menten die Triumphidee als Synthese schlechthin an-
schaulich machte. Was im Barock die Synthese einte,
wird im Klassizismus nach Piranesi zum scharfen Syn-
kretismus des Architekturcapriccios. Welche Anfänge
und welcher Wandel zugleich dahinter liegen, zeigt ein
vergleichender Blick auf Tafel lV im ersten Buch von Fi-
scher von Erlachs i-Historischer Architektur-i mit den
Pyramiden Ägyptens und auf die davon inspirierte Dar-
stellung eines iiGrabmonuments für die Herrscher ei-
nes großen Reichesii von P. F. Leonard Fontaine(1785).
Beide stellen die geschichtsträchtige Aura iipyramida-
ISFN Ewigkeitsanspruchs durch atmosphärische Um-
witterung dar. Fischers historische Utopie atmet die
Vergegenwärtigung eines Theatrum mundi in Konzen-
tration des Kosmos; bei Fontaine gerinnen Kristallisa-
tionsformen erinnerungslosen Zukunftsgedächtnisses
aus den Himmeln eines Horror vacui."
Zwischen diesen Extremen stehen voller Eigenheit -
nicht nur ikonographisch, sondern auch in epochaler
Hinsicht als Denkmäler historisch begriffener Gegen-
wärligkeit der Zukunft zugesprochen - das Tor von
Wailzen und das gleichfalls 1764 begonnene Neutor in
Salzburg. Wenn bei diesem Bergdurchbruch, einer
glänzenden lngenieurtat gegenüber chthonischer Ur-
mächtigkeit, durch die Portalinschrift vTE SAXA LO-
QUUNTU Rrr gerade der stumme überwundene Fels be-
redt gemacht und zum Zeugen fürdie Nachwelt aufge-
rufen wird, so steigert dieser Antagonismus das iiLapi-
darerr der Inschrift zu höchster übertragener Bedeu-
tung. Der (künstlich) naturruinösen Torarchitektur aus
felsigem Altertum entspricht in polarem Gegensatz die
i-eminentex Fernwirkung des Waitzener Triumphbo-
gens. Wird dort das Pathos des Lapidaren vor seinem
"Urgrunde berufen, so begründet sich hier dieerhabene
vschweigender Konturierung des hohen Torbogens vor
dem Himmeisfreiraum fast von selbst. Die in der In-
schrift beschworene unendliche Dauerwird vor der Un-
endlichkeit der Himmelsweite anschaulich-triumphal
abgesetzt von aller Veränderlichkeit der momentanen
Zeit."
Noch einmal gelang bei beiden Toren eine Synthese von
Form und Inhalt mit Mitteln. die iiletztlichit noch barocke
Möglichkeiten ausschdpften. Es sind dies aber gerade
diejenigen Mittel, die schon im Barockzu Forciertheiten
des synthetischen Kombinierens führten - vsynthe-
tischu also im äußerlich operierenden Herstellungs-
Sinn des Kalküls verstanden. künstlicher als die von in-
nen her durchwaltete Synthese. Mit diesem Verstand-
nis des nSynthetischenr soll hier eine Möglichkeit des
Barocksbezeichnelwerden,diedurchausalsoriginare
PotenzierungdesZusammenschließensaufgefaßtver-
schieden ist von den phantastischen Zusammenfügun-
gendesCapricciosodergarvondemprinzipiellganzan-
ders zu betrachtenden Eklektizismus."
Auch der den Ordnungen von Pilastern und Säulen ab-
holde Blondel d.Ä. suchte die Ewigkeitsmaßstäbe sei-
ner Proportionen in der stereometrischen Körperhaftig-
keit seiner Porte St-Denis durch Antikenzitate einer
vollkommenen triumphalen Synthese zuzuführen. Un-
ter Berufung aufdie iischönsten und bedeutendsten Re-
ste der Antiken wurde - wenigstens der Intention nach
- das Tor mit Kopien von Teilen der Trajanssäule, den
iiausÄgypten nach Rom gebrachten Obeliskehri und der
Colonna rostrata geschmückt." Das Ganze besitzt ei-
nen unverkennbar kompilatorischen Zug, aber der ba-
rocken Wirklichkeit nach ist es vergleichbar mit jener
Gedanklichkeit, die dann Fischer v. Erlach in höchster
programmatischer Durchdringung von Formen und In-
halten bei der Karlskirche als Synthese vollzog iials eine
architektonische Abbrevialur der ,Fl0ma aeternaw, de-
ren Kompositionsreichtum YßSiCh in mehreren räumli-
chen und geistigen .Plänen' entfalten".
Erst von diesem Punkt aus lassen sich komplexe Phäno-
mene im äußeren und geistigen Gesamtbild des Waitze-
ner Domes bestimmen (Abb. 2 und 3). Die Fassade:
dominant springt das triumphale Portalmotiv der Ein-
18
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gangshalleinsAuge;sechswuchtige,dichihintereinan-
dergestellte Säulenpaare (als Hexastylos erscheinen-
der Dodekastylos) korinthisoher Ordnung, also in reich-
ster Würdeform, sind im Rhythmus 2:1:1:2 gegliedert.
