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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXX (1985 / Heft 203)

ße zeigtii (Fremden-Blatt) 
resis eigene literarische Leistungen waren über 
inzig kleine, taschenbuchformatige (Paperback)- 
1de:Fteisebilder, Novellen, Romane und sogenannte 
noresken, welche mit den zeitgenössischen ungari- 
ien anekdotischen Erzählungen eng verwandt 
"en. Er stand auf einem guten durchschnittlichen 
eau der deutschen Belletristik. Alle seine Schritten 
erab1875indeutscherSprache geschrieben undin 
garisch hat er keine davon veröffentlicht. 
resisDurchbruch inderSparte Kunstkritikerfolgte in 
I neunziger Jahren, als die kulturellen Wege in Wien 
l Budapest auseinanderzulaufen begannen. Wäh- 
d in Wien der Durchbruch zur Moderne stattfand, 
hte sich in Ungarn alles um die Frage der nationalen 
wtität. und die wahre Moderne Kunst entwickelte 
i hier ganz anders, die wichtigsten Orientierungs- 
ikte waren München und Paris. Budapest mit seiner 
onalistisch-angespannten Atmosphäre, der Drang 
h einer völlig selbständigen Kunst bezweckte inner- 
)der Monarchie, einen möglichst eigenen National- 
zu schaffen - hat die Wiener Impulse so gut wie 
ieschirmt.SogardieSchichtdesdeutschsprachigen 
gertums, welche in Ungarn (besonders in Pest und 
ta)seitderVormärzepoche schon immereine starke 
arische Identität hatte, wendete sich mehr an die 
lapester als an die Wiener Kultur und hat seine ehe- 
ige wichtige Vermittlerrolle langsam - außer auf 
1 Gebietder Musik- verloren. Hevesi hat in Ungarn 
ptsachlich nur im Pester Lloyd seine Essays veröf- 
.iicht. aber seine Schriften haben kein lautes Echo 
Jnden, über die ungarischen Künstler hat er sehr 
iig geschrieben.AbdieserZeitgehorteer imGrunde 
Kultur Wiens und Österreichs. 
wig Hevesi war über fünfzig, als ersich für neuesten 
stlerischen Experimente engagierte. In der Kunst- 
chichte kommt es seltenvondaßsichbeieinernam- 
en Autorität im Alter von 54 Jahren plötzlich der 
ichmack völlig ändert, und er der Mltkampfer aller- 
yster Tendenzen wird. Hevesi war einer von diesen, 
h er stand in seiner Zeit damit nicht alleine. Auch 
iWagner hat im Alter von überfünfzig Jahren seinen 
völlig revolutioniert. Eine weltoffene, liberale Unter- 
mungslust. Drang zu neuem und ein starkes Selbst- 
iußtsein brauchte man dazu neben dem Talent. Es 
nte Hevesis unwahrscheinlich offene, enthusiasti- 
e Persönlichkeit und sein auf seinem profunden 
stsachverstand ruhendes ausgewogenes Quali- 
gefühl Erklärung dafür sein, daß er alle qualitätvol- 
neuen, ungewöhnlichen Stilexperimente sofort im 
ten erkannt und verstanden hat, auch wenn andere 
iker dem empön oder verständnislos gegenüber- 
iden. (Eklatantes Beispiel dafür ist, wie er auf der 
stschau 1908 über den jungen Kokoschka mit weit 
iusblickendem Verstand geschrieben hat.) Er hatte 
ach einen für seine Zeit einmaligen Überblick und 
unde Erfahrung über die frühere und zeitgenössi- 
e österreichische Kunst gehabt. Gewissermaßen 
1 er neben Hermann Bahr nicht nur als treuer Kom- 
itator und Kritiker, sondern auch als geistiger Füh- 
"ür die Sezession gelten. In seinen frischen, unge- 
er anschaulichen Feuilletons im Fremden-Blatt. 
r auch in theoretisch grundlegenden Aufsätzen in 
großen deutschsprachigen Kunstzeitschriften 
. Kunst und Kunsthandwerk, Ver Sacrum, Der In- 
zuretc.)trater als Bahnbrecherder neuen Stilkunst 
(unwahrscheinlich waren wegen seines angeneh- 
I, gutmütigen und populären Charakters sogar sehr 
ivertierte Künstlerwie Gustav Klimt p. e. ihm gegen- 
roffen. Das warvielleichtauchdas Geheimnis, wes- 
i immer Hevesi als erster über die neuesten Ereig- 
e publizierte und die tiefgehendsten Analysen von 
iälden (z. B. die vFakultätsbilderii Klimts)gab. Diese 
an noch heute als Ausgangspunkt für jene moder- 
Interpretationen. Er kämpfte sogar für seine ge- 
itzten Künstlerfreunde und blieb der KIimt-Gruppe 
st dann noch treu, als diese bereits aus der Sezes- 
ausgetreten war. 
 
