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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXX (1985 / Heft 201 und 202)

 
Budapest. Das typische prägende Dekor ihrer Ver- 
packungspapiere ist aber bis zur Stunde - und das 
spricht für ihre zeitlose Qualität - in Verwendung und 
vermag auch heute, 50 Jahre nach ihrer Entstehung, 
den Käufern der Konditorei am Wiener Graben echte 
Freude zu bereiten. lm Zeitabschnitt zwischen den bei- 
den Weltkriegen war in allerWelt eine Belebung und ein 
Aufblühen der Gebrauchsgrafik festzustellen. Mit dem 
Aufschwung des geschäftlichen Lebens führte dies 
naturgemäß zu einer reiferen Auftragslage von Entwür- 
fen fürAnnoncen von Verpackungspapieren und sonsti- 
gen merkantilen Drucksachen. Der Vorstoß der 
Reklame, in deren Gefolge die Gebrauchsgrafik sich 
entwickelte, ist gleichfalls eine Begleiterscheinung der 
Art Deco; zufolge des Anspruchs auf rasche Kommuni- 
kation rief dies eine weitere Reihe von dekorativen 
Arbeiten ins Leben. Der Stil des Mittelstandes dieser 
Epoche. welcher Heiterkeit. etwas Modernität, geome- 
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trisierende Ornamentik mit völkischen Einflüssen und 
orientalischerMotivikaufüberaushohem Niveau einzu- 
stimmen verstand, legte innerhalb der angewandten 
Künste, vorwiegend der Grafik, durch qualitätvolle 
Schöpfungen Zeugnis ab. Auch bedeutende Künstler 
befassen sich in Ungarn mit sog. Fteklamegralik, denn 
nur so konnten sie unter den drückenden wirtschaft- 
lichen Verhältnissen der Nachkriegsjahre existieren. 
Darunter zählten zu den international bekannteren 
Robert Bereny, Sandor Bortnyik, Lajos Kassak. Lajos 
Kozma, Albert Kner, Farkas Molnar und Josef Rippl- 
Ftönai. 
Die bis zum heutigen Tag schöpferisch tätige Kato 
Kaesz-Lukatsdie so gewinnbringend auchfürdas Wie- 
ner Haus Altmann ßt Kühne arbeitete, wurde 1900 ge- 
boren. Sie begann ihre Studien an der Hochschule für 
bildende Künste in Budapest, wechselte an die Kunst- 
gewerbeschule, wo sie 1925 abschloß. Sie war in zahl- 
reichen Bereichen des Kunstgewerbes tätig. Sie 
bemalte Möbel, entwarf lntarsien, illustrierte Märchen- 
bücher und schuf Textilapplikationen. In allern fällt 
sofort ihre frische Erzählerlust auf, die bezeichnend ist 
fürihrenStil,ebensowieihrevorliebezum Dekorativen, 
dieAnwendung von Holz, Kunsimotiven und ihr spieleri- 
scherHumorSeit EndederzwanzigerJahrebefaßtesie 
sich auch mit Gebrauchsgrafik. Fürdie von ihrentworfe- 
nen Packungen, Kopfleisten. Signete sind einfühlende 
Fachkenntnis von hohem Niveau, Klarheit und Ele- 
gance in der Linienführung charakteristisch. In der 
Kunst von Frau Kaesz-Lukats gesellten sich zu Heiter- 
keit und schöpferischer Phantasie ein strenger Respekt 
vorden Gesetzlichkeiten derTypographie, ia des einzel- 
nen Buchstabens. Ihre in jener Periode entstandenen 
Werke kann man als Glanzleistungen ungarischer Gra- 
fik und auch des ungarischen Art Deco bezeichnen. In 
zahlreichen westeuropäischen Fachzeitschriften sind 
über diese Arbeiten Publikationen erschienenf Im 
Jahre 1979 hat eine im Museum für Kunstgewerbe in 
Budapest veranstaltete Ausstellung das gesamte 
Lebenswerk der Künstlerin präsentiert} 
Aus all dem geht hervor, daß die Inhaber der Wiener 
Confiserie Altmann 8. Kühne bei der Wahl des Grafikers 
von einem guten Kunstsinn Zeugnis geben. Die nach 
den Entwürfen von Frau Kaesz-Lukats hergestellte 
betreffende sämtliche Ausstattung vom Firmenpapier 
bis zum Verpackungsmaterial konnte mit seinem 
besondern wSchickrr die Kundschaft bis heute erobern 
und festhalten. Das gesamte grafische Vokabular der 
sinnreichen formschönen variablen Schächtelchen, 
das mit Märchenfiguren überstreute Verpackungspa- 
pier gaben der Ware schon von außen her einen ent- 
sprechenden Wert. DiemitbesondererSorgfaltgeform- 
ten Bonbonnieren und Schächtelchen sind bisweilen 
Miniaturnachahmungen von Möbeln. Im wahrsten 
Sinne des Wortes verniedlicht wie aus Großvaters Zei- 
ten.Manchmalsindsieherzförmigoderähneln Blumen, 
sind oft mehrbödig und vielgliedrig. wobei bisweilen 
nach Öffnen des Deckels verborgene Schubfächer zum 
Vorschein kommen. Man hat diese schrnückenden Aus- 
stattungspapiere zumeist auch in verschiedenen 
Grundfarbentönen verfertigt. Die Oberfläche aller die- 
ser Behältniskörper beleben meist Figuren einer 

	        
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