Budapest. Das typische prägende Dekor ihrer Ver-
packungspapiere ist aber bis zur Stunde - und das
spricht für ihre zeitlose Qualität - in Verwendung und
vermag auch heute, 50 Jahre nach ihrer Entstehung,
den Käufern der Konditorei am Wiener Graben echte
Freude zu bereiten. lm Zeitabschnitt zwischen den bei-
den Weltkriegen war in allerWelt eine Belebung und ein
Aufblühen der Gebrauchsgrafik festzustellen. Mit dem
Aufschwung des geschäftlichen Lebens führte dies
naturgemäß zu einer reiferen Auftragslage von Entwür-
fen fürAnnoncen von Verpackungspapieren und sonsti-
gen merkantilen Drucksachen. Der Vorstoß der
Reklame, in deren Gefolge die Gebrauchsgrafik sich
entwickelte, ist gleichfalls eine Begleiterscheinung der
Art Deco; zufolge des Anspruchs auf rasche Kommuni-
kation rief dies eine weitere Reihe von dekorativen
Arbeiten ins Leben. Der Stil des Mittelstandes dieser
Epoche. welcher Heiterkeit. etwas Modernität, geome-
5
trisierende Ornamentik mit völkischen Einflüssen und
orientalischerMotivikaufüberaushohem Niveau einzu-
stimmen verstand, legte innerhalb der angewandten
Künste, vorwiegend der Grafik, durch qualitätvolle
Schöpfungen Zeugnis ab. Auch bedeutende Künstler
befassen sich in Ungarn mit sog. Fteklamegralik, denn
nur so konnten sie unter den drückenden wirtschaft-
lichen Verhältnissen der Nachkriegsjahre existieren.
Darunter zählten zu den international bekannteren
Robert Bereny, Sandor Bortnyik, Lajos Kassak. Lajos
Kozma, Albert Kner, Farkas Molnar und Josef Rippl-
Ftönai.
Die bis zum heutigen Tag schöpferisch tätige Kato
Kaesz-Lukatsdie so gewinnbringend auchfürdas Wie-
ner Haus Altmann ßt Kühne arbeitete, wurde 1900 ge-
boren. Sie begann ihre Studien an der Hochschule für
bildende Künste in Budapest, wechselte an die Kunst-
gewerbeschule, wo sie 1925 abschloß. Sie war in zahl-
reichen Bereichen des Kunstgewerbes tätig. Sie
bemalte Möbel, entwarf lntarsien, illustrierte Märchen-
bücher und schuf Textilapplikationen. In allern fällt
sofort ihre frische Erzählerlust auf, die bezeichnend ist
fürihrenStil,ebensowieihrevorliebezum Dekorativen,
dieAnwendung von Holz, Kunsimotiven und ihr spieleri-
scherHumorSeit EndederzwanzigerJahrebefaßtesie
sich auch mit Gebrauchsgrafik. Fürdie von ihrentworfe-
nen Packungen, Kopfleisten. Signete sind einfühlende
Fachkenntnis von hohem Niveau, Klarheit und Ele-
gance in der Linienführung charakteristisch. In der
Kunst von Frau Kaesz-Lukats gesellten sich zu Heiter-
keit und schöpferischer Phantasie ein strenger Respekt
vorden Gesetzlichkeiten derTypographie, ia des einzel-
nen Buchstabens. Ihre in jener Periode entstandenen
Werke kann man als Glanzleistungen ungarischer Gra-
fik und auch des ungarischen Art Deco bezeichnen. In
zahlreichen westeuropäischen Fachzeitschriften sind
über diese Arbeiten Publikationen erschienenf Im
Jahre 1979 hat eine im Museum für Kunstgewerbe in
Budapest veranstaltete Ausstellung das gesamte
Lebenswerk der Künstlerin präsentiert}
Aus all dem geht hervor, daß die Inhaber der Wiener
Confiserie Altmann 8. Kühne bei der Wahl des Grafikers
von einem guten Kunstsinn Zeugnis geben. Die nach
den Entwürfen von Frau Kaesz-Lukats hergestellte
betreffende sämtliche Ausstattung vom Firmenpapier
bis zum Verpackungsmaterial konnte mit seinem
besondern wSchickrr die Kundschaft bis heute erobern
und festhalten. Das gesamte grafische Vokabular der
sinnreichen formschönen variablen Schächtelchen,
das mit Märchenfiguren überstreute Verpackungspa-
pier gaben der Ware schon von außen her einen ent-
sprechenden Wert. DiemitbesondererSorgfaltgeform-
ten Bonbonnieren und Schächtelchen sind bisweilen
Miniaturnachahmungen von Möbeln. Im wahrsten
Sinne des Wortes verniedlicht wie aus Großvaters Zei-
ten.Manchmalsindsieherzförmigoderähneln Blumen,
sind oft mehrbödig und vielgliedrig. wobei bisweilen
nach Öffnen des Deckels verborgene Schubfächer zum
Vorschein kommen. Man hat diese schrnückenden Aus-
stattungspapiere zumeist auch in verschiedenen
Grundfarbentönen verfertigt. Die Oberfläche aller die-
ser Behältniskörper beleben meist Figuren einer