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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVIII (1983 / Heft 188)

sie jedem Vergleich stand und gehören mit zum Be- 
n der Barockplastik nördlich der Alpen. 
dritte und letzte Etappe der Ausstattungsarbeiten 
iann 1727 mit dem Regierungsantritt Erzbischof Fir- 
ins. Damals wurde Paul Troger beauftragt. das Kup- 
fresko und ein (neuesW Hochaltarbild zu malen 
ttmayr hatte schon 1708 das Bild des linken Seiten- 
ires. des der alten Annen-Bruderschaft, gemalt. Tro- 
schuf erst 1735 die r-Giorie des hl. Kajetanir für den 
hten Seitenaltar; das Bild des Hochaltars stellt das 
rtyriurri des hl. Maximilian dar, des Apostels Nori- 
ns und Namenspatrons des Gründungsprotektors 
bischof Kuenburg). Aus dieser Zeit stammt auch die 
ckdekoration des Kuppeltambours in jenem vzarten 
i der Zeit um 1730. 
rvohl man also hier in zeitlich verschiedener Entste- 
ig "den reinsten Nachhall der Kunst Berninis findet. 
u die Anfänge eines der größten Barockmalers und 
origineilste Ausprägung der dekorativen Meister- 
aft des ,zarten Stiiskt, so wirkte trotzdem der lnnen- 
m der Salzburger Kajetanerkirche vgeschlcssen 
l harmonisch wie ein gewachsenes Ganzesrrw. Seit 
im Herbst 1982 abgeschlossenen Restaurierung ist 
;e Wirkung des wharmonisch gewachsenen Gan- 
ii zumindest verwischt, wenn nicht bedeutend abge- 
wacht. 
nichtmißverstanden zu werden: Derlnnenraum der 
etanerkirche war im Jahre 1947 restauriert worden. 
"garethe Witternigg hat über das von ihr geleitete 
haben berichtet." Dank der unermüdlichen Sorg- 
seitens des Ordens der Barmherzigen Brüder, der 
seit 1923 seine Salzburger Niederlassung hat, 
nte nun nach Behebung schwererSchäden am Kup- 
lach eine neuerliche eingehende Restaurierung des 
anraumes der Kirche durchgeführt werden. Alle Be- 
gten an dieser Restaurierung haben ihre Aufgabe 
hohem Können und großer Verantwortung erfüllt. 
1T) daher hier einige kritische Bemerkungen zu die- 
Restaurierung vorgebracht werden, dann gewiß 
it, um das Verdienst aller Beteiligten in irgendeiner 
'n zu schmälern. Vielmehr sollen durch die folgen- 
Zeilen Tendenzen der europäischen - nicht nur 
österreichischen - Denkmalpflege aufgezeigt 
den, die, wie der vorliegende Fall beweist, auf ge- 
tiche Bahnen führen könnten. 
Vorliebe zu einer "Dokumentation frühererAusstat- 
iszustandew wie zu einem nFreilegen um jeden 
sr ist in der heutigen europäischen Denkmalpflege 
er des öfteren anzutreffen. Man müßte doch beden- 
.daß sehrviele unserer sakralen Innenräume histo- 
he gewachsene Gebilde darstellen. deren uns über- 
irtes riBiidii den einheitlichen Ausdruck einer ganz 
timmten künstlerischen Situation darstellt und des- 
i behutsam und sorgfältig zu pflegen und nicht zu 
steilem ist. 
ei erlaubt. aufein Beispiel hinzuweisen: Am 28.Mai 
1 beschlossen Fürstabt und Konvent der Benedikti- 
eichsabtei St. Emmeran in Regensburg die völlige 
igestaltung des Innenraums ihrer Klosterkirche. 
i berief dazu die nüberaus berühmten: Brüder Cos- 
:Damian und Egid Quirin Asam, da diese. wie es in 
Quellen heißt, schon viele Kirchen wad usque mira- 
lmK (bis hln zum wunderbaren) neu ausgestattet 
en. im Zuge dieser Arbeiten hatte dann Egid Quirin 
m den schwarz-gold gefaßten Hochaltardes Jahres 
9 mit hellem Stuckmarmor überzogen, damit sich 
er in die neue, insgesamt v-lichteit Raumfarbigkeit 
üge. Bei derjüngsten Restaurierung in unseren Te- 
hat man jedoch in der ebenso schulmeisterlichen 
"didaktischem Anschauung, daß die erste Fassung 
ierdie "richtigen sei, die Marmorierung des Hochal- 
wieder abgenommen und damit die von den Brü- 
l Asam geschaffene Einheit eines Raumes von 
hster künstlerischer Vollendung für immer gestört, 
arstört," 
der Salzburger Kajetanerkirche nun hat man alles 
' brav. sehr ordentlich und sehr säuberlich wfreige- 
K - und hat damit das bisher einheitlich wirkende 
Bild eines historisch gewachsenen Raumes in das sei- 
ner drei Ausstattungsperioden rizerlegtii: An den Kapi- 
teilen der Kolossalpilaster und am Blattstab des Haupt- 
gesimses hat man Spuren von Vergoldungen gefunden, 
also hat man dieseTeile neu und prächtig glänzend ver- 
goldet. Da aber die Stukkaturen des Kuppeltambours 
einer anderertAusstattungsperiode angehören, fehlen 
dort nun iiselbstverständlichr- die Vergoldungen; das 
Kuppelfresko Trogers erstrahlt zwar jetzt in fast alter 
Schönheit, hat aberseine optischeverbindung mit dem 
Hauptraum verloren. 