Mit seltener historischer Klarsicht hat er die 1 
sphare, die "Zeitstimmungii (sein geliebtes Wort) 
Epoche erfaßt, auch wenn es sich um frühere Epc 
handelte. Neben dem iiAcht Jahre Sezessionir in 
kunst - Neukunstii hat er auch überdie internatioi 
Kunstbewegungen geschrieben:er warmit der KÜI 
rische Erzieher des Wiener Publikums und der Ve 
ter des modernen Kunstgeschrnacks gewesen. 
wurde er nie ein überspannter und kaum erträgt 
Kritikerdiktator, was später in so vielen modc 
Avantgardebewegungen üblich war, Vielleicht h: 
sein goldener Humor und seine auf Erfahrung be 
dete Weisheit vor solch einseitiger Besessenhe 
wahrt. 
Ludwig Hevesi konnte für Makart auch dann 
Begeisterung zeigen, als er bereits über Klimts 
mosaiken treffende Essays schrieb. Seine besor 
intime nconaisseurischeii Beziehung zur Wiener l- 
glanzt in seinen fast poetischen Artikeln über Dar 
ser, Rudolf Alt, das Biedermeier oder sogar übe 
Wiener Porzellan. Hevesi war fest im Glauben, 
Kunst der feinste Ausdruck des Zeitempfindens ist 
dem Vorwort seines wieder publizierten Samme 
des kann man hinter all seiner Bescheidenheit eir 
borgenes, jedoch starkes Sendungsbewußtsein 
ren. Er kannte den Wert seiner Ftolle innerhalt 
Epoche. 
Als er 1903 sein noch immer quellenwertiges I 
"Österreichische Kunst im 19. Jahrhundertii scl 
hat er erstmals versucht, das Thema zu bearbeite 
war ein sehr heikles Thema, inmitten der auseinai 
gravierenden Nationalkulturen der österreich 
ungarischen Monarchie, im Schatten der deuts 
Kultur, einespezifischösterreichische Kulturzu ide 
zieren. Hevesi hat auch solche Künstler in diesem i 
behandelt (z. B. Matejko), welche innerhalb der Ml 
chie zu anderen Nationalitäten gehörten. Die ur 
sche Rezension in iiMüveszetii (ohne Name) hat s 
selbst die Fragestellung fragwürdig gemacht uni 
eine unheimlich prophetische Kritik über Hevesis I 
geäußert: w, .. Wien war manchmal ein Kunstzent 
jedoch häufiger ein Schulungszentrum für die tx 
barvölker, aber nur über in Wien geschulte polni: 
ungarische, tschechische oder Karntner Maler kö 
wir sprechen. Es wäre das Gescheiteste, wenr 
Kunsthistoriker Österreich schon jetzt, vor dem ,t 
schen Verfall, (sie) auf seine Bestandteile zerli 
würclenlii - Diese Zeilen wurden 1903 geschrie 
Hevesi hatte noch weitere sieben Jahre gelebt 
Monarchie 15 Jahre. Erwar einer der letzten iizwei 
tersprachigenri, bürgerlichen intellektuellen, füi 
beide Staaten der üsterreichisch-ungarischen Mr 
chie geistige Heimat bedeuteten. In seinem Nachr 
Fremden-Blatt schrieben seine engsten Freunde 
blieb ein guter Ungar, als er, der von der Verdräni 
der deutschen Sprache in Ungarn eine Loslö 
Ungarns von der deutschen Kultur besorgte, zum t 
schen Schriftsteller wurde: um seinem Geburtsl: 
auch fiirderhin den Geist des Westens zu vermii 
Aber er ward zugleich ein guter Österreicher uni 
wahrer Wiener.ii 
Diese seltsame doppelte Identität konnten aber 
sehr wenige venuirklichen, da die Geschichte unt 
Zeitgeist dagegen war. Sogar Ludwig Hevesi m 
seine Entscheidung am Scheideweg treffen, al 
1875, anstatt ungarischer politischer Journalist zu 
den, die Rolle des Kunstschriltstellers wählte, wod 
er endgültig an die österreichische Kunst und K 
gebunden wurde. Sowohl für ihn wie auch für seine 
rale citoyenne Generation gab es nur eine fortscl 
liche, einheitliche humanistische Kultur ohne Gren 
Somit könnte man ihn als einen derfrühesteri Pane 
paer im Dienste der Kunst nennen. 
1985 muß man bereits feststellen, daß es längst 
weltweit anerkannte spezifisch österreichische K 
gibt, und daß diese um 1900 ein so einmaliges Au 
hen erlebte, verdankt man in nicht geringem Maße 
wegbereitenden Weitblick eines Ludwig Hevesi.
	        
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