Giebel zusammengefaßt sind. Gerade bei den ambitio-
nierten Pariser Kirchen des 17. Jahrhunderts, wie dem
lnvalidendom. wird St. Peter in dieser Weise zitiert."
Für Waitzen besonders relevant wirkt an Lemerciers
Sorbonne-Kirche die Giebelvorhalle der Nordfassa-
den Jedenfalls wird sich bei der Einpragsamkeit des
Motivs und seiner Konstellation im Ganzen manches in
der Erinnerung assoziieren lassen, was zwar nweiterri.
aber nicht entfernter auf Rom ausgerichtet ist: so die
Kirchenfassade des Escorial mit den sechs im Ansatz
ähnlich, doch schwerer rhythmisierten dorischen Halb-
säulen der Vorhalle, über denen auf hohen Sockeln die
sechs mächtigen Statuen alttestamentarischer Konige
aufragen. Immerhin war Migazzi außer in Rom auch in
Madrid als Gesandter tätig. Ähnlich rückwirkend weist
selbst die klassizistische Lösung von Hildebrandts un-
vollendeter Fassade in Göttweig noch auf den Escorial
hin. Hier hatte Canevales Vorgänger Pilgram eine tiefe
Loggia mit Balustradenabschluß. unterstützt von vier
massigen toskanischen Säulen, zwischen die abge-
stumpften Flankentürme gespannt (ausgeführt von Jo-
seph Schwerdtfeger 1750 - 64).
Der wirklich übergreifende. den Gesamtsinn dieser Ar-
chitektur bestimmende Gedanke formuliert sich erst in
der Interpretation des Freskos. das Maulbertsch 1770!
71 in die Kuppel des Waitzener Domes malte (Abb. 7).
Bei diesem wTriumph der HI. Dreilaltigkeitu. noch in der
reichen Palette irisierender Farben gehalten. steht
Maulbertsch zugleich am Wendepunkt seines Stiles zu
immer rnehrkonturierender Beruhigtheit. Den vorberei-
tenden Ausgangspunkt zu dieser lkonographie stellt ein
1762 datiertes Widmungsblatt dar (Abb. 6). F. M. Haber-
ditzl hat geistvoll erkannt. daß sich dieses Huldigungs-
blatt von_ Maulbensch auf Migazzi und seine Kardinals-
erhebung bezieht und einen Zentralgedanken des Wait-
zener Kuppelfreskos antizipiertw Manche Ergänzun-
gen können Haberditzls gedankenreiche lnterpretation
hier noch verdeutlichen. Das Blatt ist ein Gewebe von
Sinnbezügen. die dem Thema vMaximus in Sanctis est
parvulus ille Puellusw entsprechend das Höchste und
das Geringste durchdringen. So stellt der erdige Vorder-
grund die Kontemplation des irdischen Weges dar: auf
verschattetem Felsgrund sieht man die Sandalen des
hl. Franziskus mit gekreuzten Riemen. daneben an den
Totenschädel das Andachtskreuz gelehnt. vor dem er
betet. Polardazu throntzuoberst im Bild das strahlende
Christuskind in lächelnder Betrachtung des Kreuzes
über dem Erdenrund. das Christophorus tragt. Der Bi-
schof an seinerSeite gibtausponderierenden Halt; ana-
log zurWeltkugel erscheint hinterwolkenschleiern eine
prächtige Triumph-Architektur. Dem filigranen Pedum
entspricht die knorrige Astgabel des Christophorus. Als
Basis beider Gestalten tragt eine brückenartige Sub-
struktion einen Sockel, in den dieTriglyphen der starken
Dorica gemeißeltsind; in Venuitterungerkennt man dar-
in ein nMl.
Haberditzl hat im Christophorus die Anspielung auf Mi-
gazzi durch seinen Namenspatron erkannt - sie wird
durch dieses wMu untermauert." Der Starke des herku-
lischen Christustragers dient die wfirmitasn des alten
Migazzi-Geschlechts als Unterpfand. Daß im hl. Franz
und der verzückten hl. Theresia das Kaiserpaar durch
seine Namenspatrone dargestellt ist. hat Haberditzl
ebenso erkannt. Doch reichen hier die Allusionen noch
weiter. Das Puttenpaar mit den Lilien verweist auch auf
den Franziskanerheiligen Antonius. den zweiten Na-
menspatron Migazzis (und auch Maulbertschs). Der Bi-
schofwurde als PapstClemensXIll. angesprochen. wo-
durch eine Versinnbildlichung von Kaiser und Papst zur
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Zeit von Migazzis Kardinalserhebung hergestellt wäre.
Dem widerspricht vor allem der rein bischöfliche
Habitus." Freilich ist diese Gestalt im Typus eines Kir-
chenlehrers durch kein Attribut näher gekennzeichnet.
Seine Bewegung und Bedeutung klaren sich erst dann.
wenn man erkennt. daßder Bischof im Blickaufdiepfeil-
durchbohrte Brust Theresiens Anleil nimmt an ihrem
verborgen in Gottesliebe entbrannten Herz-denn dies
ist auch das Atfributdes hl. Augustinus, Eine geniale Bil-
derfindung machtinallegcrischerwDurchdringungudas
filnnerste-i derWidmung offenbar: Bei seiner Regierung
wirdMigazzisfesteSfärkeimNamendesChristophorus
unterstützt durch die bewegliche Hingabe des Herzens;
sie istdietatige Unruhe des augusfinischen Bischofs für
seine "Civitasr: iinicht der ist also ein rechter Bischof.
der vorzustehen. sondern der beizusfehen gewillt istii.
Statt der abgeklärten Ruhe der Wahrheitsliebe nimmt
der Drang der Liebe die geschäftige gottgefällige Unru-
he auf sich."
In Maulbertschs Waitzener Kuppelgemälde nTriumph
der HI. Dreifaltigkeitu erblickt man in der Hauptansicht
zum Altar hin ebenfalls die groß ausgebreiteten. einan-
derzugewendeten Gestalten der hll. Christophorus und
Augustinus (Abb. 7). Wie im Widmungsblaft weistAugu-
stinus - hier allerdings im großen Zusammenhang mit
der Trinität und der Himmelskönigin Maria - als eine
Schlüsselfigur des Allerheiligenhimmels auf den Ge-
danken der Civitas Dei hin. die hier für die ungarische
Kirchengeschichte modifiziert worden ist." In dieser
Ausrichtung der wCivitasu des Augustinus wird dessen
Hauptgedanke gezeigt: Die himmlische und irdische
Gemeinschaft durchdringen einander und führen so
wden Wandel der Zeiten herbei". d. h. die Civitas besitzt
einen Aspekt in der Zeitlichkeit wie auch in der
Ewigkeit." Die Verbindung von irdischer Maria und
ewiger Dreifaltigkeit ist dabei von ausschlaggebender
Bedeutung. Maulbertschs Hochaltarfresko zeigt den
vAugenblickir. in dem Maria das wMagnificam bei der
Heimsuchung anstimmt" (Abb. 1). Maria, vdie Magd
des Herrna. blickt gesegneten Leibes mit ausgebreite-
ten Arrnen nach oben. ist raumdurchdringend auf die
Dreifaltigkeit in der Kuppelhöhe ausgerichtet, Dort
thront Maria als jungfräuliche Himmelskönigin unter ih-
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