Punkt im Wohnraum war und auch als solcher be-
sonders betont wurde. Entweder erhöhte man den
Fußboden durch ein Podest oder aber man benütz-
te einen sogenannten "Lug ins Land" (Abb. 14), ei-
nen Armlehnsessel auf verlängerten Beinen, mit
dessen Hilfe es möglich war, besser auf die Stra-
Be zu sehen. Ein anderes Hilfsmittel, die Vorgänge
auf der Straße besser beobachten zu können, war
die Anbringung von Erkerfenstern, die entweder
viereckig oder halb rund sein konnten, wobei das
verlängerte Fensterbrett aus durchsichtigem Glas
bestand. Das Wohnzimmer der Erzherzogin So-
phie in Schloß Laxenburg illustriert ebenfalls die
eben besprochene Entwicklungsstufe des bieder-
meierlichen lnterieurs. Man findet die bereits aus-
gebildete Wohninsel, bestehend aus Schreibtisch
(man beachte die verwendete Holzmaserung) und
Fauteuil, sowie den mit einer gepolsterten Sitz-
bank ausgestatteten Fensterplatz. Bezeichnend
für die beinahe kleinbürgerliche Atmosphäre des
Wiener Hofes sind die ohne Cache-pcts aufge-
stellten irdenen Blumentöpfe. Interessant ist die
Wandgestaltung. im Gegensatz zu der noch stark
vorn Empire beeinflußten Periode ist die Wand
jetzt nicht mehr in Felder eingeteilt, sondern
durchgehend mit einem Muster bemalt. Einfache-
re Wohnräume waren in hellen, einfärbigen Tönen
ausgemalt. Papiertapeten waren sehr teuer und
kamen daher nur sehr selten zur Anwendung. Die
Plafonds waren meistens in Weiß- und Grautönen
gehalten; nur die Mitte wurde durch eine aufge-
malte Rosette betont.
Eine bedeutende Rolle spielte die Ausgestaltung
der Räume mit Textilien. Waren in der Frühzeit der
hier besprochenen Periode um 1815120 noch gan-
ze Räume mit Stoff ausdrapierti so beschränkte
man sich später auf die Fensterwand (Abb. 6), und
um 1835 wurden nur mehr die einzelnen Fenster
beziehungsweise Türen mit Vorhängen verhängt
(Abb. 12, 14). Den Formen der Draperien waren
ähnlich den Möbeln keine Grenzen gesetzt; jede
auch noch so ausgefallene Form war möglich und
wurde auch ausgeführt. Neben den Draperien an
Fensterwänden und vor Türen waren es die
Schlafzimmer, die besonders reich mit Textilien
ausgestaltet waren (Abb. 16). Die Betten wurden
dabei meistens in einen ganz mit Stoff ausdrapier-
ten Alkoven gestellt und mit einem der Phantasie
freien Lauf lassenden Himmel versehen. Natürlich
konnte man sich den Luxus einer solchen Schlaf-
zimmerinszenierung nur in reichen Häusern lei-
sten. Eine vereinfachte Variante des Schlafzim-
mers war das sogenannte vgemischte Zimmer",
das gleichzeitig als Wohn- und Schlafzimmer dien-
te (Abb. 9). Bei wohlhabenden Familien war das
Bett in der Art eines einfachen Himmelbettes mit
Vorhängen ausgebildet und an eine Seite des Rau-
mes gestellt. Die einfachste Art des Bettes besaß
keinen Himmel und keine Vorhänge, sondern wur-
de untertags mit einem stoffbespannten Rahmen
abgedeckt (Abb. 9).
Um dem Toilettezimmer eine weibliche Note zu
verleihen, war auch dieses ganz mit Stoff ausdra-
piert (Abb. 10). Sämtliche darin befindlichen Sitz-
möbel und der Toilettetisch waren gänzlich mit
Stoffen überzogen. In dieser ersten großen Zeit
des Polstermöbels wurde eine Reihe neuer Sitz-
möbeltypen kreiert, die die ganze verschwenderi-
sche Pracht der heimischen Textilproduktion aus-
nützten. Eckbänke, Dos a Dos (Abb. 5) und Sofas
waren unentbehrliche Mobilien für die Wohnzim-
mer geworden, wo sie als Teile von Wohninseln
fungierten und einen Sammelpunkt für die ganze
Familie darstellten. Auch zwischen die Beine der
Sitzmöbel wurden Draperien gespannt (Abb. 9).
Bei einigen Entwürfen der Danhauserschen Mö-
belfabrik wurden sogar über Arm- und Rückenleh-
nen volantartige Stoffdrapierungen gelegtö.
Um das Jahr 1834 trat abermals ein Wechsel im
Möbelstil ein. In den von Josef Danhauser heraus-
gegebenen "Wiener Meuble Formenu tauchten
nun wiederum historisierende Formen auf, die den
Beginn des zweiten Rokoko für den Wiener Raum
bedeuteten (Abb. 13). Bereits um 1830 hatten die
Möbelformen schon begonnen, schlankere und
leichtere Proportionen anzunehmen (Abb. 12).
Parallel zu dieser Entwicklung wurden auch die
Formen des Empire wiederum aufgewärmt, die ja
immer latent vorhanden waren und nie wirklich
aufgehört hatten, eine Rolle zu spielen. Bei der
Disposition der Möbel im Raum hatte sich jedoch
kaum etwas verändert. Einzig die Verwendung von
Textilien wurde etwas eingeschränkt und die Räu-
me begannert sich mit Möbeln und Bric a Brac zu
füllen.
Ein weiteres signifikantes Gepräge des bieder-
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