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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXX (1985 / Heft 203)

und ihr Hofstaat ließen sich trotzdem nicht vom asketi- 
sehen Geist des Hauses beeindruckenii" 
Wie in Mauerbach gingen auch beim Chorherrenstift 
St. Pöiten die Pläne zum Neubau des Klosters mit irFür- 
sten ZimITIETHK um 1650 von einem Propst aus, der als 
irsac. Caesar Mtis. consiliarius Aulicus, Eiusdem Aulae 
supremus hereditarius Capellanusr in engem Kontakt 
zum Wiener Hof stand." 
In Lilienfeld . das schon 1652, 1657 und 1659 kaiser- 
lichen Besuch erlebte. konnte Leopold I. 1665 den 
eilends fertiggestellten neuen Kaisertrakt beziehen, in 
dem er und sein ganzer Hof rliberalissimerr bewirtet 
wurden." Ihr heutiges Aussehen erhielten die Raume 
aber erst im 1B. Jh., während die Kaiserzimmer in Heili- 
genkreuz schon ab 1690 mit den auf die Habsburger 
Bezug nehmenden neuen Stuckdecken versehen 
wurden." 
Um 1680 wurde in Kremsmünster das neben dem Kai- 
sersaal befindliche Kaiserzimmer freskiert und mit 
Tapisserien, die den Triumph des Herrschers Tamerlan 
über den Sultan Bajoret zeigen. ausgestattet. Ein weite- 
res Gastzimmer erhielt damals eine Stuckdecke mit 
Adlernsowie Lorbeer-und Eichenzweigemwährendder 
Ofen des i-Statthaltereizimmersv mit den Wappen von 
Habsburg und Toskana erst um die Mitte des 18. Jh.s 
entstand." 
Melk erhielt ebenfalls während der Regierungszeit Kai- 
ser Leopoids. nämlich 1676- 80. einen neuen Kaiser- 
trakt, der auch über ein irelegantissmum Sac. Caes. 
Majestatis oratoriumw verfügte. und 1716117 von 
Prandtauer in den Neubau des Stiftes integriert und 
umgestaltet wurde." Letzterer wurde von Abt Berthold, 
nlhres Kayserl. und Königl. katholl. Mayt. gewest-Würckhl. 
Geheimben Raths. Nach Anfall eines dem Fundations Instru- 
ment, wie verlauthet. expresse enthaltenen Clausul, darumben 
so Prachtig Wie nichtmilnder Weithschichtig Gefilhret. damit, 
wan allenfahls auß dem Erzherzogl. Haus Oesterreich, jemand 
in Allerhdchsler Person daselbsten eintreffen werde. für Sich 
und dero suite ein kommentliches unterkommen zuhaben 
seymi." 
Und eine Melker Nachricht besagt überdies. daß der 
Kaisereine prächtige Erbauung der Kirche und des Klo- 
sters (mitdem Kaisertrakt) nsuo sacritlsslmo orei ange- 
regt habe." 
Auch in St. Florian enthielt der frllhbarocke Gasttrakt 
ein 1689 im Nachlaßinventar genanntes nKayser Zim- 
merir, und es scheint irkaum zweifelhaft. daß Propst 
David (Fuhrmann) unter dem Eindruck der kaiserlichen 
Dankwallfahrt (zum hl. Florian 1684) den Neubau von 
Stiftskirche und Klosterbeschlossen hatten Die Kaiser- 
zimmerdes Neubaues gestaltete PropstJohann Baptist 
Fodermayr ab 1728 zu einem regelrechten iikaiserli- 
chen Hofquartierit um, das der dort verherrlichte Kaiser 
Karl VI. aber nur einmal sah, nämlich im September 
1732, als er noffentlichü) untereinervon hiesigen Musi- 
cis produzierten Music in dem mit dem roten Samt aus- 
palierten sogenannten Kaiserzimmer unter einen kost- 
baren Baldachin gespeisetii." 
Vermutlich ebenfalls in unserem Zusammenhang zu 
berücksichtigen istdie BautatigkeitdesSchlaglerAbtes 
undVerordneten des oö. Pralatenstandes Siard Worath, 
der ab 1707 win erster Linie die Gästezimmer vermehrt 
und die Repräsenlationsräume ausgebaut hatr. 
Damalswurden neben dem alten auch ein riPhbnix-oder 
neues Fürstenzimmerri sowie ein Adler- und ein Ler- 
chenzimmer geschaffen, zu deren Schmuck wahr- 
scheinlich auch die 1710 angeschafften vier Kaiserpor- 
träts sowie das ob. und das nö. Wappen mit Herzogshut 
dienten? 
Quellenmaßig besserbelegbar istder Einfluß des Hofes 
auf den Bau des Stiftes Gottweig." Die Grundsteinle- 
gung erfolgte schon 1719 
rAuspice irnp. Caes. Aug. Plo, CAROLO Vl. Antlquae Gloriae 
Restauratore. Auctore novae: Ab lllustrissimo, Et Excellen- 
tissmo Domino. domirio GUNDACCARO, Sec. Ftorn. lmp. Oom. 
