I Aktuelles KunstgeschehenlÖsterreich
Wien
Museum moderner Kunst
Kunst der letzten 30 Jahre
Mit dieser Ausstellung wurde das vieldiskutierte, viel-
umstrittene Projekt, im Palais Liechtenstein das Mu-
seum moderner Kunst zu installieren, verwirklicht. Es
wurde allerdings schon bei der Eröffnung festgestellt,
daß diese Adapatierung, die mindestens 27 Millionen
Schilling verschlungen hat, auch nur ein Provisorium
ist, da es sich bereits herausstellte, daß auch hier nicht
alle Bestände gezeigt werden können. Alle Bestände
heißt in diesem Fall, jene, die bis jetzt im Museum des
20. Jahrhunderts zu sehen waren, die Sammlung Wolf-
gang Hahn, die Österreich im Vorjahr erworben hat, die
Sammlung Ludwig, die etwa für 5 Jahre dem österreichi-
schen Staat zur Verfügung gestellt wurde, und die ver-
schiedenen Kunstwerke. die durch die Kunstförderung
des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst in
Staatsbesitz kamen. Der größte Teil der Eröffnungsans-
stellung wird durch die Bestände der Sammlungen
Hahn und Ludwig bestritten. Mit ihnen werden den in-
teressierten Österreichern wichtige Werke des Abstrak-
ten Expressionismus, des Fotoreaiismus, vor allem der
Pop-Art, der Geometrischen Abstraktion, des Neuen
Realismus, der Aktionskunst u. a., das sie bis jetzt nur
zum Teil in befristeten Sonderaussteiiungen im Museum
des 20. Jahrhunderts in Wien sehen konnten, vorge-
stellt. Vor allem sind sehr wichtige Künstler aus aller
Welt der in den letzten 30 Jahren oft wechselnden Kunst-
richtungen vertreten, die in dieser Fülle und mit solch
beispielhaften Werken noch nicht hier zu sehen waren.
Sicher wird viel davon nicht bleiben, manches in einigen
Jahren schon überholt sein. Hermann Fillitz der für die
Planung und Durchführung der Erstausstetiung verant-
wortlich ist, schreibt in dem umfassenden Katalog dazu:
wEin Museum, das sich mit der Gegenwart und ihren
Voraussetzungen befaßt, hat eine Orientierung über die
schöpferischen Strömungen der Zeit zu bieten." Und Pe-
ter Ludwig sagte in einem Vorwort des Kataloges des
Waliraf-Richartz-Museums: nDer breite Strom der Kunst
ist immer in Bewegung. Was uns heute als neu aufregt,
ist morgen vertraut und vielleicht übermorgen überholter
Vielleicht? Vieles von dem in der Ausstellung gezeigten
sogar sicher. Trotzdem ist die Ausstellung wichtig, zeigt
sie doch, in weicher geistigen und seelischen Verfas-
sung unsere Zeit ist. Der neubestellte Direktor Dieter
Ronte aus der Deutschen Bundesrepublik, betonte bei
der Eröffnung, daß das Haus im Schweizergarten, nach
Fertigstellung der Renovierungsarbeiten, in die Planung
einbezogen wird. Man hörte auch, daß im neuen Haus
dem Besucher nicht nur ein optisches Erleben geboten
werden soll, sondern viele neue Möglichkeiten der Akti-
vierung des Besuchers beschritten werden. Freilich,
Konzerte, Führungen und Videoaktlonen sind noch kei-
ne neuen Wege zur Aktivierung, da wurde unter Alfred
Schmeiier im alten n20er Hausi- oft mehr in dieser Rich-
tung inszeniert.
Drei große, sehr ausführliche Kataloge, die alle Werke
der Sammlungen sowie die ausgestellten Objekte in Ab
biidungen zeigen, die ausführlichen, gut geschriebenen
Einführungen (leider mit verwirrenden Druckfehlern)
ergänzen die Schau entsprechend. (27. 4. 1979) -
(Abb. 1, 2)
Secession
Osterreichische Kunst 1880 - 1945
Es handelte sich bei dieser Ausstellung um eine reine
Verkaufsaussteliung des Auktionshauses und Antiqua-
riats Woifdietrich Hassfurther. Es war erstaunlich, wie
viele sehr gute Arbeiten von österreichischen Künstlern
aus jenen Jahren noch im Kunsthandei zu linden sind.
