Ernst Steiner
Der 1935 in Winterthur in der Schweiz geborene Maler undGra-
fiker Ernst Steiner lebt seit seinem zwanzigsten Lebensjahr, al-
so seit 1955, in Österreich und ist hier ein fester Bestandteil der
Kunstszene geworden. wie zahlreiche Ausstellungen belegen.
Er wird meistderWienerSchule des phantastischen Realismus
zugerechnet. hat in diesem Rahmen und über das Etikett hinaus-
gehend aber ganz eigene Wege eingeschlagen Daß er kein in
den heute hektischen und mit viel Publicity arbeitenden Kunst-
betrieb integrierter Ktinstler ist, liegt nicht nur an seinem Wohn-
sitz aul dem Lande und am Engagement für seine Familie, es hat
seinen Ursprung sicher vornehmlich in der Persönlichkeit Ernst
Steiners, der diesen Formen der Kommunikation mit Skepsis ge-
genübersteht. Die meditativen Themen und Inhalte seiner Wer-
ke sind ebenfalls nicht geeignet, plakative, rasch wirkende Ein-
drucke zu vermitteln. Sie wollen eingehend und aufmerksam,
nachdenklich und mit der Bereitschaft. sich in sie hineinzuver-
senken, gesehen werden.
Ernst Steiner arbeitet hauptsächlich mit grafischen Mitteln in
kleinen Formaten und hat nun seit einigen Jahren liir seine Ar-
beiten eine kongeniale Form der Umsetzung ins große, ja gera-
dezu monumentale Formatgetunden, indem er sich ftirdie Wir-
kerei, turTapisserien zu interessieren begann. Es ist sicher kein
Zufall, wenn er dabei eine Vorliebe für subtile und handwerklich
besonders sorgfaltige Weberei entwickelte und Künstlerinnen
dalur gewinnen konnte, seine Entwurle in Wandbehange umzu-
setzen. Hilde Absalon, Marga Persson und zuletzt Verna Kaut-
man haben nach seinen Entwürten und nach von ihm selbst an-
gefertigten, schwarzweißen, nur die Formen wiedergebenden
Kartons gewebt. Es ist Ernst Steinerwichtig, den Künstlerinnen,
die in diesen Werken mit ihm zusammenarbeiten, zuzuschauen,
mit ihnen den Arbeitsvorgang durchzugehen, Farben und Mate-
rial auszusuchen und immerwieder den Fortschritt des Werkes
zu betrachten So entstehen Wendteppiche, die thematisch, in-
haltlich und von derArt ihrer Herstellung her eine Einheit bilden
und die ganz und gar autonom sind.
Reiz und Wirkung der Tapisserien Ernst Steiners gehen von der
großen Ruhe und Harmonie der lein abgestutten Farbigkeit und
der Komposition aus. Die zentrierten und streng symmetri-
schen Bildfelder enthalten Naturformen und kosmische Gebil-
de. die zu einer ausdrucksstarken Großform zusammengestellt
werden. Das textile Material unterstützt durch seine Weichheit
und Warme und durch die unendlich teine, nur beim Weben
mögliche Differenzierung der Farbabstulungen die Wirkung des
Dargestellten
Ernst Steiner hatte bis heute noch nicht sehr viele Gelegenhei-
ten.derÖIIentlichkeitseineWandteppichevorzustellen.Aufder
anderen Seite sind in den zwöll Jahren, seitdem er sich diesem
Medium zugeweridet hat, auch noch nicht sehr viele Stücke ent-
standen, nämlich genau zwülf. Das hat vor allem wohl finanzielle
Grunde, denn das Material ist nicht billig und der Arbeits- und
Zeitautwand beim Weben recht groß. An die Umsetzung eines
Entwurfes in einen Teppich kann Steiner immer erst denken,
wenn sein Auftraggeber bereit ist, die Webarbeit auch zu hono-
rieren Das erfordert auch von dieser Seite einiges an Vorstel-
lungs- und Einfühlungsvermögen, und es ist verwunderlich, daß
es bis ietztlast immer nur Privatsammler waren, die den Mutzu
so einem Auftrag hatten. Dabei wären Thematik und Inhalt der
Tapisserien Ernst Steiners geradezu dazu prädestiniert, in öf-
fentlichen Gebäuden zu hängen, um ihre Betrachterzum Schau-
en und Nachdenken anzuregen. Angela Volker
i Meditatlnrtstepplch. 1970-71
Tapisserie, Weberin Marga Persson
140 X118 Cm: Privatbesitz Winterthur
2 rMIcrokosmcs-Macrokosrnos-i, 1971-72
Tapisseiie, Weberin Marga Persscn
155 x t55 cm; Privatbesitz Zurich
3 Hans Steiner, Obere Mühle ll'l Arnclzl
Nieaerosierreich
4 Atelier Steiner
s lLübyllnth zwischen Licht und
Finslernisu, 1975
Tapisserie, Weberin Marga Fersson
175 x iw cm, Privaibesitz
6 wHimmIische Stadt-i. 1978
Tapissene, weoeriri Marga Persson
M0 x 125 cm, Pnvaibesitz Winterthur
7 Karton zu dertapisserie
iiiiirrrmiiscires JEHJSBIEUM, ieso
iss x iss cm, Privatbesitz
e irLebenszeichenir, ieei
Tapissene, Weberin Verna Kautman
185 X145 cm, Besitz des Künstlers