1967 in Krems-Stein ,Gotik in Österreich" und
1968 im wiederhergestellten Blauen Hof des
Schlosses Laxenburg „Romantik und Realismus
in Österreich". Dieses umfassende und gezielte
Kulturprogramm, das fast immer auch mit Adap-
tierungs- und Sanierungsarbeiten von Gebäuden
und Straßen verbunden war, wurde durch zahl-
reiche Sonderausstellungen des Niederöster-
reichischen Landesmuseums in Wien und im
Lande sowie durch Schaffung von Dependancen
in den Schlössern des Landes ergänzt. Eine
solche vorbildliche Bildungsarbeit konnte nicht
ohne Auswirkung bleiben. Nirgends sonstwo
honorierte die Bevölkerung mit in die Hunden-
tausende gehenden Besucherzahlen die aus-
stellungstechnisch und organisatorisch muster-
gültigen Leistungen einer aktiven Kunstpolitik.
In Kärnten konzentrieren sich alle kunstfördern-
den Unternehmungen in der Landeshauptstadt
Klagenfurt. Das bedeutendste Ereignis war der
Entschluß der Landesregierung vom Jahre 1952,
die Landesgalerie in dem alten Burggebäude
der Stadt Klagenfurt unterzubringen. Nach einer
vorbildlichen Neugestaltung und Adaptierung
der Räume wurde diese Galerie im Jahre 1965
eröffnet. Für die Konfrontation mit zeitgenössi-
scher Kunst sorgen zwei Privatgalerien in Kla-
genfurt, die sich wegen ihres avantgardistischen
Ausstellungsprogrammes einen Namen mach-
ten. Vor kurzem wurde über die Initiative einiger
privater Kunstfreunde in Bleiburg eine Werner-
Berg-Galerie geschaffen, die einen Überblick
über das Werk dieses seit mehr als vierzig Jahren
in dieser Landschaft ansässigen Künstlers gibt.
Die kunstfördernde Tätigkeit des westlichen
Bundeslandes Vorarlberg steht in engstem Zu-
sammenhang mit den 1964 gegründeten Bre-
genzer Festspielen. Diese nach Salzburg be-
deutendste Einrichtung veranstaltete in den letz-
ten Jahren auch einige Großausstellungen, dar-
unter 1968 „AngeIika Kauffmann und ihre Zeit-
genossen", deren europäische Bedeutung die
zahlreichen und bedeutenden Leihgaben aus
allen europäischen Ländern unterstreichen.
Das Burgenland, wegen seiner wirtschaftlichen
rund sozialen Verhältnisse gegenüber allen ande-
ren Ländern nicht in der Lage, sich kunst- und
lkulturfördernd entscheidend zu betätigen, hat in
den letzten Jahren versucht, den Vorsprung der
anderen Länder aufzuholen. Mit der Gründung
des Internationalen Bildhauersymposions im
Steinbruch von St. Margarethen wurde eine Tat
gesetzt, die inzwischen weltweites Interesse und
uneingeschränkte Anerkennung gefunden hat.
Nachwort
Der vorliegende Bericht, der nur die wesentlich-
sten Aktionen und charakteristischesten Ereig-
nisse verzeichnet, läßt erkennen, daß für die
Förderung der bildenden Künste im Laufe der
vergangenen 50 Jahre viel getan worden ist.
Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Künstler
und ihre Werke, sondern auch hinsichtlich des
Publikums. Von allen offiziellen und inoffiziellen
Stellen wurden Leistungen erbracht, die im Ver-
hältnis zur allgemeinen Situation des Landes
und zum mitteleuropäischen Kulturniveau als
beträchtlich angesehen werden müssen.
Ein entscheidender Grund ist wohl darin zu
sehen, daß in der Ersten Republik noch die
vielen Vertreter der Vorkriegsgeneration aktiv
waren, die die Verhältnisse der großen Mon-
archie vor Augen hatten und denen diese ein
Vorbild und eine ständige Herausforderung be-
deuteten. Nahezu alle Maßnahmen und Ver-
ordnungen zur direkten Förderung der Künstler,
wie Ankäufe, Aufträge. Ateliervergabe, Arbeits-
und Reisestipendien. Ehrenpensionen, laufende
Zuwendungen und Preise, aber auch alle iene
zur Förderung des Publikums, wie Ausbau der
Museen. Unterstützung der Künstlervereinigun-
gen, Ausstellungen und anderes mehr, wurden
bereits in den zwanziger Jahren festgelegt und
ausgeübt. Die Zweite Republik griff im wesent-
lichen nur darauf zurück und setzte nach Maß-
gabe der vorhandenen finanziellen Mittel dieses
Förderungswerk fort.