Sehr schön waren besonders die Graphiken, hier wieder
an der Spitze Schiele, Klimt, Boeckl, dann Löffler, einige
qualitativ recht unterschiedliche Blatter von Kubin, frü-
he Aquarelle von Laske, schöne Öiskizzen von Engel-
hart, die mit recht niedern Preisen überraschten, ebenso
nicht sehr teure Ölbilder von Andri. Wie überhaupt die
Preisgestaltung eine sehr individuelle zu sein schien,
die sich offenbar hauptsächlich der Nachfrage anpaßte.
Ausgesprochen schwache Bilder waren von Romako
und Makart zu sehen. Auch Jettmar nur zum Teil er-
träglich. Sehr wichtig waren die Blätter von Oskar Ko-
koschka, dabei war der Plakatentwurf "Heilt den baski-
sehen Kindernri ein besonders wichtiges Exemplar.
(8. - 31. 5. 1979) - (Abb. 3)
Formulation Articulation von Josef Albers
Der Maler gehort zu den wesentlichen Gestaltern
strenggeometrischer Bilder, der bereits am Bauhaus in
dieser Richtung arbeitete und damit auf viele Generatio-
nen auf den verschiedensten Gebleten der Formgebung
arbeitenden Künstlern elnwlrkte. Seit 1933 als Lehrer
am Black Mountain College In North Carolina wirkend,
war dem 1974 in New Haven Verstorbenen das Aufzei-
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gen der Wechselwirkung von Farbe und Form ein le-
benslanges Anliegen. in dieser, leider viel zu wenig be-
achteten Ausstellung, kam das in einigen Beispielen
zum Tragen. Sein Einfluß auf die Op-Art ist aus dem
Zyklus i-Huldigung an das Quadrat" sehr deutlich er-
sichtlich. Eine Anzahl von Texten aus den theoretischen
Schriften des Meisters zeugen davon, daß Albers sich
intensiv mit der Materie auseinandergesetzt hat und sie
denkerisch zu ergründen suchte. (9. - 31. 5. 1979)
Neue Galerie Wien
Joannis Avramidis und
Annemarie Avramidis
Mit dieser Ausstellung eröffnet Elisabeth Schaumber-
ger, die bis jetzt die kleine, aber sehr rege Galerie am
Rabensteig führte, im Haus gegenüber des kleinen Lo
kales zusätzlich ein sehr schönes, modern eingerichte
tes, in strengen Formen gehaltenes, in zwei Etagen ge-
gliedertes, neues Ausstellungsarreal. Es ist mit einer
Schau eröffnet worden, die eines solchen Anlasses
durchaus entspricht. im Parterre sind die Exponate
Joannis Avrimidis. Dominierend sind dabei natürlich die
Plastiken. immer wieder ist es der Mensch und seine in
rhythmische Formen gefaßte Erscheinung, die, von vie
ien Biickpunkten angegangen, noch immer und immer
wieder als wichtigste und diese Weit bewegende Artiku-
lation betrachtet werden kann. Noch in der unendlichen
Kette zum Himmel ist es die menschliche Gliederung
die vorherrscht und Maß gibt. Avramidis Kunst ist -
und damit unbedingt zu recht vor dem Gebäude der
UNO-City plaziert - eine zutiefst humane Kunst. Sie ist
vielleicht genau das Gegenteil von dem Großteil jener
Erscheinungen, die uns im Palais Liechtenstein geboten
werden. Und es ist sicher kein Zufall, daß der Schöpfer
dieser Figuren aus altem jonischen Siediungsraum
kommt und im Bewußtsein seiner Aufgabe sich nicht
von den Fatalitäten der Zeit ablenken läßt.
