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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIX (1984 / Heft 196 und 197)

einem Vergleich mitdem römischen Vorbild nicht s 
halten. Dort gibt bezeichnenderweise die artisti 
Formvollendung der erzählerischen lnvention in n 
nach - eine geniale Vorgabe der ersten Stunde 
muschelartig kannellierte Ftundschale kann in Salz 
nicht das unzertrennliche Verhältnis der Delphinl 
zu der aufklappenden Muschel zeigen, darau 
wässrig-angesaugter Haltung derTrit0n erst irlebe 
wird - und dann wie diese unstatische Wasser 
von der Tektonik der Schlüssel Petri gestützt wi 
welcheloquente ÜberredungfürdasAuge! Derngt 
über muß der alludierende Laut des Thuns 
Namens im Nachhall des Triton-Rufes in recht litt 
schen Dimensionen bleiben." Doch in der elem 
ren Herbheit des gesamten fernsichtigen Aufbz 
aus der dann um so südlicher der Glanz hervorb 
zeigt sich die Natur des Brunnens als eine genuin 
burgische Schöpfung. Wenn der strukturelle Grunt 
ser Stadt das Praarohitektonische ist, so erwächs 
aus die skulpturale Struktur des Brunnens in Forn 
Gehalt." 
Urn das spezifische Naturidiom elementaren Rühr 
auch an seinem umschweitigen Gegensatz zu me: 
sei eine undatierte Zeichnung des in Salzburg tä 
Johann Friedrich Pereth gezeigt (Abb. 9)." Abges 
davon, daß hier die Giganten nichts als Stützfig 
sind, und nicht im rSteinleibu verschränkt wuchter 
das Ganze einen völlig verfeinerten Ornamentalch 
ter. Konventionell manieristisch sinddie Flußgötte 
die Überschmückung mit Teilformen, wie sie Endt 
16. Jahrhunderts schon entwickelt waren und viell 
sogar eine Erinnerung an Pereths väterliche Her 
aus der Brunnenstadt Augsburg darstellen, wo A 
de Vries und Hubert Gerhard in dieser Art wir 
Bemerkenswert ist es indessen. wie hier der übt 
hende Fiuhmesgipfel durch ein Porträtmedaillon at 
drückt wird und nicht durch eine Fontäne aus der 
dung eines Muschelhoms. 
Wucht und Größe verdeutlichen sich auch, wenn 
verwandte Repertoire-Motive originär maniertstis 
Brunnenentwürfe betrachtet. So etwa Inventioner 
frühen 17. Jahrhunderts (Abb. 10)", die ganz im Zt 
das ZierlichaTafelaufsatzmäßige in preziös gesti 
Spannung vortragen; dabei wird durchaus der G: 
satz von spielerischer Leichtigkeit und athletis 
Traglast betont - was sich am Ftesidenzbrunne 
Verhältnis der Giganten zu den Delphinen zeigt. U 
iwasserbelebten Kontrast dazu steht die unerhört 
ialisch drängende Vitalität der Hippokampen. Sie 
von einer derart nmeergebadetenir, prallen Leib- 
xeit, daß man ihrer steinernen Beschaffenheit kaum 
ärtig wird. Solche elementar-ikonographischen 
ihselbezüge von Materialität und Kunstform weisen 
der Gigantentrias immer noch auf die Non-finito- 
n des iiStyle rustiqueii, etwa auf eine ihrer bedeut- 
sten Ausprägungen, die iiGrotte des Pinsti in Fon- 
ebleau (Abb. 7), inderenFtustikagliederungAtlanten 
1er gleichsam urweltlichen Ordnung als Felskörper 
vachsen. i" 
iche Bizarrerien einer spezifisch manieristischen 
ietik von Kunst-Naturgestalt gibt es in thematischer 
formaler Vielfalt. Auch die Naturwelt der iwFontana 
aquilart in den Gärten des Vatikan gehört dazu. Der 
itliche iiRulireinesTritonsmitseinerwasserspeien- 
"Conca sonantett aus dem Halbdunkel einer ihrer 
tenhöhlen (von Stelano Maderno161t geschaffen) 
le Bernini zur ersten ldee seines Tritonbrunnens 
1642l43, der inmitten eines Stadtplatzes mit sonnen- 
glänztem Wasserschwall den Ruhm Urbarts Vlll. 
len solltef" Dieser iiAufstiegk eines Grottenmotivs 
lt in der Salzburger Übernahme eine verblüffen- 
in sich schlüssige Mehrsinnigkeit, Zunächst als 
nphuberdieerdgebundenenGigantenleiber Denn 
illuschelrul Tritons tonte einst so schrecklich, daß 
len Himmel bestürmenden Erdgiganten sich zur 
ht wendetenY" Zu dieser Überwindung dunkel- 
chaotischerErdschweretrittdielichtvolIeÜberhohung. 
Diese zeigt sich in Salzburg als ein Elementarschau- 
spiel. das einem anderen Kalkül angehört, als beim vor- 
bildhaften Vierströmebrunnen. Entsprechend höchst 
komplizierter Erörterungen des Barocks symbolisiert 
dortderägyptische Obelisk nach Form und Material den 
vDigitus solisii, den Strahl der Sonne über den Welttei- 
len: Mit dem Obelisken erstrahlt die Verbindung von 
Sonne und Erde als solares Mysterium." Die Metapher 
des Obelisken als lebensspendendem Sonnenstrahl - 
der Residenzbrunnen (Abb. 8) weist dieses einströ- 
mende Verströmen, das Zusammenwirken von Sonne 
und Wasser. als Lebensstrom in unmittelbarer An- 
schaulichkeit vor. Herold dieser Erscheinung in schim- 
mernder Lichtaura ist der schwellende Wasserruf aus 
dem Muschelhorn des Tritons. Dessen Schall galt nicht 
nur als erster iiunerhörterw Schreckenston. sondern 
dann auch als mythologische Urform der Fama. mit der 
in den Anfangen der Welt iiGeschichteri anhebt und der 
solcherart das Urgestaltige des Brunnens hier ver- 
klärt." Es tönt, sozusagen in ikonologischer Verdolmet- 
schung, elementare Befriedung, Glückszeit und Wohl- 
stand. Doch das Elementar-Mythische teilt sich in der 
Überredungskunst des Barocks dem iihörendenir Auge 
im Urlaut mit. So, wie man das Rauschen und Prasseln 
des Wassers im Sehen hörte, sosrehr man das Wiehern 
und Prusten der Hippokampen, sieht das Ächzen der 
Giganten." 
Freilich kann die Salzburger Übernahme des Tiitons 

	        
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