Die in die Tiefe führende Säulenstellung beschließen
sechs Halbsäulen an der inneren Wand mit den Porta-
len. Die Raumwirkung bleibt dabei von merkwürdig ab-
strakterTiete ohne plastische Energien: sie verharrt als
rein dargestellte Dimension. Eineinhalb Säulendurch-
messer vor die Front gestellt - also dem lnlerkolum-
niumdes PyknostylosfoIgend-tragen dievollkommen
glatten Vordersaulen, mit kaum spürbarer Entasis sich
nach oben verjüngend, das durchlaufende Gebälk mit
hoher Attika. Auf dieser stehen die betont massigen,
stark auf Untersicht berechneten Statuen: (von links)
Johannes Ev., Petrus, Maria und Joseph, Paulus, Jako-
bus d.Ä." Sie sind gebunden an den Rhythmus der
Säulenfront. Die Höhe der Torhalle (ohne Skulpturen)
entspricht ihrer Breite. Hartkantig setzen unmittelbar
6
II? itlnn-rß im! firlrrflhl- 111.- .
llrlnliilll
neben ihrdievorsprünge des flankierenden, pyloi
tig wirkenden Turmpaares an. im Grunde hand
sich bei der Wandung dieser Türme um die Fass
wand, die schart geknickt hinter die Säulenvorha
rückspringt; ihre logische Kontinuität bezeichni
durchlaufende Konsolgesims. Das dritte Geschr
ser wandflächigenTurmbildungen zeigt als eine F
tionslorm zwei kubische Aufsätze. Sie werden vor
Balustrade bekront, wie sie auch den zurückspr
den Wandteil hinter dervorhalle abschließt. Dief
lung ihrer Hauplptosten antwortet auch hier noc
Rhythmus der Säulen unten.
Als Kontrapunkt zur Knickung der Fassade und ai
tisch zur Torhalle wirkt das Volumen der Kuppel,
zwischen den Turmstümpfen erscheint, daß ihrß
nicht sichtbar wird. Ohne Tambourhöhung steigt
fast organisch weich gewölbte Dacherhebung ai
Abb. 9) und tragt als dienendes Rund auf ihrem St
eine auffallend detailliert geschmückte, mit Bog-
sterndurchlichtete LaterneVorallemdiese Later
ihrer eigenen Kuppel, die in einen Knauf übergel
wiederum den Kreuzsockel bildet, spricht emins
der Artikulation der Fassade mit: Ganz evident he
zwischen dem Säulenportal und der Laterne eine
lierte Korrespondenz. In fernbildlicher Erscheint
dies eine Zuordnung von der tietschattenden Ra
nedes blockhaft riesigen Portikus und der in nicht
vierbarerHohenwirkungvon der Kuppelgetragen
terne.
Als Prinzipder Fassade fungieren klarbestimmte
tektonische Einheiten; die Wandbehandlung zei
nerlei Formverschleifungen. Beispielhaft dafür si
dasSaulenportalflankierenden Wandabschnitte,
strenge Flächigkeit einen absoluten Kontrast Zl
reometrie der glatten Säulentrommeln wie aut
räumlichen Schattentiefe der Halle selbst bilden
der gedoppelte, kleine und große Zahnschnitt irr
des Vorbaus wird in den Seitenwänden konseque
glatter Sims weitergeführt. Nur das Konsolges
Dachhöhe lauft als reihende Akzentuierung di
Für die abstrahierende Wandbehandlung sprich
das eingetiette Profil als Rahmung der hochrect
gen Fenster. Die Einschnitte an den Kanten der
würfel betonen vollends die plattenhafte Wands
tung, Allenthalben, bis in den Gesamtumriß hinr
diese Architektur in entschiedener Schärfe sfer
trisch und geometrisch durchgeklärt.
Das Innere: ein Raumeindruck, geprägt von e
Feierlichkeit, aber imVerhältnis zurAußenfront k
wegs von dieser osientativen Unbewegtheit.
stereometrischer Formenreduktion herrscher
stisch gefügte Wertigkeiten vor. Bei deutlich zentr
rendem Zug eröffnen aufstrebende Bogenforme
dem Gebälk der Wandgliederung eine Höhenwi
die den sockelhaften Blockformen in Front- undS
ansicht nicht abzulesen war. An den Ecksfelle
zentralen Pfeiler unter der Kuppel bilden Halbs
raumverbindende Gelenke, die vor den Knickung
Wandflachen dominieren. Dieses andere, insg
raumorganische Gliederungsprinzip arbeitet m
kömmlichen Mitteln. diejedoch überaus logisch
setzt eine programmatische Kontinuität des
Raum-Prozesses von außen nach innen (bis hii
Hochaltar) erkennen lassen, wo über die Detailsi
eine barock-klassizistisch vermittelte Monumer
vorgetragen wird. Keineswegs ist es ein künstler
Widerspruch.daßsichnachderkomprimierlenAt
heil der Formen am Außenbau eine mehr raumu
gendeArchitektursprachemitteilLGewißwarCar
durch die Fundamente nach den Plänen von F.
gram gebunden. Das bedeutet jedoch nicht, daß
nen anderen Raumausdruck hätte organisieren k-
- dieser aber stellt sich in hoch bemerkenswerte
Sequenz als eine durchdachte Folge von Raumkt
dar. Während im quergelagerten Anfangsjoohwa
geradezu antithetisch-dramatischen Wirkung VI
waltiger Vorhalle und ihrer Einengung durcl
vZwischen-Raumn unterdervon vier toskanische