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Die hohe Lage der Gegend und die hohen, den größeren Theil des Jahres mit
Schnee bedeckten Berge geben dem Burzenlande ein ziemlich rauhes Klima. Der Winter
dauert in den bergigen Theilen oft sechs Monate. Der Frühling tritt meist ohne jeden
Übergang ein, bringt aber oft starke Fröste. Dem kurzen Frühling folgt ein mäßig langer
Sommer, in der Ebene oft mit glühend heißen Tagen, aber meist kühlen Nächten.
Der Ackerbau steht ziemlich hoch. Commassirung, Canalisirung und Entwässerung
haben ihn sehr gefördert und die Viehzucht nicht minder. Die Ackerbauschule zu Marien
burg hat das Ihrige beigetragen, wie denn ihre Aufgabe ist, die Kleinbauern zu
unterweisen und auch Hilfskräfte für die größeren Betriebe auszubilden. Vor der
Commassirnng war im Allgemeinen die Dreifelderwirthschaft üblich. Wo die Commassirung
vorgenommen wurde, ist das Brachland im Verschwinden begriffen, und neben der
Körnerproduction hebt sich auch die der Futtergewächse, was im Verein mit der zweck
mäßigen Viehzucht das Erträgniß des Grundbesitzes sehr gehoben hat. Die Mähwiesen
machen 14Procent des productiven Bodens aus. Sie ziehen zum Theil die mehr oder weniger
steilen Berglehnen hinan und sind durch die Waldrodungen entstanden, die meisten aber
liegen in den Ebenen des Burzenlandes und den Thälern der Gebirge. Die Hutweiden
liegen meist auf den Höhen des südlichen Grenzgebirges, wo die rumänische Bevölkerung
früher lohnende Schafzucht trieb. Der Alpenkäse „Kaskaval" ist in Siebenbürgen sehr
beliebt. Auch die Pferdezucht ist recht bedeutend. Die schönen Pferde der Burzenländer
Sachsen sind weithin beliebt und gesucht.
Der Wildstand der Alpen ist sehr stark. Der braune Bär vermehrt sich zeitweilig
sehr und schadet dem weidenden Vieh. Der Luchs und der Wolf sind ziemlich selten
geworden, desto häufiger sind Wildkatze und Dachs. Auf dem Bucsecs ist die Gemse, in den
Buchwäldern von Nußbach (Magyarös) und Geist (Apäcza) das Wildschwein nicht selten.
Geier und Steinadler kommen in den schönsten Exemplaren vor. Auch Forellen gibt es
in den Gebirgsbächen, zu Tartlau, Rosenau und Krißbach wurden Teiche für künstliche
Fischzucht angelegt, doch in den beiden letzteren Orten bald wieder aufgelassen.
Kronstadt (Brassö) liegt an der Schwelle des Orients und ist mit den rumänischen
Wojwodschaften durch mehrere gangbare Pässe verbunden; schon diese Lage macht es also
zu einem Hauptsitz des Handels und Gewerbes. Dazu kommen noch die gewerblichen
Neigungen und der Meist der deutschen Ansiedler, dann die Unterstützung der ungarischen
Könige, namentlich Ludwigs des Großen, deren wichtige Begünstigungen und Privilegien
dem neu entstandenen Handel und Gewerbe förderlich waren. So wurden die Sachsen
städte Siebenbürgens, und in erster Linie auch Kronstadt, wichtige Stationen des
Handels, der über Ungarn seinen Weg nach Westeuropa nahm. Als der Orienthandel
durch die neu eröffneten Seewege eine andere Richtung nahm, verlor auch Kronstadt an
Ungarn VI.
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