischer Fine Art in London 
aigt werdenflm RahmendieserAusstellungwird ei- 
Xuswahl der Klimt-Korrespondenz zu sehen sein. 
inter die auch visuell eindrucksvollen und inzwi- 
an berühmt gewordenen Bildpostkarten der Wiener 
kstatte, die Klimt benützte, um an Emilie zu schrei- 
Die Gesamtpublikation der Klimt-Floge-Korre- 
"IÖBTTZ von 398 Schriftstücken (Ansichtskarten, Kor- 
iondenzkarten, Briefen, Telegrammen und Rohr- 
zkarten) im Zeitraum von 20 Jahren - zwischen 
7 und 1917 - geschrieben, soll einer späteren Pu- 
ttion vorbehalten bleiben, welche sowohl den 
iftlichen als auch den visuell relevanten Nachlaß 
ieinsam behandeln wirdfDas ersteSchriitstückder 
fsammlung ist ein irKartenbrief zur pneumatischen 
ibeförderungrt, der den Poststempel vorn 14. April 
7 trägt und an Emilie Flöge, Wien Vll, Westbahn- 
ße 18. II. Stock, gerichtet ist: 
beEmilielEs istmirleidernicht möglich heute Stun- 
u nehmen etc. . xi Offenbar hatten Gustav und Emilie 
ials gemeinsame Sprachstunden genommen, den 
flcgenheiten der Epoche gemäß wohl Französisch- 
iden. Historischwichtiger ist aberdieTatsachedaB 
ahre 1897 Emilie 23 Jahre und Klimt 35 Jahre alt ge- 
en sind, ein für damalige Verhältnisse sehr großer 
rsunterschied, dervielleicht auch den teilweise auf- 
;unerotischenAspektderBeziehung -soweit man 
schriftlichen Nachlaß überhaupt als Beweis ver- 
den darf - verständlicher macht. Diese wOnkel- 
nett-Stimmung ergibt sich vielleicht auch schon aus 
aereits bestehenden familiären Konstellation, denn 
lies "mhwester, Helene, war ja mit Gustav Klimts 
1er, Ernst, verheiratet und Gustav ist nach dem Tod 
es Bruders Vormund des Mädchens geworden, das 
er Ehe entstammte, Helene. 
lie, 1874 als Tochter des Meerschaumfabrikanten 
wiann Flöge in Wien geboren, eröffnete 1905 mit ih- 
Schwestern Helene und Pauline den Salon riSchwe- 
n Flögew im Haus des Cafes ißCasa Piccolarr, Maria- 
ir Straße 1B, im Zentrum des Wiener Modeviertels. 
Der Salon beschäftigte zeitweise 80 Schneiderinnen (i) 
und 3 Zuschneider und war auf die Bedürfnisse der Ari- 
stokratie und des Großbürgeitums ausgerichtet. Die 
Wiener Rothschild z. B. gehörten zum Kundenkreis und 
ließen noch 1934 ihre Garderobe für die Krönungsfeier- 
lichkeiten Edward VIII. in London im Salon Flöge vorbe- 
reiten. DieserWelt wurde 1938 mit dem Einmarsch Hit- 
lers der Todesstoß versetzt, und das tragische Datum 
1938 markiert auch das Ende des irModesalons Flögeit. 
1952 starb Emilie 78jährig in Wien. Sie hat nie geheira- 
tet, und die Klimt-Korrespondenz fand sich, liebevoll mit 
 
Anmerkungen 1 - 4 
' Chttstian M. Nebehay IGLISIBV Klimt Dokumentation-r, Wien l969. 
S 274. Siehe auch Christian Nebehay rGustav Klimt schreibt an eine 
Liebe (Milli Zimrnermanny, Mitteilungen derOsterreichischen Galerie 
197B.S. lDl - H5 Überdie Mizzi-Zimmermann-Brtefeergibtsich aller- 
dings bereits eine indirekte Verbindung zu Klimts Floge-Beziehung. da 
viele der Briefe an Mizzt Zimmermann von Attersee aus geschrieben 
wurdemwoia Klimt mit Emilie Im Hause Floge seineSommer verbrach- 
te. 