Dennoch ist die gegenwärtige kunstpolitische
Situation für die bildenden Künstler, die Museen,
die Künstlervereinigungen, die kleinen Galerien
völlig unbefriedigend. Ihre Förderung steht in
keinem Verhältnis zu den Beträgen, die z. B.
für die Bundestheater, insbesondere die Staats-
oper, benötigt werden. In den letzten drei Jahren
haben diese mehr als das Achtfache von dem
ausgemacht, was man bereit war, für die bil-
denden Künste einschließlich der Museen aus-
zugeben. Diese traditionelle Überschätzung. die
in keinem Verhältnis zur sozialen Funktion steht,
macht die krasse Unterbewertung der bildenden
und angewandten Künste besonders deutlich.
So drängt sich die Frage auf, wie man in Zukunft
Abhilfe schaffen könnte, da ja auf Grund der
allgemeinen Budgetlage keine vermehrte För-
derung möglich sein wird. Ohne ein Kunst-
förderungsprogramm für die bildende und an-
gewandte Kunst zu entwickeln, wäre doch ganz
allgemein darauf hinzuweisen, daß künftighin
eine Politik der kleinen Schritte notwendig sein
wird, die alles unterstützt, was die kunst-
politische Aktivität fördert. Nicht alles und jedes
sollte gefördert werden, sondern mit Schwer-
punkten sollte man einer Zersplitterung und
Verzettelung der Mittel entgegenwirken. Dies
würde aber bedeuten, daß Staat, Stadt, Land
und Gemeinde nicht gegeneinander, sondern
miteinander arbeiten, sich nicht als Konkurrenten
betrachten, politische Ideologie und kulturelle
Aktivität nicht miteinander verquicken und Kultur
und Kunst nicht als Instrument ihrer parteipoliti-
schen Auseinandersetzungen einsetzen. Ein
erster Schritt zur Abhilfe wäre daher die Ein-
richtung einer unabhängigen Kontaktstelle. die
die zahlreichen Initiativen und Aktivitäten ko-
ordiniert und laufend die in Betracht kommen-
den Stellen und die Öffentlichkeit darüber infor-
miert. Eine weitere und sicher noch wichtigere
Maßnahme wäre die Überwindung der Öffent-
lichkeitsscheu und Zurückhaltung der Museen.
wäre die Anpassung und die Öffnung für die
Erfordernisse einer zeitgemäßen Kunst- und
Bildungspolitik, Schon die unmittelbare Gegen-
wart und vor allem die allgemeine Entwicklung
der siebziger Jahre machen eine zeitangepaßte
Orientierung notwendig, welche die Organisa-
tionsform und die Struktur der Museen, die noch
aus dem 19. Jahrhundert stammen, einer Re-
form wird unterziehen müssen. Auf dem Gebiete
der Kunstmuseen wird es notwendig sein, eine
Flexibilität zu entwickeln, die nicht nur die
wissenschaftlich-konservatorische Tätigkeit als
alleiniges Ziel vor Augen hat. Gerade die Kunst-
museen müssen wieder Zentren in der Bildungs-
landschaft werden, die offen und aktiv sind für
alle Belange der Erwachsenenbildung, des zwei-
ten Bildungsweges, sowie der ästhetischen Er-
ziehung der Jugend „zur Kunst" und „durch die
Kunst". Die im Laufe der Entwicklung einge-
tretene Isolierung, die Situation des elfenbeiner-
nen Turmes, kann nur durch Überwindung aller
psychologischen und soziologischen Schranken
und den Ausbau aller Kontaktmöglichkeiten
zwischen Museen und einer modernen Gesell-
schaft überwunden werden. Daß dies über die
Erstellung von Ausstellungsprogrammen, Publi-
kationen usw. im bisher üblichen Rahmen weit
hinausgeht, ist selbstverständlich. Hervorragende
Beispiele für eine solche kunst- und bildungs-
politische Aktivität geben die Modellfälle der
amerikanischen, der schwedischen, aber auch
der Museen in der UdSSR. Hier wird dem an-
brechenden Zeitalter der Kybernetik, der Com-
puter und Massenmedien bereits Rechnung ge-
tragen. Hier sind die ..visual arts", die Museums-
objekte, Mittel einer dreidimensionalen Informa-
tion, deren soziale Aufgabe mit unkonventionel-
len Methoden für die moderne Bildungsgesell-
schaft erschlossen wird. Dies aber ist nur mög-
lich, wenn die Entwicklungstendenzen recht-
zeitig und richtig eingeschätzt werden, d. h. wenn
die Kunstpolitik nicht in traditionellen Geleisen
konzeptlos und wild wuchernd sich selbst oder
der bürokratischen Routine oder zufälligen Ein-
zelinitiativen überlassen bleibt. sondern als eine
"politische" Notwendigkeit erkannt wird.