Sehr gekonnt und mit einer einmaligen Leichtigkeit und
Könnerechaft in der Führung des Striches sind auch
seine Zeichnungen, Akte, Baumstudien und feinhinge-
hauchten Landschaften. Eine große Ehrfurcht vor der
Gesetzmäßigkeit aller innerweltlichen Strukturen spricht
aus diesen Bleistiltzeichnungen.
im ersten Stock stellt seine Frau Annemarie Skulpturen,
Bronzen und Bilder aus. Es sei gleich vorweg gesagt:
bei der wesentlich jüngeren ist im Formaten keine Be
einflussung oder Nachfolge des Meisters festzustellen.
Annemarie Avramidis, die in Graz, Salzburg und Wien
(bei Gütersloh und Wotruba) Malerei und Bildhauerei
studierte, hat einen ganz anderen Ausdrucksduktus.
Zwar sind ihre Steinskulpturen auch streng und von gro-
ßer Geschlossenheit, doch bereits die Bronzen haben
etwas Beschwingteres. Auch ihr ist das Humane Trieb
kraft und immer wieder festzuhaltende Verpflichtung,
doch scheint ihr das mit attischer Beschwingtheit eher
zu gelingen. Gruppierungen lassen ein Zu- und Vonein-
ander und damit eine Bezogenheit von Mensch zu
Mensch erkennen. Die Malereien sind erlebte antike
Szenen, wie wir sie auch heute noch in Heilas schauen
können. Menschen, leicht farbige Flecke in einer arka-
disch grünen Landschaft voll weicher Ausgeglichenheit.
Oft ist man versucht, bei diesen Bildern an Merkel zu
denken. Hier ist der starke, freudige Glaube an die Un-
zerstörbarkelt der Natur, des alles bergenden Schoßes
der Gäa zum Ausdruck gebracht. (21. 5. - 29. 6. 1979)
- (Abb. 4, 5)
Galerie Würthie
Rudolf Spohn
im Zuge der vielen heute wieder aktualisierten Künstler,
die durch die Zeitumstande bedingt, oft unverdient in
Vergessenheit gerieten, wurden hier die Aquarelle und
Zeichnungen Spohns gezeigt. Seine Starke war sicher
die Graphik. Der reine Strich beweist Sicherheit, beson-
ders bei manchen Aktzelchnungen kommt das zutage.
Versucht er, was hier öfters gezeigt wurde, Themen an-
zureißen, gleiten die Arbeiten bis zur simplen Karikatur
herab oder zu einem, leider auch verkrampften Linien-
spiel. Seine Aquarelle sind sehr steif, ziemlich trocken,
wohl ehr eine topographische Erfassung.
August Franz Svoboda
im Kabinett waren 24 größere Aquarelle dieses Wieners
zu sehen. Naß in naß gemaien, sind Svoboda vor allem
die Winterlandschaften am besten gelungen. Hier läßt
er viel Weiß, der Betrachter hat Raum zum Mitschaffen,
seiner Phantasie wird kein Zwang angetan. Besonders
schon sind zwei Stllleben, die ganz schlicht, streng und
doch locker hingehaucht wirken. (10. 5. 7 1. 6. 1979)
Galerie auf der Stubenbastei
Robert Zielasco
Die mit sparsamsten Mitteln erreichten Aussagen bei
den Bildern Zielascos haben bei den geglücktesten Wer-
ken etwas Bedrückendes, lassen uns nicht los, er
mit einer gewissen Magie. Das Material, aber au:
falligkeiten spielen dabei mit, Gerinnseln, Fransu
Die Beschränkung, das scheint der Autor sehr ge
wissen, bringt eine Steigerung. (2. 6. w 26.5. 197
(Abb. s)
Grete Yppen
Die bekannte österreichische Malerin stellte 52 E
te, meist Arbeiten in Mischtechniken aus. Besoni
aussagekräftig schienen uns jene in den kraftvoll
ben. Diese Linienknoten fesseiten. Die starken K:
lassen die Flachen aufleuchten. Figurale Ankläng
zeugen das Herkommen vom Kubismus (Picasso)
kleinen "Kompositionenu in sanften Farben erreir
eine besondere Dichte. Die 1950 - 1955 entstandr
Monotypien zeigen noch starke Bindungen an der
genstand, doch wird auch schon hier der Strich z
Balken, der starker Ausdruck ist. Überraschend u
die niedrigen Preise, wenn man sie mit jenen jun
Nichtskönner und Erfinder nebuloser Techniken l
gleicht. (30. 5. - 23. 5. 1979) - (Abb. 7)
Junior Galerie
Karl Anton Fleck,
Retrospektive 1958 - 1979
Eine sehr sehenswerte Schau, weil sie die Entwii
des Künstlers schon erkennen läßt. Die Tuschezr
nungen, die zwischen 1959 und 1961 entstanden
lassen schon die sichere Handschrift des Graphi
kennen. Hier, in den kalligraphischen Zeichen, di
ostasiatische Pinselzeichen, an ZEN-Maiereien e
scheint uns Fiecks iyrischste und verinnerlichste
einen Ausdruck gefunden zu haben. Die Ölbilder
hen 60er Jahre sind offensichtlich einer Krise en
gen. Sie sind in dieser Ausstellung auch die schi
sten Arbeiten. Die Zeichnungen, Aquarelle und F.
