12 13
signierte Arbeiten von Johann Baptist Cetto (641 f.) aus
der Tittmonlnger Wachsbossiererfamilie des 18. Jahr-
hunderts. Seltenheitswert besitzt ein schwarzes
Jakobus-Pilgerzeichen von Santiago de Compostela
aus dortigem Gagat-Material (591). Stücke in dieser
Größe und Erhaltung können nur mehr in spanischen
Kathedralschatzkammernw nachgewiesen werden. in
der Sammlung der Kleinskulpturen verdient überhaupt
jedes einzelne Exponat seiner vorzüglichen Qualität
wegen besondere Beachtung. nicht zuletzt werden im
Hinblick auf stilistische und künstlerische Provenienz
viele Fragen aufgeworfen. Im Anschluß muß hier auch
die umfangreiche Tabatierensammlung Erwähnung fin-
den, die sich besonders durch einen reichen Bestand an
seltenen Scherztabatieren auszeichnet. Zentrales
Stück ist jedoch die 1854 authentifizierte Tabatiere
Wolfgang Amadeus Mozarts mit ihrer einfachen Form
und schlichten Miniatur (724).
Die Baugeschichte des Stiftes entfaltet sich in Stichen
und Plänen im sogenannten Altmanni-Saal", der sich
durch seine Riesenansichten des alten und neuen Stif-
tes in situ von Samuel Hötzendorferfür diese Dokumen-
tation geradezu anbietet. Besonderes lnteresse er-
wecken hierdieerstrnals gezeigtentechnischen Model-
le, die aus der barocken Bauperiode des 3. Jahrzehnts
des 18. Jahrhunderts stammen. An der Herstellung von
Wasserpumpe und Materialaufzug (789 - 800) für das
Stift waren über Johann Lucas von Hildebrandt hinaus
der jüngere Emmanuel Fischer von Erlach und Abra-
ham Hueber aus Salzburg beteiligt." Sämtliche Model-
le sind nach Instandsetzung wieder betriebslähig. Da-
neben finden sich die Plansequenzen der drei Göttwei-
ger Baumeistergenerationen, angefangen von Johann
Lucas von Hildebrandt über Anton Jänggl bis hin zu
Franz Anton Pilgram. Sämtliche Pläne sind neum re-
stauriert; Hildebrandts Westfassadenrißzeigt sich erst-
mals ohne aufgeklebten Fortifikationsvorbau (8020).
Darunter kam eine frühere Substruklionsgestaltung mit
einer rund vorspringenden Auffahrtsrampe und -kehre
zum Vorschein. Die wirtschaftliche Tätigkeit in den vier
stiftlichen Arntern zu Nalb, Brandhof, Gurhof und Meid-
ling im Thal stellt sich an der Südwand vor. dargelegt
durch Urbarien (815 ff.), Gewährbücher. Dienstboten-
bücherund Territoriumskarfen mit Parzellendetails. die
besonders durch ihre Exaktheit und vorzügliche Erhal-
12
14
12 St. VeitlGdlsen, Apostelgruppe der Emporenbrüstung über
dem Südportal. wChristus thronendu, vollrund, um 13807
1400
13, 14 St. VeitlGdlsen, Apostelgruppe der Emporenbrüstung
über dem Südportal. wApostel Petrus und Paulusk, vollrund,
um 1380 - 140D
15 St. VeitIGdlsen, Apostelgruppe der Emporenbrüstung über
dem Südportal. uApostel Jakobusr, vollrund, um 1380-
1400
16 Mauer bei Melk. wMaria. Barbara und Katharina-t vom Ge-
sprenge des Sakramentshauses 1506. Polychromiertes
Lindenholz
17 MauerbeiMelk, wProphetZachariak,heutigeAuszugsfigur,
links, um 1509- 1512
18 Hi. Martin. Lindenholzskulptur. ausgehende Donauschule,
um 1520; restauriert 1983
19 HI. AnnaSelbdritt, Lindenholzskulptur, ausgehende Donau-
schule, um 1520; restauriert 1983
15
tung auffallen. Sie zeigen, daß Abt Bessel. gezwungen
durch den Neubau, größten Wert auf sorgfältige und
sparsamste Wirtschaftsführung legte.
Die Kaiserzimmer mit Jagd- und Gobelinsaai bleiben
der Göttweiger Paramentik in der Bearbeitung von
Dr. Dora Heinz vorbehalten, weil gerade diese Raume
besonders vorsichtig zu adaptieren waren. Bringt auch
der Paramentenbestand im Vergleich zu anderen Stif-
ten mit geringen Ausnahmen nichts Außergewöhnli-
ches,solassen sichimStiftinteressanterweiseviele Le-
derkaseln mit bewegten Ornamentformen (835) nach-
weisen. Geradediese Lederkaseln haben in nachtriden-
tinischer Zeit kirchliches Verbot von Rom erhalten. Sie
dürften sämtlich spätestens aus dem ausgehenden
17. Jahrhundert stammen und ll'l Oberitalien verfertigt
worden sein. Ähnliche Stücke finden sich heute noch in
Offenbach (Ledermuseum) und Karlsruhe, in Öster-
reich in Klagenfurt, Kremsmünster, Klosterneuburg,
Wegscheid, Wilhering, Herzogenburg und Wien. St. Mi-
chael. Es steht zu vermuten. daß man nach Verbot sol-
che Kaseln höheren Geistlichen mit ins Grab gelegt
hat's
Durch Einbeziehung archivalischer Unterlagen kann in
Gdttweig gerade für den Bereich der Paramentik in
Österreich viel an Neuerkenntnissen gewonnen wer-
den. Ein glücklicher Umstand läßt unsdie Räumlichkei-
ten der Kaiserzimmer in einem Aquarell Fludolfvon Alts
, aus dem Jahre 1841 aus der Staatlichen Graphischen
Sammlung in München (851) mit der Wirklichkeit ver-
_ gleichen. Es lassen sich nur geringfügige Veränderun-
gen zum Heute feststellen, die sämtlich aus der Kloster-
aufhebung (1939 - 1945) mit Einquartierung in der NS-
Zeit und der späteren Besetzung des Stiftes durch die
Russen resultieren.
Die Watte Galerien wird wieder als solche präsentiert."
An der Südwand entfaltet sich in rekonstruierter Han-
gung der wesentliche Bestand an Gemälden profanen
Sujets. wobei besonders Bilder von den Brands. von
Franz Werner von Tamm (874), von Hötzendorfer, Ferg,
Schinnagl und diversen Niederländern dominieren, be-
sonders die biblischen Landschaften nach Art des Ma-
thys Cock (1015a. b). Sie sind sämtlich augenscheinli-
che Beispiele für niederländische und italienische
Landschaftsrezeption in den süddeutsch-österreichi-
sehen Bereich und verweisen wiederholtaufden späten