Zweitens: Man hat die von Hans Tietze" geprägte An- 
nahme übernommen. daß die Fenster und Türen zwi- 
schen den Pilastern des Hauptraumes immer schon 
vblindk gewesen wären und haidiese Flächen aufGrund 
eines nvorgefundenenu Schwarz-Grau wie Fassaden- 
malereien des späten 17. Jahrhunderts behandelt. Man 
hätte sich jedoch vorher Überlegungen zur Funktion al- 
ler dieser iiBlindi-Fenster machen sollen und hätte auf 
 
11 Johann Michael Rottmayr. Vision des hl. Kajetan. aquarel- 
lierte Zeichnung, lombardischer Privatbesitz 
Anmerkungen 17 - 28 
" Lothar Pretzell. Salzburger Barockplastik. Berlin 1935. - Erst Heinrich 
Deckel (Barockplastik in den Alpenländern. Wien 1943. S. 60 und Abb. 
216 V 217) hat auf die Signatur aufmerksam gemacht 
" Sedlmayr wie Anm. ta, hier s. 45. 
" Am 28. Jdnner 1698 (Landesarchiv Salzburg, Domkapiteiprotokolle 
1598, hier 1. 42) war im Testamentsvollzug nach dem Saizburger Dum- 
herrn Paris Domlnikus Grat von Wolkensteln ein Hochalterblld bei dem 
i-geweslen Hausmeister und Maler: (des Stifters Jakob Christoph Pla- 
1er bestellt und dann ausgeführt worden (dazu KT 9. 1912. S. 112). 
" Sedimayer wie Anm. 13, hier S. 42. 
v Mar aretneWltternlgg, Die Gemäideder Kajetanerkircne zu Salzburg. 
ln' sterr. Zeitschr. 1. Kunst und Denkmalpflege. 1947. S. 73 - 7B. 
u Dazu ausführlich: Ursula Spindler-Niros, Farbigkeit in bayerischen Kir- 
chenraurnen des 18. Jahrhunderts (: Europäische Hochschulschrif- 
ten XXVfll. 12). FrankfurtlM -Bern 1981, hier S. 22 und S 374. 
" ÖKT 9, 1912, hier S. 114. 
" Landesarchiv Salzburg. Karten und Risse G 33H -3. 
" Hahnl wie Anm hier S, 3, 
1' Hermann Filli , eKollegienkirche in Salzburg,lhrVerhaltniszur römi- 
scheri Architektur des 17. Jahrhunderts. in: Wiener Jb. 1. Kunstge- 
schichte. 25, 1972, S. 259- 267. hier S. 267. 
" Sedimayr wie Anm, 16. hier S. 110. 
" Manfred Koller. Stuck und Stuckfassung. Zu ihrer historischen Techno 
logie und Restaurierung, in. Maltechnik-Restauru. B5. 1979. 
S 151 - 150 mit wichtiger alterer Linrners... Freilegung von Stukkatu- 
ren. In. Maiiecnnik-Restauro. es. 1932. s. 1777 153. - Michael Küh- 
lental und Martin Zunhauser. Der Passauer Dorn und die Deckengemäl- 
de Carpoioro Tencailas t: Arbeiisnen 12 des Bayerischen Landes- 
amtes für Denkmalpflege), München isez. 
 
Grund der im Salzburger Landesarchiv verwahrten 
Bestandspläne" - von denen der Grundriß des Erdge- 
schosses bereits 1973 durch Adolf Hahnl veröffentlicht 
worden istg 7 feststellen müssen, daß diese Fenster 
und Türen der Emporen und Oratorien des ersten und 
zweiten Obergeschosses erst im 19. Jahrhundert ver- 
mauert worden sind. (Der Frage, inwieweit die Anord- 
nung solcher Emporen, Balkone und iiOratorienu an den 
ovalen Kirchenräumen der Zeit um 1700 auf die Auffüh- 
rungspraxis vier- oder mehrchöriger lnstrumental- und 
Vokalmusik zurückzuführen ist, wird an anderer Stelle 
ausführlich nachgespürt werden.) 
