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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVIII (1973 / Heft 128)

Gerhard P. Woeckel 
Ein in Wien entstandenes 
Frühwerk 
Johann Baptist Straubs: 
die ausder Schwarzspanier- 
klosterkirche St. Mariä 
stammende Kanzel 
in der Pfarrkirche in 
LaxenburglNO. 
Von der Geschichte der bildenden Kunst aus 
gesehen, hat die rund zehn Jahre vor dem Aus- 
bruch der Französischen Revolution einsetzende 
Durchführung der Josephinischen Reform in 
Usterreich insgesamt zweifellos mehr Schatten- 
als Lichtseiten aufzuweisen'. Dazu kommt, daß 
unter dem Aspekt des neu aufkommenden Klassi- 
zismus sich damals zum erstenmal eine ausge- 
sprochene Barockphobie bemerkbar machte, die 
bis weit in das 19. Jahrhundert hinein anhielt. 
Im vorletzten Lebensiohr der Kaiserin Maria 
Theresia erging am 6. November 1779 von 
höchster Seite aus die Weisung, die im 9. Bezirk 
Wiens gelegene Schwarzspanierklosterkirche 
St. Mariä zusammen mit dem gleichnamigen 
Kloster aufzuheben z. Historisch basiert dies dar- 
auf, daß Kaiser Joseph ll., damals noch Mit- 
regent, alle beschaulichen Orden aufheben ließ. 
Der offizielle Erlaß zur Klosteraufhebung erfolgte 
jedoch erst am 12. Jänner 1782. Nach der ra- 
tionalistischen Auffassung Josephs Il. brachten 
die Klöster dem Staat keinen Nutzen ein, oder, 
wie er sich in einem Handschreiben vorn 30. Ok- 
tober 1781 ausdrückte, sie „leisteten nichts Sicht- 
bares zum Besten der bürgerlichen Gesellschaft". 
Gegen diese Verordnungen Josephs Il. prote- 
stierte vergebens Papst Pius VI., der in einer 
Epistel an den Kaiser schrieb, es sei „ein offen- 
.kundiger Irrtum", die „Kirche und Geistlichkeit 
ihrer weltlichen Güter zu berauben", „ver- 
dammt von den Konzilien, verflucht von den 
heiligen Vätern und gebrandmarkt von den 
erleuchtetsten Schriftstellern als ein giftiges und 
verruchtes Dogma". 
Kaiser Ferdinand lll. hatte das Schwarzspanier- 
kloster de Monte Serrato einst im Jahre 1632 
gestiftet. Während der zweiten Türkenbelage- 
rung war es jedoch vollständig zugrunde gegan- 
gen. An der gleichen Stelle wurde die neue 
Klosterkirche in den Jahren 1690 bis 1727 erbaut. 
P. Mathias Fuhrmann hatte noch imilahre 1767 
von diesem Gebäude rühmend zu berichten ge- 
wußt, daß es „wegen innerlich- und äußerlicher 
Zierlichkeit unter die schönsten Kirchen zu 
Wien mäge(n) gezählet werden". Bedauer- 
licherweise gibt es von diesem Innenraum weder 
zeitgenössische Ansichten noch ausreichende 
Beschreibungen über seine Innenausstattung. 
Merkwürdigerweise hat sich bis heute noch nie- 
mand die Mühe gemacht, den Spuren iener 
Kunstschätze nachzugehen, die dort einst in so 
reichem Maße vorhanden waren. Durch die 
Durchführung der Josephinischen Reform wurden 
sie alsbald wahllos in alle Winde zerstreut. Auf 
Grund ihres besonderen Ranges kann die einsti- 
ge Ausstattung der Schwarzspanierklosterkirche 
einen besonderen Platz in der Wiener Kunst- 
geschichte des 18. Jahrhunderts beanspruchen. 
Von ihrem Typus her gehörte die Klosterkirche 
zu den im 18. Jahrhundert nicht eben seltenen 
Saalräumen. Sie war zweiiochig. An den Längs- 
seiten hatte die Kirche ieweils flache Nischen, 
vor denen, wie zu vermuten ist, die beiden 
großen Seitenaltäre standen. Über ihre erhalte- 
nen Bekrönungen wird noch an anderer Stelle zu 
sprechen sein. Der annähernd quadratische, ein- 
gezogene Chorraum hatte abgeschrägte Ecken. 
Der künstlerisch bedeutendste Schmuck der Kir- 
che bestand aus einem einst hier vorhandenen 
Kuppelfresko „Himmelfahrt Maria". Es war von 
dem Venezianer Giovanni Antonio Pellegrini 
ausgeführt. Der dazu erhaltene Bozzetto (Öl! 
Leinwand) ist derzeit nicht nachweisbar. Er be- 
fand sich früher in der Sammlung Gatti-Casezza 
in Venedigi Auf den Pendentifs waren die 
Kardinaltugenden dargestellt. Sie waren vielleicht 
ein Werk des Bolognesen Domenico Francia 
(I702-1758)5. Ein Wandgemälde am Hochaltar 
war schon früher von dem aus Mailand beru- 
fenen Andrea Lanzani (1639-1712) ausgeführt 
worden. Diese Fresken wurden am 12. Oktober 
1732 von Kaiser Karl VI. bewundert, als er an 
diesem Tag der ausstattungsmäßig damals so 
gut wie vollendeten Kirche einen offiziellen Be- 
such abstattetef. Eine weitere Festlichkeit wurde 
sieben Jahre später (1739) begangen, was aus 
einer in diesem Jahre gedruckten Predigt von P. 
Franciscus Peikhart SJ hervorgeht. Der barocke 
 
