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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVIII (1983 / Heft 188)

15 Jahrhundert 
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Herkunft partiell reflektiert. scheint eine spezifisch Ant- 
werpener Quelle zu haben. Die vielfigurige Einzelbild- 
fassung des NATa'COeliK'TheTTIES läßt sich auf dem Sek- 
tor der Malerei nur im vom Wiener Tüchlein repräsen- 
tierten Typus nachweisen. Im flämischen Raum ist die 
Sybillen-lkonographie heute allein aufdem Gebiet texti- 
lerGestaltung in Wandteppichen zurgleichen Zeitgreif- 
bar." Die dortige lnszenierungsform hängt nicht direkt 
mit dem Wiener Typus zusammen, sondern variiert die 
Anordnung der Figuren. Die Seherin und der Kaiser ste- 
hen, beziehungsweise knien einander gegenüber, ha- 
ben iedoch mehrere Personen zur Begleitung, die als 
Zeugen dem Geschehen beiwohnen. Ein Detail am Ran- 
de: Die Brüsseler Tapisserie bringt eine Turmuhr, die. 
auch darin von der Wiener Fassung abweichend, wie- 
derum den Rundturm der Silbermann-Fassung 
schmückt. Auf einem anderen Wandteppich erscheint 
die Sybillen-Weissagung wieder als Teil eines weiteren 
szenischen Programms", diesmal als Teil einer Bildfol- 
ge zum Leben Mariens. 
Eine spezifische Stileigentürnlichkeit des Wiener Tüch- 
leins, jene auf konsequente Vertikalisierung angelegte 
Formensprache, fand in den Werken der iiPseudo- 
Blesir-Gruppe weitgehend eine Entsprechung; nicht da- 
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gegen fand sich dort auch jene steil-aufsichtig gegebe- 
ne Raumsicht; insbesondere die enge. Zwischenräume 
geradezu negierende Staffelung der Figuren stellt eine 
Eigenheit der vorliegenden Tüchleinkomposition dar. 
Wir möchten in diesem Zusammenhang abschließend 
auf mögliche Verbindungen zu Tapisserie-Kornposi- 
tionen hinweisen, die es ja, wie erwähnt, zum Sybillen- 
thema gibt. Gerade die Projektion der Figuren auf eine 
extrem aufsichtig gegebene Landschattsfolie ist ein 
spezifisches Merkmal für Kompositionen, die für Wand- 
teppiche konzipiert wurden. Bei der Darstellung der 
wAra-CoeIhr-Begebenheit im Rahmen des Marienlebens 
liegt derAnlaß so steiler Figurenstattelung und aufsich- 
tiger Raumprojektion in der mehrregistrigen Abbil- 
dungsweise und der Anordnung simultaner Szenen 
neben- und übereinander. 
Fazit dieser Beobachtungen ist die Feststellung, daß 
das Wiener r-Sybillentüchleinu eine für Tapisseriekom- 
positionen gebräuchliche Stilhaltung zeigt. Der Schluß. 
den wir daraus ziehen möchten. ist die Annahme, daß 
dieGestaltungdes Themas im WienerTüchlein Wurzeln 
in derTapisserieproduktion derZeit gehabt haben kann. 
Wie wir anhand der verwandten Variationen zur Wiener 
Sybillendarstellung zeigen konnten, scheint ein allge- 
mein bekanntes Vorbild vorgelegen zu haben - das in 
einem Fall als Vorlage für eine Glasfenstergestaltung 
gedient hat: das Londoner Zeichnungs-Fragmenl -, 
das möglicherweise für einen Tapisserie-Kartcn Ver- 
wendung gefunden haben kann. Gewichtigstes Argu- 
ment für die Annahme einer solchen Vorlage ist die Exi- 
stenzderSilbermann-Version, einerzweiten. nicht iden- 
tischen Fassung des Wiener Tüchleins. Es ist schwer. 
im Auftreten ein und derselben Komposition in der eher 
ungebrauchlichen Technik der Ternperamalerei auf 
Leinwand einen Zufall zu sehen. Wir möchten in diesem 
Zusammenhangauch daranerinnermdaßsich im0euv- 
re des wPseudo-Blesk-Meisters ein weiteres Tüchlein 
findet. das eindeutig eine Tafelbildkomposition variiert, 
wo also der textile Bildträger durch jene Kompositione- 
form bei weitem nicht die tapisseriehatte Wirkung er- 
zielt, wie dies bei dem Wiener i-Sybillentüchleink zu se- 
hen ist. Hierbei scheint die Tempera-auf-Leinwand- 
Malerei doch eine Ersatztechnik für Wandteppiche ge- 
wesen zu sein. Daher auch unsere Vermutung, daß das 
hypothetische Vorbild, auf das unsere Untersuchung 
immerwiedergestoßen ist, möglicherweise im Bereich 
der großformatigen Tapisserie-Darstellung zu suchen 
ist.
	        
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