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Full text: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 2

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Szegedin, Debreczin, Hödmezö-Väsarhely, u. s. w. ein so außerordentlich großes Areal 
einnehmen und ihren Gemarkungen so viele Puszten mit Wirtschaften und Meierhösen 
einverleibt sind. Aber gegenwärtig bevölkern sich, wie wir bereits bemerkten, die Puszten 
immer mehr, es vermehren sich die Gehöfte und entstehen auch neue Gemeinden. Wo es 
noch vor Kurzem ungeheure Weiden und Hutungen gab, welche blos von Pferde-, Rinder-, 
Schaf- und Schweineherden bevölkert waren und auf welchen man nur hier und da eine 
halbverfallene Hütte, eine rauchgeschwärzte Schenke, eine Hürde und einen Ziehbrunnen 
sah, dort findet man jetzt wohlangebante Äcker, üppige Obstgärten und freundliche 
Wohnungen. Ja, man hat vielleicht sogar die Hutungen schon mehr als wünschenswert 
beschränkt und man hält weniger Rinder und Schafe, als nöthig wäre. Die einst so 
berühmten und berüchtigten Roß-, Schaf-, Rinder- und Schweinehirten, von welchen 
manche fremdländische Schriftsteller so Vieles zu erzählen wußten, verschwinden immer 
mehr und die ehemaligen Stammgäste der Heideschenken, die Betyären und armen 
Burschen (s^öu^ leben nur noch in Märchen und in der Phantasie einiger 
ausländischer Schriftsteller. In der That, die ungarische Tiefebene verliert immer mehr 
den Charakter der Abgeschlossenheit und der Romantik und zugleich entkleidet sie sich auch 
zum Theil ihrer poetischen Schönheiten. Aber dennoch besitzt sie noch ihre natürlichen 
eigentümlichen Reize, und die weithin offene Ebene ist der Schauplatz von höchst 
interessanten, überraschenden Naturerscheinungen, die je nach den Jahreszeiten abwechseln. 
Finstere Dunkelheit lagert auf der großen Ebene, ein düsterer grauer Schleier hüllt 
den Himmel ein, Grabesstille herrscht rings umher: da zuckt im Osten ein weißer Streifen 
empor, dann wieder einer und noch einer, endlich gießt sich ein matter weißer Schimmer 
am Saume des Gesichtskreises aus, da wo das Himmelsgewölbe auf der Steppe zu ruhen 
scheint, die Sterne erbleichen nach und nach und verschwinden. Heller und Heller wird es 
im Osten, die Gegenstände rings umher beginnen sichtbar zu werden, ihre Umrisse treten 
wie dunkle Schatten bei dem die Luft erfüllenden Lichtschimmer heraus, die zerfließenden 
Grenzen des Horizonts Weichen nach allen Seiten zurück; der Raum, den wir überblicken, 
erweitert sich mehr und mehr, die Ebene erscheint schmuck und frisch, wie neu geschaffen. 
Schon zeichnet sich der ferne Brunnenschwengel in scharfen Umrissen ab, die Viehherden 
regen sich, die Kühe brummen halblaut, die Pferde trampeln, die Schafe blöken. Eine 
zarte Röthe schwebt am Himmel empor, sauft verschwimmt sie ins Violette, dann erhebt sich 
blntigroth die Sonne, nach und nach zerreißt sie die Schleier, die sie umhüllten, Plötzlich 
verschwindet das Roth des Himmels und das ganze Gewölbe desselben bedeckt ein tief 
blauer Schimmer. Höher und höher klimmt die Sonne, immer glänzender und prächtiger 
erstrahlt sie, ein blanker, schillernder Stahlglanz breitet sich über den ganzen Himmel ans. 
Frische Kühle weht durch die Ebene, auf den Grashalmen glitzern Thantropfen, die sich
	        
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