Ab ALTHANNF 
und der kaiserliche Generalbaudirektor wurde später 
auch im F resko der Kaiserstiege als der dem Sonnen- 
gott Karl VI. voraneilende rMorgensternit verewigt. 
20 
Die Vermittlung des kaiserlichen Hotarchitekten Jo- 
hann Lucas von Hildebrandt kam durch den Reichsvize- 
kanzler Friedrich Carl von Schönborn zustande", des- 
sen Onkel, der Mainzer Kurfürst Lothar Franz. daher 
schonwahrendderPlanungnichtohnelroniebemerkte, 
wwas nuhn der h. praelat zu köttweig under der direktion (!) des 
H. R. V. canzlers mit zuziehung des Jean Luca ausbruhen wirdt. 
das wirdt vermutlich nicht so gahr sehr nach den munchen 
(Mönchen) schmeckenrr? 
Und tatsächlich verlagert sich vor allem in der zweiten 
Planung ridasSchwergewicht aufden kaiserlichen Trakt 
im Westenii. Die Gründe für diese Plananderung sind 
daher wohl nicht win einem Gesinnungswandel des 
Abtes, sondern vielmehr in einer maßgeblichen Beein- 
flussung von höherer Steller zu suchen? 
Das Göttweiger ldealprojekt, bei dem die Gastzimmer 
allein die Hälfte der Zimmerzahi des ersten Stockwer- 
kes beanspruchen. hat daher nmit der Ordensregel 
kaum mehr etwas gemeinsam. Die repräsentative 
Funktion ist merklich. sich verselbstandigend, in den 
Vordergrund getreten-FG 
In Altenburg entstand in den dreißiger Jahren um den 
nördlichen Hof eine Folge von prächtig marmorierten 
und stuckierten Räumen. deren Programm diese als 
Kaiserzimmer ausweist", und an deren Verbindungs- 
punkt zur Kirche in der Sakristei die Verflechtung von 
Kirche undStaatunter KarIVl. inallegorischer Form ver- 
herrlicht wurde?" 
Eindeutig nachweisbar istdie kaiserliche Einflußnahme 
hingegen auf die Bautätigkeit in Klosterneuburg. Schon 
bei Baubeginn 1730 wurde der Entwurf für den nohne 
alle pracht und ganz klostermäßigit geplanten Neubau 
wallsogleich von dem herrn prälaten von Mölk Seiner kaiserl. 
kdn. kathol. Majestät, Carl dem Sechsten, zur allerhöchsten 
begnehmigung vorgelegt. Ererhielt nichtnuralleinSeiner Maje- 
stät allerhöchsten beifall, sondern Seine Majestät bewilligten 
auch allergnadigst nach selben zu bauen. Ich machte mithin all- 
sogleich die einteilung sowohl für die wohnung Seiner Majestät 
und höchstderoselberi gewöhnliches gsfolgeri. 
Bald darauf entschloß man sich am Wiener Hofjedoch. 
in Klosterneuburg auf Kosten des Stiftes eine Sommer- 
residenzeinzurichten.Anläßlich des Besuches KarIsVI. 
am Leopolditag dieses Jahres teilte der kaiserliche 
Generalbaudirektor Graf Althann dem Propst mit, 
ivdaß dieses Gebäude einestheils auch für eine residenz seiner 
Majestät des Kaiser bestimmt sei und folgsam solle es rnit groß- 
ter praoht und mehr aufirirand gebaut und nicht so fortgeführt 
werden, wie selbes angefangen wordermiäg 
Der Architekt Donato Felice d'Allio mußte daraufhin, 
höchstwahrscheinlich unter der Anleitung des kaiser- 
lichen Hofbaumeister Joseph Emanuel Fischer von 
Erlach, neue Pläne ausarbeiten: 
nZu diesem ende wurde mir auferlegt andere risse zu ma- 
chen (. Diese neuen Risse wurden von dem herrn prälaten 
von Mölk Seiner Majestät abermals vorgelegt und erhielten 
nicht nur allein den allerhöchsten Beifall. sondern seine Maje- 
stät befahlen auch das gebaude nach diesem prächtigen und 
kostbaren entwurf aufzuführen-t" 
 
Die Klosterneuburger Kaiserzimmer wurden vom 
Kaiser 1739 zum ersten und letzten Mal wsumma cum 
consolatione et complacentiar bewohnt." 