Ferner: Wenn man an Stukkaturen eines österreichi- 
schen oder süddeutschen Sakralraumes der Zeit um 
1700 Vergoldungen findet. wenn die Basen und Posta- 
mente jener Pilaster, deren Kapitelle nun ganz vergol- 
det sind, aus rotem Marmor bestehen. dann müßte sich 
doch die Frage nach einer Wandbehandlung der Pila- 
stergliederung in Stuccolustro von selbst stellen. Der 
Hinweis hier auf eine primäre Grundfarbe Weiß gilt ge- 
nausowenig wie etwa für den unvollendeten (!) lnnen- 
raum der Salzburger Kollegienkirche. Denn niemand 
hat das Recht, bei solchen, nach einem einheitlichen 
Konzept begonnenen und kurz darauf unterbrochenen 
Ausstattungsarbeiten eine provisorisch weiß gekalkte 
Mauer als voriginalit gefaßt oder gefärbelt zu bezeich- 
nen, man vergleiche doch nur die in jeder Weise vollen- 
deten Innenräume der Karlskirche oder der Peterskir- 
che in Wien. Gewiß mag solches Unvollendetsein eines 
originalen Ausstattungsbildes bei dem einen oderande- 
ren Forscher zu persönlich gefärbten Interpretationen 
führemsowirdzum Beispielbei dem lnnenraumder Kol- 
legienkirche gerne von einem "kühlen. vornehmen 
Charakter? gesprochen. auch von einem "strengsten. 
feierlichsten Pol im gesamten Schaffen Fischersrr". 
Sogar bei gleichzeitigen Ausstattungsteilen der Kajeta- 
nerkirche gibt es nach derjüngsten Restaurierung Un- 
stimmigkeiten. Man hat zwar den "Vorhangs des Stuck- 
baldachins um das Hochaltarbild von späteren Über- 
malungen befreit, dafür aber die Stuckfiguren der das 
Altarbild tragenden Engel mit Wandfarbe übertüncht 
(wie solches seinerzeit mit dem gesamten figuralen 
StuckdermonumentalenHochaltarwandderKollegien- 
kirche irpassiertit ist). Abgesehen davon. daß manche 
der bei Restaurierungen figuralen Stucks erarbeiteten 
wichtigen Untersuchungen und Veröffentlichungen?" 
anscheinend weitum unbekannt geblieben sind, wäre 
dochdie Zugehörigkeitzu ein und demselben Ensemble 
von hoher künstlerischer Qualität näherer Beachtung 
wert gewesen. Da dies nicht der Fall war. ist also heute 
diefürdasSpieldes Lichtswiefürdiegesamte künstleri- 
sche Wirkung so notwendige Oberflächenstruktur der 
marmorschimmernden Adorantenengel der Taberna- 
kelgruppe grundverschieden von der ihrer i-Geschwi- 
steru, die das Hochaltarbild tragen. 
Niemand wird fordern. noriginaleit Raumfassungen zu 
rekonstruieren. Niemanden wird es aberauch einfallen. 
etwa die Restaurierung einerspätgotlschen Plastikzum 
Anlaß zu nehmen. um neben Resten eines Ölfarbenan- 
strichs des 19. Jahrhunderts Teile einer spätbarocken, 
einer frühbarocken und vielleicht der ursprünglichen 
Fassung nebeneinander stehen zu lassen. Ein Anstoß 
mehrzu diesenZeilenwaresdaßzurZeitihresErschei- 
nens nach notwendig gewordenen mauertechnischen 
Sanierungen mit dem für die nächste Zeit wohl bedeu- 
tendsten Vorhaben der Salzburger Denkmalpflege, 
dem der lnnenrestaurierung der Franziskanerkirche. 
begonnen worden ist. Es sei hiermit eindringlich die Bit- 
te vorgetragen, an diesem international hochbedeuten- 
den Juwel europäischer Kunst auf alle nFreiiegungena 
und sonstige persönliche Vorlieben zu verzichten und 
diesen durch Jahrhunderte organisch gewachsenen 
Raum in seinem uns überlieferten Erscheinungsbild mit 
aller Sorgfalt zu pflegen. Sollte es zudem vielleicht auch 
in Salzburg einmal möglich sein. über wichtige denk- 
malpflegerische Unternehmungen einwandfreie Doku- 
mentationen vorzulegen, dann wird man der Freude und 
des Beifalls aller sicher sein. 
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