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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIX (1984 / Heft 195)

Bei Beckmann, ungebrochen bis zu den Trip- 
zvird es Muttscher sein, bei mirAltdorfers grüne 
Snis, das Janusgericht der Deutschen". So ist 
von ungefähr, wenn Bernard Schultze in einer 
ung vWie sehen Künstler Martin Luther 19833 
oße, dort ausgestellte Federzeichnung wDer 
ald - Altdeutsche Landschaft-r nennt. 
Seckmann-Marc-Kontroverse von 1912i" geht 
asketische Ideal der Lebensverneinung gegen 
rsische Lebensbejahung setzend, um die sich 
m Gegensatzpaar apollinisch-dionysisch dar- 
in beiden Möglichkeiten eines "Willens zur 
lietzsche hat in seinen Worten aus der wFröhli- 
lSSGHSChHTW ausgesprochen, was er, der so 
w Denkende, unter Leben verstand, es ist das 
ch Schäumende der Exaltiertheit: ßLeben - 
tfür uns. alles, was wir sind, beständig in Lichl 
nmen venuandeln, und alles, was uns trifft -, 
en gar nicht andersk und dabei hatte er gleich- 
195i vor dieser wallzudeutschenu Auslegung 
ibens und laßt in seinem frühen Aufsatz nVom 
ind Nachteil der Historie für das Lebenu einen 
en Engländer-r sagen: win the German mind 
ies seem to be something splay, something 
ged, unhandy and infelicitouse. 
ischen in der Entstehungszeit der Werke der 
iChUIGIf lebten in Zentraleuropa in einem stän- 
JSIBDÖ der Exaltiertheit, denn sie waren in 
land und in den unmittelbar angrenzenden 
ländern Zeitgenossen der Reformation. Et- 
'wehen kündigten geistige Veränderungen an. 
Ausbrüche heftiger Streitigkeiten spalteten die Nation 
und Europa. In den Bauernkriegen wurde zum Volksauf- 
stand aufgerulen und in dem nachfolgenden Krieg des 
Schmalkaldischen Bundes kam es in Mitteleuropa zum 
ersten wReligionskrieg-r zwischen streitenden Christen, 
obwohl die Gefahr aus dem Osten vorn eigentlichen 
Fleligionsteind, dem Heer der islamischen Türken, nur 
mit großer Anstrengung gebannt war. Der Sacco di 
Roma brachte unmenschliche Plünderungen durch das 
kaiserliche Heer nach Rom. Es war eine Zeit des Aul- 
ruhrs und des Umbruchs. 
Die wletzte Wallfahrt vor der Reformationrr (Abb. 1), dar- 
gestellt auf einem Holzschnitt des Regensburger 
Malers und Baumeisters Michael Ostendorfer, 1519', 
macht deutlich, wie sehr die damals lebenden Men- 
schen aulgewühlt waren durch überhitzte religiöse und 
iudenfeindliche Vorstellungen, wie sehr die schwieri- 
gen sozialen Verhältnisse derverarmten und verschul- 
deten Städte sich in dieser Massenhysterie nieder- 
schlugen. Der den Lehren der Reformation sich zu- 
wendende Maler Ostendorfer hat im Vordergrund der 
Walltahrtsansicht die sich vor dem schnell errichteten 
Kirchenbau inden Staubwerfenden Menschen injenem 
Zustand des unkontrollierbar wAußersichgeratensa, der 
Lebensangst, festgehaltemvondem Albrecht Dürerauf 
seinem Abdruck des Holzschnittes 1523 notierte: vDis 
gespenst hat sich widr dy heilig geschrift erhebst zu 
regenspurgmu 
AlbrechtAltdorfer, der Hauptmeisterder Donauschule, 
hatte die Kapellenfahne am Glockenturm der hölzernen 
Notkirche in Regensburg beidseitig bemalt. Gerühmt 
wird Altdorlers neues Verhältnis zur Natur. Es ist unmit- 
telbar und zupackend. detailliert beobachtend und in 
eine charakteristische künstlerische Sprache umge- 
setzt. Weder sieht er seine direkte Umgebung - es ist 
stets das oft unkultiviert auftretende Land am nörd- 
lichen Alpenrand, nicht das gepflegte Gartenland der 
Terra lerma, das Hans Burgkmairseinergroßen Mutter- 
gottes von 1509 (Germanisches Nationalmuseum, 
Nürnberg) als Hintergrund gab - als monumentale 
Übersteigerung noch als blumenübersätes Land- 
schaftsidyll. Freilich drohen Gewitter im Hintergrund. 
versinkende Abendsonnen spenden blutrotes Lichl, 
doch niewird ein TheaterdonnerdarausAltdorferfindet 
in seiner Landschaftsgestaltung Ausdrucksformen, die 
den Seelenzustand derdargestellten Menschen in ihrer 
Not und Verzweiflung begleiten. Die Wiedergabe des 
Naturausschnittes ist so für ihn nicht ein beliebiges 
Panorama. sondern vielmehr künstlerisches Steige- 
rungsmittel zur Verdeutlichung des Bildinhaltes. 
Neben der aus tiefer Empfindsamkeit gespeisten und 
mit größter psychologischer Absicht eingesetzten Wie- 
dergabe bestimmter Naturausschnitte und -zustände 
setzte Altdorler die Mittel der perspektivischen Verkür- 
zung bei Menschen wie bei Raumdarstellungen 
genauso ein wie die auf dynamische Linienverläufe 
abzielende Naturwiedergabe. 
Auf der Predella für den Altarlür Stift St. Florian mit der 
Grablegung Christi, die wie die dazugehörende Aufer- 
stehung Christi (beide Tafeln Kunsthistorisches 
Museum, Wlen) in einer bedrohlich die ganze Szene 
überspannendenHöhlestatttindet,wirddiese künstleri- 
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