In St. Blasien. wo es nicht nur einige Abtkreuzeü, son- 
dern auch einen Zierbrunnen des frühen 17. Jh.s mit 
einem Doppeladler als Bekrönung gab. entstand das 
Kaiserappartement im Zuge des Neubaues ab 1728. 
erhielt aber seine endgültige Ausstattung nach dem 
Brand von 1768.53 
Da in den kaiserlichen Appartements der Klöster 
ebenso wie in den Schlössern Audienzen und öffentli- 
che Tafeln abgehalten wurden. hatten diese auch ähnli- 
chen zeremoniellen und repräsentativen Anforderun- 
gen zu entsprechen. Dies bewirkte vor allem eine 
besonders glanzvolle Ausstattung. Denn 
rweil Regierende Fürsten und Herren. in allen Stücken. vor 
andern Leuten einen großen Vorzug haben, so ist nichts billi- 
chers. BIS daß man ihnen auch solche Wohnungen zurlcnte, in 
denen die Kunst so noch gestiegen. um wie hoch Durchleuch- 
tige Printzen die übrige Menschen in der Welt an Hoheit über- 
stiegen haben? 
Andererseits hatte auch die Raumfolge dieser Gäste- 
zimmer auf die besondere Funktion Rücksicht zu neh- 
Anmerkungen 41 - 64 
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41 
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FEIGL Helmulh. Die Vorgeschichte der Aufhebung der Kartause Mau- 
erbaoh. Die Entwicklung von der Relormationskrise bis zu den josephi- 
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FREY Dagoben - GROSSMANN Karl, Die Denkrnaledes Stiftes Heili- 
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25611 
ELLEGAST Burkhard. Der barocke und der lrühbarocke Kaisertrakt 
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Pühringer-Zwanowetz, Zur Plarieritwicklung des Melker Stiftsbaues, 
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KORTH Thomas. Stift St. Florian. Die Entstehungsgeschichte der 
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SCHIMBÖCK Maximilian, Siard Worath, Abt von Schlägt 
(1561-1701-1721). Schlagler Schritten 4, Linz 1977, S. 86. 701, 74 
und 158. 
Der 1917 publizierte Hinweis. dalä Karl Vi. rdie Pläne abverlangte und 
SiB abändern ließ-i, konnte duellßnrnaßig bisher noch nicht verifiziert 
werden: LECH NEH Gregor M arttrl OSB. Stift Gottweig und Seine Kunst- 
Schatze. St Pölten - Wien 1977. S. 57. 
Fesllext der GrundStSirliEgunQ (Titelblatt): eoo Jahre Stift GÖttWElg. 
S. 343, KßtNr, 781 (M711). 
RITTER Emmerarn OSB. Gottfried Bessel als Bauherr und Kunstma- 
zen, in: Gdtttrißd BBSSGI (1572- 1749), Diplomat in Kurmainz A Abt 
V00 Göttwelg - Wlesenschalter und Kunstmazen hrsg. v Franz 
Rudolf REICHEHT. Quellen und Abhandlungen zur mittelrheiriisctieri 
Kirchengeschichte 16. Mainz 1972, S. 96. 
Braunlels, Klosterbaukunst. S. 251 f. 
Fiessmann, Güttwelg, S. 271 und 277. 
LECHNER Gregor Martin ose, Villaipandos Ternpeirekonstruktinn iri 
Beziehung zu barocker Kiosterarchitektur, in: Festschrift Wolfgang 
Erauniels hrsg. v. Friedrich PIEL - Jörg TRAEGER, Tübingen 1977. 
S. 225 ff. 
EGGER Hanna. Die Eilderwelt desSllites Altenburgf Stift Altenburg 
und seine Kunstschatle. S. 71 f. - POLLEROSS Friedrich E., Bilder- 
weit und Schatzkammer des Stiftes Altenburg. Buchbesprechung, in: 
KamptaI-Studien s (1985), s. 254 - 2ss. 
EGGER Hanna. Die Frage nach dem lnventor des Eildprogramms von 
StiitAItenburg unddle lkoriographiederSt-ikristei, In: alte und moderne 
kunsi 17711981. S. 7 ff. 
Zitate aus der autobiographischen wlnlormazione delta Fabrica Impe- 
riale dl Closterneuburgri des Architekten bei: Pauker, Klosterneuburg. 
S. 161i. - MAHL Elisabeth, Donato FelioedAliiounddie Planungsge 
schichte des Stiftes Klosterneuburg. in: Jb. d. Stiftes Klosterneuburg 
NF s (1965) 168 i. 
Ebenda. zitiert bei" ZACHARIAS Thomas. Joseph Emanuel Fischer von 
Erlach. Wien - München 1960. s so f. 
OEFINIK Berthold. Das Augusttner-Cnorherrertstlft Klosterneuburg. 
Geschichtliche Daten, wieri isse, s 5a 
Beim Kreuz von 173i handelt es sich um ein Geschenk Karls vi.- Das 
tausendjährige si, Elaslen 200 Jähriges berriititriiaurri. Ausstellungs- 
katai0g 1,5 224 ff . Nr. 17a 
WORNER HsnsJekoti. DasschicirsaiaerkiosiergetrauaeirriLaureder 
Jahrhunderte. int ebenda 2. S. 100 ff. 
DECKEH Paulus. Fürsllicrter Baumeister 1, Augsburg 1711. zitiert inI 
BERGEFI Eva Quellenmaterial zu den Bedingungen barocker Profan- 
baukunst In Österreich. geisteswiss. Diss.. Wien 1964. S 133.
	        
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