- Da das Manuskript dieses Beilrages bereits mit Mai 196a
abgeschlossen war, seien ergänzend noch die Veranstal-
lungen des "Steinschen Herbstes", die seil 1968 in Graz
durchgeführt werden. nachgetragen.
Benützta Literatur (geordnet nach Erscheinungsiahr):
Hans Tietze, Die Zukunft der Museen, SchrciIl-Verlag,
Wien 1923.
10 Jahre Wiederaufbau, Die staatliche, kulturelle und wirt-
schaftliche Entwicklung der Republik Österreich 1918 bis
iaze, herausgegeben von Sektionschef Ing. Dr. Wilhelm
Exner, Wien 1928.
Hans Tieize, Die Kunst in unserer Zeit, Richard Lanyi,
Wien 1930;
Kunst in Osterreich, Österreich-Almanach und Kunstler-
adreßbuch 1934, Leoben 1934.
Festschrift des Bundesministeriums lur Unterricht, 100 Jahre
Unterrichtsrniriisteriurri 1848-1948, Österreichischer Bun-
desverlag, Wien 1948,
Die Stadt Wien als Mäzen, Wien 1955.
Die Stadt Wien als Mäzen, ll, Wien 1956.
Kristian Sotriiier, Malerei und Plastik in Österreich, Von
Makart bis Wotruba, Schroll-Verlag, Wien 1963.
Hildegard Breuner, Die Kunstpolitik des Nationalsozialis-
mus, Rowohlt Taschenbuch, 1963.
Kunst in unserer Zeit, Bericht über die Tatigkeit des Wiener
Kunstfonds, herausgegeben von der Zentralsparkasse der
Gemeinde Wien, Wien 1954.
Wiedergeburt einer Weltstadt, Wien 1945-1965, Verlag
für Jugend und Volk, Wien 1965.
Wilhelm Mrazek, Das Kunstgewerba von 1918-1565, in:
Feuerstein, Hutter, Koller, Mrazek, Moderne Kunst in Oster-
reich, Forum-Verlag, Wien 1965.
Protokolle es, er, 68. Wiener Jahresscnrilt iur Literatur,
bildende Kunst und Musik, herausgegeben von Ottn
Breicha und Gerhard Fritsch, Verlag für Jugend und Volk,
Wien 1956, 1967, 1968.
Otto Brelcha, Gerhard Flitsch, Aufforderung zum Miß-
rrauen, Residenz-Verlag, Salzburg 1967.
Osterreich-Lexikon, 2 Bände, Osterreichischer Bundes-
Verlag, Wien, Verlag im Jugend und Volk, Wien 196a.
Bunclesvdranschläge fur dieJahre 1950-1968, Gruppe X:
Unterricht und Kunst, Wien, Österreichische Staatsdruckerei.
ZEITSCHRIFTEN:
Kunst und Kunsthandwerk, Wien 1918-1921.
Wiener Jahrbuch für bildende Kunst. Schroli-Verlag, Wien
1918".
Die bildenden Künste, Wiener Monatshelte, SchrnIl-Verleg,
Wien 191911.
O9SäE7I'l'?lCh, Monatsschrift für alles Österreichische, Wien
i .
Österreichische Kunst. Wien 1930".
Der Wiener Kunstwanderer, Wien 193366.
Alte und moderne Kunst, Österreichischer Bundesverlag.
Wien 195611.
ZEITUNGSBERICHTE:
Band l, 1913-1924, Band ll, 1924-1927, Band "lr
1927-1928, Band IV, 1929-1930. Aus dem Archiv der
Wiener Werkstatte mit Hunderten von Berichten über die
Wiener Werkstätte und des österreichische Kunstleben.
AUSSTELLUNGSKATALOGE:
Für die Ausstellungstaligkeit wurden sämtliche erreichbaren
Kataloge herangezogen,
43