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fast die ganze Flüche mit schwungvollen, zierlichen Schnörkeln bedeckt. Mit Vorliebe wurden
solche Facaden auch mit Fresken in reicher Stuckumrahmung geschmückt.
Ganz besonders ist das hier abgebildete, durch Anton Mayrhofer gebaute, 1778
vollendete Rathhaus in Steyr erwähnenswerth, aus dessen noch eonstructiv gegliederter,
kräftiger Facade ein schlanker, überaus schon entwickelter Thurm hervorwächst.
Kirche und Adel treten jetzt weniger hervor, denn abermals hatten beide in der
früheren Periode ihre Baulnst befriedigt, eigentlich erschöpft; war ja die Banthätigkeit
quantitativ und qualitativ weit über das Bedürfniß und mitunter auch über die Mittel
hinansgegangen. Was jetzt geschaffen wurde, war mehr einer ausnahmsweiscn Veranlassung
entsprungen und fast nur die Ausstattung von Kirchen, sowie eine Reihe hübscher Interieurs
einzelner Stifte oder adeliger Sitze sind die Ergebnisse des Rococo. Eine glänzende
Ausnahme bilden die vom Linzer Architekten Johann Haslinger 1733 bis 1741 gebaute
Stiftskirche von Wilhering, sowie das Schloß Neu-Wartenburg bei Vöcklabruck, angeblich
ein Werk Fischers von Erlach des Jüngeren aus dem Jahre 1731, beide wahrhaft Perlen
jenes heiter spielenden Snls zu nennen. Sonst wären noch die Kirche und die Gemächer
im ehemaligen Kloster Engelszell, erstere eine Nachbildung der Mntterkirche zu Wilhering,
die ehemalige Stiftskirche in Suben, endlich einige Zimmer in Ranshofen und Schlierbach
zu erwähnen.
Waren Lust und Mittel zur Übung der Kunst erschöpft, der natürliche Schaffens
drang erloschen, so sollten die überstürzten Maßregeln Josefs II. und mehr noch die Willkür
seiner Organe eine ernste Gefahr für alle bestehenden Werke der Kunst mit sich bringen.
Dem Eifer der Klosteraufhebungs-Cvmmission fielen 1782 bis 1788 nebst kleineren Klöstern
die Abteien Gleink, Garsten und Mondsee, die Stifte Baumgartenberg, Waldhausen,
Engelszell und Suben zum Opfer. Die Gebäude wurden zu Gefangenhäusern oder
Miethwvhnungen verwendet oder aber gänzlich dem Verfalle überlassen, während ihre
Kunstschätze durch unverständige Zerstörungslust verschleudert oder vernichtet wurden.
Jener verblassende Nachhall des Rococo oder sagen wir richtiger der Vorbote des
Classicismus, dem im eigentlichen Sinne der Name „Zopf" zukommt, ist in Oberösterreich
nur au einzelnen Gebäuden, dann an Einrichtungsstücken und Ösen, wie es ans Vöcklabrucker
Musterblättern heißt: „nach der neuesten Antikform" vertreten. Von bedeutenderen Bauten
dieser Epoche ist uns nur der ständische Redoutensaal in Linz (1773) und das Schloß Cell
(1785) bei Riedau bekannt. Einer für Oberösterreich ausnahmsweisen Facadendecoration
aus dem XVII. Jahrhundert, der ul lroseo gemalten Architektur einiger Häuser im Markte
St. Wolfgang sei auch gedacht. Die bunten Ornamente auf den Häusern von Goisern
aus dem XVII. und XVIII. Jahrhundert geben dem kleinen Orte einen anmnthendeu
Localtvn.
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Elastik und illlalerei.
Oberösterreich zeigte sich wenig empfänglich für die Renaissance, denn einerseits
fanden sich die italienischen Künstler des XVI. Jahrhunderts nur an den großen Höfen ein,
wo ihnen lucrative Aufgaben winkten, und anderseits sträubte sich wieder die Treue an
dem Althergebrachten gegen eine Richtung, die doch ein Jahrhundert später unserem Wesen
den lebendigsten Ausdruck leihen sollte.
So wie sich die Architektur nur zaghaft der Renaissance anbequemte, so sehen wir auch
zunächst die Plastik nur innerhalb enggezogener Schranken der neuen Schule folgen. Ihre
Leistungen beschränken sich aus einzelne Altäre, Grabdenkmäler, Epitaphien, Laussteine
und Arbeiten in Metall und Elfenbein. Von den Altären sind erwähnenswert!) jener in
der Taufkapelle der Pfarrkirche zu Altmünster, jener der jetzigen Pfarrkirche zu Mondsee,
endlich der schöne Hochaltar in der Pfarrkirche zu Grünau — ein wahrhaft bedeutendes
Werk des Johann Peysser, des „nordischen Phidias", welches öon 1531 bis 1713 eine
Zierde der Stiftskirche zu Kremsmünster bildete, jedoch dem Marmor der Italiener weichen
mußte. Grabdenkmale betreffend sei hingewiesen auf die der Losensteiner in der Pfarrkirche
zu Garsten, schöne von Pyramiden und Statuen überragte Sarkophage, ferner auf
die mit lebensgroßen Figuren und reicher architektonischer Umrahmung ansgestatteten
Starhemberg'schen Grabdenkmale in der Kirche zu Hellmonsödt. An Epitaphien aus der
Frührenaissance sind die Kirchen und Friedhöfe Oberösterreichs ziemlich reich, besonders
athmen jene zu Ottensheim, Eferding und Lorch in ihrem figürlichen wie ornamentalen
Schmucke den edelsten Geist des Stiles.
Die Malerei hat in jener Zeit nicht einen bedeutenden Künstler in unserem Lande
erweckt und auch keine Spur ihres Waltens überhaupt hinterlassen. Selbst das von
Rudolf II. 1604 neugebaute und von diesem kunstliebenden Kaiser reich ansgestattete
Schloß Linz büßte im Laufe der Zeiten seinen ganzen Schmuck ein. Wir wissen nur, daß
Bilder aus Passau und Italien bestellt und solche auch auf den Linzer Märkten mw-
geboten und gekauft wurden. Erst mit dem Wiederaufleben des katholischen Geistes in
der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts lösen sich die Fesseln, welche die Kunstübung
bis dahin unterbunden hatten, und ein ebenso großartiges als frohes Schaffen regt sich
allenthalben im Lande.
Die grandiose Architektur der Barockzeit forderte den Schwesterkünsten monumentale
Leistungen ab, denn groß in Maß und Gedanken mußte die plastische oder farbige Zier
jener gigantischen Gotteshäuser, Säle und Vestibüle sein. So wie aber das malerische
Element die Kunstbegriffe jener Zeit überhaupt beherrscht, sehen wir auch die Malerei
geradezu zur Führerin der anderen Künste werden.