meierlichen Innenraumes ist ein gewisser Hori-
zontalismus, der den Raumeindruck beherrscht,
entstanden aus der strikten Trennung von Wand
und Plafond. Verstärkt wird dieser Eindruck noch
durch die fast nie Mannesgröße übersteigenden
Möbelstücke sowie die in gleicher Höhe gehäng-
ten Bilder (Abb. 5, 7, 12).
Die gegen die Mitte der 30er Jahre eingetretene
Tendenz, mehr Möbelstücke in die Wohnräume zu
stellen, verstärkte sich und blieb bis zu Ende der
hier besprochenen Periode wichtigstes Merkmal
für die Innendekoration der Raume (Abb. 7). Auch
die Blumen- und Pflanzenliebe des Biedermeier-
Menschen artete in dieser letzten Periode gewal-
tig aus und führte zur Bildung ganzer Grüngürtel
und Baumgruppen im Wohnbereich (Abb. 7). Diese
künstliche Dschungelatmosphäre wurde zudem
noch mit verschiedenen Haustieren bereichert.
Einrichtungshäuser der Zeit offerierten zu diesem
Zweck eigene Möbelstücke, die aus einer Kombi-
nation von Jardiniere, Vogelkäfig und Goldfisch-
teich bestandene.
Die Möglichkeit, die Entwicklung des biedermeier-
lichen Wohnraumes so ausführlich an Hand von 14
zeitgenössischen Darstellungen verfolgen zu kön-
nen, hat man der Tatsache zu verdanken, daß dem
Wohnraum als Schauplatz des täglichen Lebens
so viel Bedeutung und Wichtigkeit beigemessen
wurde, so daß er auch als selbständiges Thema in
der Malerei bestehen konnte. Es zeigt dies ein
wichtiges Wesensmerkmal des Biedermeier-
Menschen auf, dem sehr daran gelegen war, seine
geliebte und vertraute Umgebung zu dokumentie-
ren und im Bilde festzuhalten. Davon zeugen die
im Wohnbereich in großer Anzahl aufgestellten
und gehängten Familienbilder sowie die Ansich-
ten von Familienbesitzungen und Urlaubsorten.
Zu welchen Extremen die Familienverehrung füh-
ren konnte, veranschaulicht ein am Schreibtisch
aufgebauter Altar mit Miniaturen und Porträts
(Abb. 1).
Das Zurschaustellen von liebgewonnenen Dingen
war ein charakteristisches Verhalten des bieder-
meierlichen Menschen. Dazu standen In den mei-
sten Wohnräumen Vitrinen und Etageren, vollge
räumt mit Souvenirs und Nippsachen (Abb. 4, 5, 7).
Dies führte zur Entwicklung eines eigenen
Etagere-Möbeltyps mit unzähligen Variationsmüg-
lichkeiten für die jeweils darauf abgestellten Ob-
jekte. Die Servante stand im Salon und diente zur
Präsentation von Porzellan und Glas, dasselbe
Möbelstück wurde im Schlafzimmer TaschenIee-
rer genannt und nahm beim Schiafengehen den in-
halt der Hosentaschen auf. Im Speisezimmer war
die Etagere als Buffet ausgebildet; im Herren- und
Billardzimmer hingegen wurde sie als Pfeifen- und
Queueständer verwendet. Im Zeitalter der Haus-
musik, in der ein Klavier fast zur Grundeinrichtung
eines Wohnzimmers gehörte, gab es eigene Stella-
gen für die Notenblätter.
Durch die Wohnkultur des Biedermeier war zum
ersten Mal ein häusliches Ambiente geschaffen
worden, das vor allem der Förderung des Zusam-
menlebens von Menschen innerhalb einer Ge
meinschaft zu dienen hatte. Erreicht wurde dies
durch eine weitgehende Vereinfachung der Möbel-
formen und der Innendekoration, die, den Bedürf-
nissen des täglichen Lebens angepaßt, von allen
Gesellschaftsschichten in gleicher Weise akzeo
tiert werden konnten. Lag es doch in ihrer aller In-
teresse, das Glück im eigenen Heim, im Kreise der
Familie zu finden und zu bewahren. Diese durch
die schwierige Situation Österreichs nach den Na-
poleonischen Kriegen bedingte Hückbesinnung
des Biedermeier-Menschen auf die Grundwerte
und Bedürfnisse des Lebens führte aber bald mit
zunehmendem Wohlstand zu künstlichem Raffine-
ment und modischen Auswüchsen des Lebens-
stils einer Industriegesellschaft.
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