Titel lautet: „Trastrede vor dem Schutz Mari 
dem II-Iochwürdigen und Hoch - Edel - Gebol 
nen Herrn... Antonio... als selber an... e 
Kirchweyh des von Jhme so herrlich Erbau 
neuen prächtigen Gottes-Haus... vorgetragt 
Der hier genannte Anton Vogl von Krall 
(gest. 1751) war von 1708 bis 1751 Prälat 
Klosters, das im Jahre 1708 von Kaiser Josep 
zur selbständigen Abtei erhoben worden v 
Vermutlich war das Hochaltargemälde „Himn 
fahrt Maria" ein Werk von Antonio Bellu 
Über die Anzahl der Seitenaltäre ist Ylll 
überliefert. Über ihre Form gibt es iedoch 
zeitgenössisches Urteil, das bisher kaum Bec 
tung gefunden hat. Vor der Umgestaltung 
Brixener Domes, mit der Paul Troger beauftr 
worden war, fertigte der Maler am 6. April 1 
ein Gutachten über die beabsichtigte Ausmall 
an (Brixen, Fürstbischöfliches Archiv). Daraus 
hier folgende Stelle zu zitieren': „Darvon l 
in Wienn  bey denen Schwarzspaniern . .. 
stattliche Vorbilder zu sehen... In obberier 
Kürchen befindet sich in den kleineren Cape 
eine Gattung von Seitenalteren ohne Sau 
so in dem neuen Domb (zu erg.: in Brixen) 
leydentlichen Kosten sehr wohl stehen würc 
und können auf Befelch Abriss verförtigt l 
eingesendet werden". Die da und dort teilwr 
an entlegener Stelle zu findenden Berichte ü 
die ursprüngliche Ausstattung der Schwarz: 
nierklosterkirche werden durch die „Kurzgefa 
Nachricht" J. K. v. Lipperts irn Augsburgiscl 
monatlichen Kunstblatt vorn 31. Juli 1772 
willkommener Weise ergänzt. Durch diese un 
dingt zuverlässige, zeitgenössische Quelle 
Über eine Mitteilung des zu iener Zeit n 
lebenden Künstlers überliefert, daß der 
München stammende Johann Baptist Strr 
(1704-1784) während eines mehriälirigen Wie 
Aufenthaltes den überwiegenden Teil der plc 
schen Ausstattung der Schwarzspanierkloster 
che schuf, wobei an einer völlig eigenhändig 
folgten Ausführung sicherlich nicht im gerings 
zu zweifeln ist. Außer einer (verschollenen) l 
donna am dortigen Hochaltar in der „Gri 
derienigen, welche in Spanien zu Monte Serr 
verehret wird", wurden von J. B. Straub darr 
auch die „Oratorien", die „sehr schöne Kam 
sowie „andere erhabene Arbeiten und Ver: 
rungen" ausgeführt. Auf die letzteren wird n) 
zurückzukommen sein. Zu den zu dieser Kate 
rie gehörenden Werken Straubs zählten z' 
einst über den großen Seitenaltären (Z) an 
brachte, vergoldete und versilberte Wolk 
gloriolen, mit Engelkindern und Puttenköpfcl 
besetzt, sowie große Engel. Als allegoris 
Darstellungen der kirchlichen Musik waren 
einst die Bekränungsfiguren der Orgel. Von r 
sen glücklicherweise größtenteils erhaltenen 
beiten J. B. Straubs wird noch später zu sp 
chen sein. 
Wie schon eingangs erwähnt, waren über 
anderweitige Verwendung der beweglichen T: 
der Innenausstattung der Schwarzspanierklast 
kirche in Wien schon ausgangs des Jahres 1 
die Würfel gefallen. Gegen entsprechende 
zahlung wurden die von Staats wegen k 
fiszierten Kunstschätze in den darauffolgenr 
Jahren in verschiedene Kirchen in- und aufi 
halb Wiens gebracht, wobei eine Koordinat 
nicht zu erkennen ist, außer der keineswl 
zu übersehenden Tatsache, daß der k. und 
Fiskus iedesmal einen entsprechenden Profit i 
bei erzielten. Offiziell wurde freilich nach ei 
Verordnung Josephs ll. vorn 28. Februar 1 
der Erlös der konfiszierten Kloster- und Kirch 
güter zur Bildung eines Religionsfonds 
stimmt, aus dem neue Pfarreien gegründet w
	        
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