wie ein Konglomerat von Türmen, seine
vage Unbestimmtheit wurde allerdings
hauptsächlich durch eine überreiche male-
rische und plastische Dekoration hervor-
gerufen.
Das Haus schien gleich alten Burgen aus
Felsen herauszuwachsen. Das Erdgeschoß
war anscheinend teils in Backsteinbau, teils
aus Quadern aufgeführt, in einer Bauart,
die damals für 12g jplixrh und gotzlrrh galt h. In
Wahrheit war es ein verputzter Ziegelbau,
illusionistisch bemalt mit einer phantasti-
schen Ruinenarchitektur, die sich einer
stilistischen Bestimmung entzieht, da sie
aus willkürlich zusammengesetzten Ele-
menten der verschiedensten Stile bestand.
Fast jede Wandfläche war anders gestaltet,
jeder Anbau mit verschiedenartigen bizar-
ren Maßwerkfenstern versehen, doch domi-
nierte im Erdgeschoß das Ruinenhafte, das
gleichsam notdürftig bchausbar gemacht
worden war. Das Obetgeschoß, in Zimmer-
mannsbauweise aus Pfosten errichtet, schien
aus aufgehäuften Getreidegarben zu be-
stehen. Eine Scheinbalustrade mit Halb-
balustern, die alternierend als Hunde und
Katzen gebildet waren, umlief das ganze
Stockwerk. Über den Garben erblickte man
eine vorgetäuschte Reihe von Fässern. Das
Dach des Oktogons war mit Horulgßaden und
Wall); bedeckt7, an jeder der acht Ecken
stand ein riesiger Zuckerhut; an Stelle der
Windfahnc befand sich eine Art Maibaum,
besetzt mit bunten Ballons und Fähnchen.
Von den Dachecken hingen riesige Pinien-
zapfen herunter, ebenso von den Anbauten,
die zudem übereck mit Mascarons verziert
waren. Die den Anbauten als Bekrönung
aufgesetzten „Gebäude" hatten selbst ver-
schiedenartige Hgurale Bekrönung: ein
Männchen, eine Gemse, einen Geier; die
Bekrönung des Vogelbauers ist nicht mehr
feststellbar. Die Apsis an der Rückseite des
Gebäudes hatte in Fensterhöhe vier Nischen,
in denen Grabes-amen! standen. Diese Ni-
schen waren von Ilierogljpheng umgeben,
in Wahrheit sinnlose Zeichen und Figür-
chen, die den Eindruck einer Bilderschrift
erweckten. Darüber befand sich eine Reihe
von vorgetäuschten Butzenscheibenfenstcrn,
die gleich Mönchszellen mit Brettern ver-
schlagen waren. Das aus der Apsis heraus-
wachsende Türmchen imitierte einen Fach-
werkbau, der über und über mit den
grotesk geschmückten Schädeln absonder-
licher Opfertiere behängt zu sein schien.
Neben dem Eingang, der zwischen „Och-
senmühle" und Festungsturm lag, war ein
man brennende: Opferlirht um! eine auxgelöreble
Waelnjfarkel 10 gemalt. Man betrat zunächst
einen großen, ovalen Saal, der ein Spiel-
zimmer votstellte. Hier befanden sich ein
Billardtisch, Stühle und eine Uhr, alles mit
Spielkarten, Würfeln und anderrn Spiel-
gerät bemalt. Auch die Wände des Saals
waren mit einer Bordüre aus Spielkarten
verziert. Der Luster war aus Billardkugeln
zusammengesetzt 11. Das Kabinett zur Rech-
ten, im Anbau mit der Grotte, enthielt die
Retirade oder das Badezimmer. Der Raum
war belebt: ein pedanlixeber Äledieur, eine
Kammerfrau, eine Geuuermlnte mil einem Kinzle
und ein die Zeitung lexenrier Abhe 12 umstanden
die Dame im Bade 13, um sie zu bedienen und
4 Das Modell des Hauses der Laune vor der Restaurierung
ANMERKUNGEN 6721
6 Gzhcis. S. 181.
1 Gaheis. s. 130; Widemann, s. 29; 0m", s. 150.
9 Gahcis. S. 181; Widcmann, S. B9.
9 Ebd.
w Gahcis. S. 182; Widcmann. S. 89: „eine ausgelöschte
Fackel
" Gzheis. S. 18311 ("den Lustcr biidcl ßinc Zusammcnscrzung
von allen Gattungen Ballen"); Widvmaun, s. 90; Ochler.
s. 150 ("Billaxdkugeln").
I1 Gahcis. 5.1826
I3 Widemann. S. 90. Gahcis rrwähnt die Badeszene nicht.
N Widemann, S. 54.
'5 Gaheis. S. 182: Ein Bude! trägt ein leeres Pudersäckchcn.
zwcy AiTcn 1mm. die PuHerl. ein im den Spiegel, ein
Hund den Pudermantel. ein schwarzer Budcl den Kamm.
ein weißer das Stccknadelküssen."
H- Qateis, 5.1113. Widcmann erwähnt das Kcnfcktzimmcr
m: x.
17 Gehe." . S. 18 4 Widcmanu, S. 90; Uchlcx. S. 150.
I! 0mm 9.1
I9 Gahcis. S. 18 Widemann. S. 91: "eine wirklich kostbare
Kugferslichsnmmlung".
10 G; m, s. 1x5.
1' Widcmaxm. S. 911 Gaheis. S. 185: „In den Bücher-
schränkcn sind auf der Rückseite der Bücher die Titel der
neuesten und beßten Werke zu losen . . . auf dem Fuß-
boden licgvn einzelne Blältcr und Hricfcouverlc herum.
Der aber: Thcil ist mit Büsten vun Gelehrten besetzt . .