MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIX (1984 / Heft 195)

bei Anweisungen an die Gestalter. der Architekt Pöppel- 
mann bei der Beschreibung von Bauten, Permoser für 
Skulpturen, dererste Hofjuwelier Dinglingerbei Bemer- 
kungen zur Goldschmiedekunst. Es ist jenes Wort, das 
späterhin als nla graceu das ästhetische Leitwort des 
Ftokoko werden sollte. Nicht zufällig also wird zur Kenn- 
zeichnung des Dresdener augusteischen Barock in der 
deutschen Kunstgeschichte oft von einem sächsischen 
Proto-Rokoko gesprochen. 
Um König von Polen werden zu können, warAugust der 
Starke katholisch geworden. Wie einst Paris für König 
Heinrich lV., war für ihn Warschau eine Messe wert 
gewesen. Der Übertritt, in Baden bei Wien vollzogen, 
wurde von einem zufälligen Augenzeugen kolportiert 
als Farce. Aber die politischen und geistigen Wirkungen 
waren außerordentlich. In der Hochburg des lutheri- 
schen Protestantismus erschienen nun Jesuitenpater, 
und die Sächsisch-Polnische Union spielte eine bedeu- 
tende Rolle in der vatikanischen Po Auf dem Gebiet 
des Geistes waren aberdie Folgen nicht minder drama- 
tisch, denn in das bürgerlich geprägte, orthodox prote- 
stantische Sachsen brach plötzlich ein katholisches 
Kulturverständnis ein. Im Glanz der Aufzüge, in den ita- 
lienischen Opern des Hofes, in der Gestaltung der Palä- 
ste am Laufder Elbe leben Reminiszenzen aus Rom und 
Venedig. aus Versailles und Madrid auf - fremd für tra- 
ditionelle protestantische Denkweisen. Es gab jedoch 
einen entscheidenden Unterschied zu den alten katho- 
lischen Großmächten. Zur Zeit der Protestantenverfol- 
gungen von Spanien bis Bohmen herrschte in Sachsen 
Religionsfreiheit. In ihrer Liberalität und Weltoffenheit 
war dies die erste Aufklärungskultur im deutschen 
Raum. 
Die Grundzüge des augusteischen Barock erscheinen 
erstmals um 1700 in den Werken des Hofjuweliers 
Johann Melchior Dinglinger: phantasievolle Abwand- 
lungen des Berainschen Bandelwerkes und Chinoserie- 
dekorationen bei klarer Flächigkeit der Gesamtform; 
Goldemailplastik, die wie eine Antizipation Kandier- 
scher Porzellanfiguren wirkt. Die Ausstellung zeigt sol- 
che Werke auf vergoldeten Originalkonsolen und vor 
Spiegeln - so wie sie in Dresden im Grünen Gewölbe 
stehen, der augusteischen Schatzkammer. Man sieht 
auch Mohren-Statuetten, die Dinglinger und Permoser 
gemeinsam schufen, wie auch selbständige Arbeiten 
des großen Dresdener Bildhauers aus Elfenbein und 
salzburgischem Marmor (Permoser war Salzburger). 
Von ihm ging die ganze Dresdener Bildhauerschule des 
18. Jahrhunderts aus, und die Austellung enthält glanz- 
volle Arbeiten fast aller bedeutenden Meister dieser 
Schule. aus Sandstein, Holz, Marmor und Bronze. 
Dem Hauptwerk des augusteischen Barock, dem Dres- 
dener Zwinger, ist ein ganzer Flaum gew met, in dem 
das Kupferstichwerk des Baumeisters Matthaus Daniel 
27
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.