1 wGustav Klimt and Emilie Flöge, the relationship between painter and 
designeru,geplanteAusstellung1983i!984,FischerFirteArtGallery,30 
KingStreeLSLJamess. London S.W.1 .DieTranskriotionDrdnung und 
Übersetzung des Briefwechsels iriS Englische besorgte Dr. DOFOIhGE 
McEwan, der ien niar meinen Dank fürdie schwierlqeAulgabe ausspre- 
chen mochte Siehe auch: Nicolas PDwell nEmllle Fioge and har lover 
Gustav Klimt-r in nAQOIlOl, August 1932. s. 112 e 114, 
1 wdirgang Fischer nGustav kiirnt und Erniiie Fioge- Genf und Talent, 
Freundschaft und Besessenheit. (Arbeitstitel) 
- vgl. auch dieausrohriicrie Dsrstellungder Beziehung Klimt - Flöge, bei 
Nebshey, Klimt-Dokumentation, a. a. 0., s. 265 e 215. 
bunten Bändern verschnürt, in ihrem Nachlaß. Sie sind 
Zeugnisse eines vertrauten Umganges. eines stets ge- 
genwärtigen Mitteilungsbedürfnisses und einer Sehn- 
sucht nach einem Füreinanderdasein, das nicht durch 
das Auf und Ab großer Leidenschaft aus dem Gleichge- 
wicht gebracht werden kann.' Dergrößere Teil der Mit- 
teilungen, die oft banal genug sind, findet sich auf An- 
sichtskarten, vorzugsweise mit Städteansichten, die 
Gustav von seinen Reisen nach London, Paris, Brüssel 
und Berlin an seine vliebe Emilieir schickte. Es finden 
sichaucheineMenge WienerAnsichten darunter, dieer 
oftspottendkommentierteunddieimvprätelefonischen 
Zeitalter-r wohl unseren heutigen Telefonanruf ersetz- 
ten. 
Klimt schrieb in einer Schriftmischung, die hauptsäch- 
lich aus Kurrentschrift bestand, aber durchsetzt war mit 
Lateinschrift. was das Lesen sehr erschwert. Wenn er 
Dialektausdrücke oder Fremdworte verwendete, be- 
nutzte er vorzugsweise Lateinschrift und Anführungs- 
zeichen. Er schrieb oft im Telegrammstil, verwendete 
viele Beistriche oder Gedankenstriche, was nicht im- 
merklaiauseinandergehalten werden kann, erlaßt Arti- 
kel aus und Punkte, da er eine neue Zeile beginnt oder 
einfach um die Ecke weiterschreibt. Er benützt auf den 
Karten selten eine Anrede, manchmal sind die Karten 
unsigniert oder aber die Unterschrift zu GUS abgekürzt 
und fast immer Großbuchstaben. 
Seine Rechtschreibung ist für das heutige Empfinden 
altmodisch. er ist nicht konsequent, macht typische 
Grammatikfehler eines Deutschsprechenden aus dem 
süddeutschen Raum und verwendet viele österreichi- 
sche Dialektausdrücke und eigene Sprachschöpfun- 
gen, wie z. B, ifühle mich verdebschtt. Oft ist der Über- 
gang von Hochsprache zu Dialekt und umgekehrt sehr 
schwierig zu verstehen, oft der Fluß der Nachricht un- 
klar, dadieZusammenhänge in Ermangelung derNach- 
richten von seiten Emilies nicht völlig klar sind. 
Er schreibt auf jedem verfügbaren Raum, auf der 
Vorder- und aufder Rückseite, rund um den Rand, in das 
Bild hinein usw., so daß man suchen muß, wo der Text 
richtig weitergeht. 
Klimt war ein ambitionierter Kartenschreiber, der seine 
Gemütsverfassung und die Wetterlage alle 2 - 3 Stun- 
den eine Karte wert fand. Er war ein Wetterberichter- 
statterparexcellenoe, seine Berichteslndteilweiseme- 
teorologische Ausführungen. Er schrieb wirklich sehr 
eifrig, einmal fünf Karten proTag(1 1.JuIi 1909)undwoIl- 
te natürlich ebenscviel Post von Emilie erhalten, was 
aber nie der Fall war. Nur selten bedankt er sich für ein 
Lebenszeichen von ihr und geht dann seltsamerweise 
fast nie näher darauf ein. 
Für die Erstveröttentlichung in iialtei und moderner 
kunstti haben wir zwei Gruppen der Klimt-Korrespon- 
denz ausgewählt, die jede in sich geschlossen ist, d. h. 
die Mitteilungen auf Bildpostkarten der Wiener Werk- 
Stätte und Klimts Mitteilungen von seiner Reise nach 
London, 1906.
	        
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