gen. die das Sprachrohr der Secessionisten, Ver
Sacrum, schmückten. Höchst wahrscheinlich verkehr-
ten manche Mitglieder dieser Vereinigung öfters in sei-
nem Atelier am Wocheiner See. Zu dieser Zeit schrieb
ErnstStöhrseinewichtigsten BeiträgefürdieZeitschrift
Ver Sacrum.
Gerade aus Pompeji, wo er römische Ausgrabungen
besichtigt hatte, zurückgekehrt, schrieb Stöhr einen
kleinen Aufsatz für das Ver Sacrum. Beeindruckt von
der Einfachheit und Schlichtheit der römischen Wohn-
räume. bemühte er sich, einfache Textillustrationen
anzufertigen. Er wählte eine ihm wohlvertraute Stube
aus: die Zeichnungen zeigen einen schmalen. einge-
wölbten, langgezogenen Raum in verschiedenen
Tages- und Nachtstimmungen (Abb. 1). Der bildliche
Zyklus beginnt mit einer einfachen Konturfederzeich-
nung, geht über zur Kohiezeichnung bis zur Detail-
freude der Bleisiiftzeichnung. Durch Wechseln der
Techniken versuchte Stöhr wein Leben, das nach innen
gehtr zu verbildlichenf ln Alltagstätigkeiten werden,
subjektiv gesehen, Ewigkeitswerte hineinprojiziert.
in diesem Sinneschriebstöhr: wich schaue in die Stube,
wenn morgens die Sonne hineinscheint, und wenn das
Abendlicht darinnen verdammert . . . auch den Frieden,
den das Lampeniicht verbreitet, fühle ich und die Stille
des kleinen Nachtiichtes, alles ist mir vertraut. . .6 Bei
der Errichtung seines eigenen Ateliers trachlete Stöhr
nach einem ähnlichen, einfachen Lebensstil. Erbewies,
daß er auch die Fähigkeiten eines guten Architekten
hatte: das Atelierhaus war "räumlich und zwecklich
gleich gutrrs.
Durch eine Schenkung ist die Einrichtung dieses Ate-
liers fast vollständig auf uns gekommenÜ Das Österrei-
chische Museum für angewandte Kunst in Wien istjetzt
im glücklichen Besitz einer Zfteiligen Wohn-Schlaf-
zimmereinrichtung aus dem Stöhr-Atelierß (Abb. 6). Die
Möbelstücke sind größtenteils aus einfachem Fichten-
holz und zeigen Spuren von Farben, die dafürsprechen,
daß sie ursprünglich grün gebeizt waren, Der Stil dieser
Möbelgegenstände, gekennzeichnet durch eine duali-
stische Mischung von dynamisch-gekurvten Detailfor-
men und blockhafter Körperlichkeit, entsprechen der
frühsecessionistischen Phase Josef Hoffmanns. Daß
die Möbeleinrichtung fast gänzlich aus der ldeenwelt
Hoffmanns stammt, beweisen folgende Vergleiche mit
dem gesicherten Oeuvre Hoffmanns.
Die Zeitschrift Das lnferieur bringt im Jahrgang 1900
5
2
1 ErnstStöhr.TextillustrationfürdenAufsatznEinealteStube-i
- aus Ver Sacrum, 3. Jg., Heft 6. März 1900, S. 116- 130
2 ErnstStdhnTextillustrationfürdenAuisatzirEinealteStubeu
- aus Ver Sacrum, 3, Jg., Heft 6, Marz 1900, S. 116- 130
3 lnterieurentwurf von Josef Hoffmann aus Das lnterieur.
1900, 1. Jg., Tafel 32
4 Sessel aus der Ateliereinrichtung für Ernst Stöhr -Sessel-
rahmen und Sitzgestell aus Buchenholz. Sitzfläche und
ornamentaleEinlagederRückenlehneausweichholz.Hohe
87 cm - Lange 44 cm - Breite 41 ,5 cmISitzhöhe 45 cm.
Entwurf von Josef Hoffmann, um 1898. Österreichisches
6
Museum für angewandte Kunst, inv, Nr. H 2721
5 Toilette-Tisch aus der Ateiiereinrichtung für Ernst Stöhr -
mit klappbarem Spiegel, Weichholz, massiv. Höhe 165 cm
- Breite 119 cm - Tiefe 40,5 cm. Entwurf von Josef Hoff-
mann, um 1898, Österreichisches Museum für angewandte
Kunst. lnv. Nr. H 2715
6 Arbeitstisch aus der Ateliereinrichtung für Ernst Stöhr -
Weichholz massiv, in der Zarge eine Lade. Höhe 78 cm -
Lange 98 cm -__Breite 66,5 cm. Entwurf von Josef Hoff-
mann. um 1898. Osterreichisches Museum fürangewandte
Kunst, lnv. Nr. H 2718