zeichnungen der letzten Jahre zeigten uns dann i
seiner ganzen Kraft und Konzentration. Seine übt
energisch gezeichneten Akte, in harten Überschn
gen und kühnen Ansichten sind fern jeder Hübsc
sind erschütternde Zeugnisse menschlichen Gevl
seins in fieischliche Substanz mit all ihren Konsi
zen. Die gezeigten Farbstiftzeichnungen brachten
auch Programmanaiysen mit Symboifiguren (in A
sie sind hart in der Deutung, auch zynisch und sl
Mit den neuen Aquarellen kommt wieder eine m2
sche Note in KAFs schaffen. Hier ist besonders
Flirt-i zu nennen. (31. 5. - 14. 7. 1979) - (Abb. 8
Galerie in der Staatsoper
Günter Brus
Der Aktionist und Verachter aller bürgerlichen Kt
schlug einen Purzelbaum und gefallt sich in süß
tenden Kreidebiidern zu Franz Schrekers Oper nlI
zeichneten". Mit vielen Elementen des Jugendsti
gereichert und unter Verwendung mancher Vorbi
ner Zeit ist der Zyklus "Reizfiutenu schließlich Wl
ein Zeichen der Ratlosigkeit, die zu jenen pubert
Äußerungen führen, mit denen gewisse Gruppen
zu machen glauben. (3. 6. - 30. 5. 1979)
Galerie Alte Schmiede
Francese d'A. Casademont
Der in Barcelona geborene Spanier zeigte über 3
der. Es geht eine sonderbare Ruhe von diesen st
verhaltenen Farben gemalten Bildern aus. Sehr s
und nobel gearbeitet erinnern sie oft an die Neu:
lichkeit. Mit sehr viel lichtem Rosa, Blau, mit Oc
Silbertönen erreicht der Künstler eine verhaltene
ziertheit, die aber doch alles klar und scharf erke
laßt. Meist waren es Landschaften, viele aus Öst
die er in der Alten Schmiede zeigte und uns dam
neue Schau von Dingen brachte, die wir durch al
traute Variationen oft nicht mehr richtig wahrner
(25. 4. - 26. 5. 1979)
Otto Wagner Pavillon, Karlspiatz
Herwig Zens
Der bekannte Graphiker machte 10 Radierungen
Thema "Was blieb von Otto Wagneru, die in eine
nen Mappe vereint wurden. Das Werk wurde am
präsentiert und war der Anlaß zu der Schau, die
Zeichnungen und Bilder erweitert war. Zens besr
te sich schon langer mit den Bauten des großen
tekten, hier sind seine typischen Stadtbahnbilde
nennen. die, wie von einer Haltestelle ausgeheni
ungreilbar Verschwimmende der Bewegung weis
allem aber natürlich die in zügigen, verdichteten
wieder gelichteten Strichen auf das Blatt geworl
Zeichnungen. (25. 5. - 24. S. 1979) - (Abb. 9)
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