Volfgang Georg FischerlLondon
äustav Klimt und Emilie Flöge
I. Aus Ernalies Welt:
'lirnt fotografiert Emilie, der Modesalon der
"rchwestern Ftöge, Emilie als Modekünsüenn,
chmuck und Silber der Wrener Werkstätte aus
milles Besrtz.
Aspekte des
neuenrdeckren
Nachlasses
Emilie Flöge
ierundzwanzigmal tritt uns Emilie Flöge als Mannequin
irer eigenen Modeschöpfungen auf den Fotos Klimts
nlgegen,die sich ineinem Album derWienerWerkstät-
e, teilweise noch mit den Originalnegativen, im Nach-
aß Flöge gefunden haben. Es ist als wäre Schnitzlers
Fieigenu in die Salzkammergutlandschaft am Attersee
ersetzt und um eine Auswahl von Szenen bereichert
rorden, wobei die Frauenfigur in der Gestalt Emilies
eibst aber immer dieselbe bleibt und nur die verschie-
ienen Gewänder. vom Geiste Klimts und der Wiener
Verkstatte inspiriert und von Emilie ausgeführt, und die
tets wechselnden Hintergründe die verschiedenen
itimmungen markieren und so zu den eigentlichen dra-
"IEÜS personae werden. Einmal stellt Klimt Emilie im
chwarzen Kleid und im Profil an das Seeufer, ein ander-
nal iäßt er den schwarz-weißen Stoff vor einer einfa-
:hen, weißgekalkten Bauernhauswand zur Wirkung
ommen, dann wieder verschmelzen die Rankenmu-
ter des Stoffes mit den Biumenmustern im Garten des
iommerhauses, wohl die wViila Oieandew in Kammer',
wdemGustavund EmilievieleSommergemeinsamver-
irachten. Emiliewird wohl ganz in derTradition des bür-
ieriichen Wien und ihrer Sommerfrischgewohnheiten
weibisdreiMonateamAtterseeverbrachthaben,wah-
end Klimt zu kürzeren Aufenthalten und wohl auch oft
iurzu Wochenendbesuchen von Wien ins Salzkammer-
iut gekommen war. Diese traditionelle vbürgerliche
Iweiteilunglzwischen weiblicherund männlicherSom-
nerfrischengewohnheit ergibt sich auch aus der neu-
rnfdeckten Korrespondenzz, in der sich viele Karten
ind Briefe Klimts befinden, die er aus dem Hietzinger
Z8
Atelier (Tivoli) an Emilie an den Attersee schreibt, wie
z. B. am 25. Juli 1910: iwTivoli Wetter Heiter, frisch. ich
blöd! Fühle mich ein zu lebenslänglicher Zwangsarbeit
Verurteilter. Hoffmann geht leider während des Som-
mers auch fort - nach Brüssel. Ostende etcß
Ebenso plagt ihn das schlechte Gewissen am darauffol-
genden Tag, während sowohl die Arbeit für das Stoclet-
Fries in Brüssel als auch Emilie drängen:
26.Juli 1910: nTlVOLl. Heut' fangich an einzupacken -
um etwas ruhiger zu werden - bin ,unstatt' und zappe-
lig' es geht mit den Tagen nicht aus. Eine schlechte Kar-
te! Schlechte Antwort auf deinen Brief.
Schon träumte mir vom ,Teufel' als ob's Freitag früh
werden wollte mitderAbreise. . . nach derblöden Arbeit
für Brüssel müßte ich den ganzen Sommerdableiben -
ich werden leider einige Male nach Wien müssen - ich
fürchte diesm
Diese Fotos sind aber nicht nur biographisch wichtige
Erinnerungsstücke aus dem KlimtiFlögeschen wFami-
lienalbumw und visuelle Erinnerungsstücke der persön-
lichen Beziehung von Gustav und Emilie, sondern sie
besitzen auch beispielhaften Wert in bezug auf Stim-
mung und Ästhetik der Epoche. Man könnte die Probe
aufs Exempel machen und das wMannequin Emilie Flö-
gew mit dem nMannequin Friedericke Beeru, die eben-
falls dem Wiener Werkstätte-Kreis nahestand und 1915
von Klimt gemalt wurde, und noch eindrucksvoller mit
dem rMannequin Alma Mahleru ersetzen, dieallerdings
von Kokoschka für die Kunstgeschichte expressioni-
stisch numfunktioniertu wird, um die außerordentliche
Übereinstimmung mit dem ästhetischen Zeitgefühl un-
ter Beweis zu stellen. Der handfeste Queilennac
findet sich in Alma Mahlers Biographie:
wEr war an hundert Orten gebunden: Frauen, Kini
Schwestern, die aus Liebe zu ihm einander feini
den. Und doch reiste er mir nach, als ich mit meir
genannten Familie in Italien war. Es war das Jahr
Wo immer wir uns befanden, tauchte er auf. Soi
wir alle in Genua, meine ,Familie' und der mich i
gende Klimt. Unsere Liebe wurde hiergrausam ze
durch meine Mutter. Ihr Ehrenwort brechend, stu
sie täglich mein Tagebuch-Stammeln und wußte
die Stationen meiner Liebe. Und- o Schrecken
mußle sie lesen, daß Klimt mich geküßl harrein"
Aber die alle Großen liebende Alma verzieh Klimt
daß er sich nicht ganz in ihre Arme warf und do
schmachtete wie Mahler, Kokoschka, Gropius,l.
und andere, sie rächte sich mit bösen Worten über
Kunst:
ivlndessen ging seine Kunst krause Wege. Er verf
byzantinischen ldee der , Wiener Werkstärleß
kunstgewerblichen Gesellschaft, der bedeu
lnnen- und Außenarchitekten angehörten. Sie lei:
in ihrer Art Großes, aber Klimt kam durch sie auf
falschen Weg. . . Klimt umgab seine anfangs groE
legten Bilder mit Flitterkram, und seine Künstler
versank in Goldmosaiken und Ornamenten. Er hat
mand umsichals wertlose Frauenzimmer- undi
suchte er mich, weil er fühlte daB ich ihm härte .
können. 4'
Wir dürfen also mit Sicherheit annehmen, daß
Mahler nicht im Salon der Schwestern Fiöge ari